Gipfeltreffen im Allgäu
Vor Beginn der Saison schien die Welt leicht zu erklären zu sein, denn den dem Abstieg knapp entronnenen Memmingern blühte nach einigen Abgängen im zweiten Jahr scheinbar unausweichlich der Abstieg. Wir dagegen, mit dem Selbstvertrauen von fünf Aufstiegen in Folge im Rücken und einer sich stetig entwickelnden Jugend, wollten einen weiteren Sprung in die nächsthöhere Liga wagen.
Hätte das Leben nicht eine andere Geschichte vorgesehen, der Bericht über die Begegnung mit den Allgäuern wäre definitiv anders, vermutlich wesentlich kürzer ausgefallen. Doch nach drei Siegen zierte ausgerechnet der Post-SV Memmingen die Tabellenspitze, während wir als Zweiter sehr darauf bedacht sein mussten, unsere Chancen auf den Aufstieg zu wahren, wofür ein Erfolg am vierten Spieltag unabdingbar war.
Nach einem spannenden, weil von verständlicher Nervosität geprägtem Wettkampf, vermochten wir zwar tatsächlich die ersehnten zwei Punkte aus Memmingen zu entführen, doch gelang uns dies nur denkbar knapp und vor allem recht glücklich, sodass wir den nächsten Spielen bangen Blickes entgegensehen.
Als Mannschaftsführer konnte ich ausnahmsweise aus dem Vollen schöpfen, eine Situation, der ich zunächst mit ungläubigem Erstaunen gegenüberstand. Trotz der Wichtigkeit des Kampfes sollte ausgerechnet jener Achter für eine siegreiche Heimkehr sorgen, der gegen den SC Friedberg die bis dato einzige Niederlage der Saison hatte hinnehmen müssen.
Entsprechend machten sich Alexander B., Andreas, Hannes, Hermann, Sofie, Uli, Zarko und ich bei winterlichen Temperaturen in die Metropole des Allgäus auf, um die aus unserer Sicht inkorrekte Tabelle zu korrigieren. Die Stimmung war blendend, die Anreise reibungslos und der Spielsaal angenehmst beheizt, weshalb man sagen konnte, dass die Voraussetzungen perfekt waren.
Als uns dann auch noch mitgeteilt wurde, dass unser gesundheitlich angeschlagener Hannes gegen den eifrigsten Punktesammler des gegnerischen Teams nicht spielen müsse, weil dieser nicht kommen werde, da schien einem großartigen Triumph nichts mehr im Wege zu stehen.
Doch schon kurze Zeit nach dem Andrücken der Uhren beschlich mich der Verdacht, dass es möglicherweise anders laufen könnte. Bis auf Zarko, der des Gegners „Engländer“ gleich ansprang, hatte keines unserer Schwarzbretter auch nur den Hauch einer Initiative, wobei sich die Gegner mit dem Anrühren von Zement zu begnügen schienen. Und unsere Weißbretter? Nun, Hannes stand nach 1. e4 !! nach wie vor blendend, Hermann wusste genau was er tat, wobei ihm zugutekam, dass der junge Gegner das ein oder andere Tempo verschenkt hatte, Sofie wollte den „Najdorf“ förmlich überrennen und ich hatte eine Variante gegen die „Pirc Verteidigung“ gewählt, die mir bereits etliche Male treue Dienste geleistet hatte. Jedoch musste ich alsbald feststellen, dass der Gegner trefflich vorbereitet war, denn er folgte recht lange einer bestimmten Partie bis er unvermittelt seine Verbesserung anbrachte, wonach ich mir eine längere Auszeit gönnen musste. Insgesamt betrachtet: Sehr zäh.
Entsprechend ging es weiter, sodass bis auf das Eintragen des bereits angekündigten kampflosen Punktes keine weiteren Resultate vermerkt werden konnten. Was jedoch nicht heißt, dass keine Tendenzen auszumachen waren. Tendenzen, die ich nur allzu gerne nicht wahrgenommen hätte – 0:1 aus Memminger Sicht.
In einer Phase, in der mein Gegner länger nach der besten Fortsetzung suchte, schaute ich zu meinem Großen und wunderte mich nicht schlecht, als er ein kühnes Figurenopfer für einen Mattangriff auspackte. Selbiges erschien mir zwar übermotiviert, aber ich dachte, dass er hoffentlich schon wissen werde, was er da treibt. Selbiges hatte sich wohl sein Gegner auch gedacht, weshalb er statt einer klar vorteilhaften Variante eine andere vorzog, welche eine Rückgabe der Mehrfigur beinhaltete. Damit nicht genug, denn Andreas rannte nach wie vor gegen ein Bollwerk an und unsere Mittelbretter waren gerade dabei einzubrechen, denn Uli hatte schlichtweg einen falschen Plan, Sofie musste erkennen, dass ihrer mit Fehlern behaftet war und Alexander B. hatte gleich überhaupt keine Idee, wie er sich aufbauen sollte, reihte stattdessen eine Serie legaler Züge aneinander und harrte der Dinge. Wenigstens Hermann stand nach wie vor blendend, was die Hoffnung nährte, dass sich die Allgäuer bei einem Ausbau unserer Führung unter Druck gesetzt fühlen konnten.
Kurze Zeit spät holte Hermann seinen Punkt, indem er die Unbeweglichkeit der gegnerischen Figuren geschickt auszunutzen gewusst hatte. Wirklich schön – 0:2 aus Memminger Sicht.
Unmittelbar danach stellte Andreas weitere Versuche ein, die Stellung mit Gewalt zu öffnen, beschränkte sich nunmehr gleichfalls auf die Verteidigung und einigte sich mit seinem Gegner logischerweise auf das Teilen des Punktes – 0,5:2,5 aus Memminger Sicht.
Jetzt fehlten nur noch zwei Punkte bei fünf laufenden Partien, etwas, was doch machbar erscheint. Allerdings befanden wir uns zu jenem Zeitpunkt dermaßen weit weg davon, dass die Erkundung fernster Planeten wahrscheinlicher war, als diese zwei Punkte zu holen. Denn Zarko hatte durch eine unsaubere Abwicklung ein Endspiel Turm, Springer und zwei Bauern gegen Turm, Läufer und drei Bauern auf dem Brett, das mit viel Glück Remis zu halten war. Die Mittelbretter standen komplett auf Bruch und man konnte sich an Ruinen mit Minusmaterial – Alexander B. und Sofie – oder dem Todesmarsch eines offensichtlich lebensmüden Königs – Uli – erfreuen. Meiner Wenigkeit war es nach wie vor gelungen, die Stellung im Gleichgewicht mit bestenfalls mikroskopischen Vorteilen zu halten. Bitter!
Nun wurden aus den Vorahnungen und Andeutungen Fakten geschaffen, denn in kurzer Abfolge streckten Alexander B., Sofie und Uli die Waffen, womit aus der souverän aussehenden Führung ein Rückstand entstanden war – 3,5:2,5 aus der Sicht der Memminger.
Die Lage hatte sich an den beiden verbliebenen Brettern zwar nicht zu unseren Gunsten verändert, aber es waren zwei Dinge eingetreten, die zumindest neue Chancen offenbarten. Während sich Zarkos Gegner in der trügerischen Sicherheit, das Endspiel keineswegs verlieren zu können, einem oberflächlichen Spiel hingab, war mein Gegner in Zeitnot geraten. Letztere sollte ihm zum Verhängnis werden, indem er nicht nur ein Dauerschach ausgelassen hatte, er hatte sich in eine Verluststellung manövriert. Somit erzielten wir unvermittelt den Ausgleich – 3,5:3,5.
Der aktuelle Stand des Wettkampfes setzte bei Zarko neue Kräfte frei, die auch unbedingt nötig waren, um aus jenem Endspiel das letzte herauszupressen. Für den Gegner und dessen Mannschaftskameraden war zwar das Remis in Stein gemeiselt, aber nicht so für Zarko. Er tat, machte, drückte und nutzte jede Ungenauigkeit, um des Gegners König weiter abzudrängen. Hierfür wurde er letztendlich belohnt, denn ihm gelang ein Sieg im Endspiel Turm-Springer gegen Turm, womit der Sieg der Mannschaft perfekt war – 3,5:4,5 aus Memminger Sicht.
Fazit:
Es war ein glücklicher Arbeitssieg, der uns an die Spitze der Tabelle gebracht hat. Selbstverständlich möchten wir diesen Platz nicht freiwillig räumen, wenngleich ob unserer „Schachfitness“ zu befürchten ist, dass die drei „Ks“ – Königsbrunn, Krumbach und Klosterlechfeld – von uns, sofern wir uns weiterhin so präsentieren sollten, wenig übriglassen werden.
Glücklicherweise verbleibt uns noch etwas Zeit bis zum nächsten Kampf, die wir dazu nutzen sollten, nein, müssen, um wieder auf Vordermann zu kommen. Bis dahin wünsche ich allen viel Spaß beim Schmökern im Ligamanager, der viele weitere Informationen bereithält.
Schreibe einen Kommentar