Regionalliga Süd-West: 5. Runde; Schachfreunde Augsburg I – SC Sendling I

Ein erfolgloser Sturmangriff

 

 

Die immensen Schäden, welche unserer „Zitadelle“ in der dritten Runde durch Bayern Münchens Dritte zugefügt worden waren, waren noch nicht einmal ansatzweise behoben, da stand auch schon der nächste Achter aus München vor unseren Toren und wollte wertvolle Beute in die Landeshauptstadt mitnehmen.

 

Dies wussten wir zwar letztlich knapp zu verhindern, doch war dem Erfolg ein heißer Kampf vorangegangen, in dem mit offenem Visier gekämpft worden war, wovon gleich sieben entschiedene Partien ein beredetes Zeugnis ablegen.

 

 

Es war uns schon vor Beginn der Saison klar, dass unsere „verschärfte Rotation“ zum Ende der Spielzeit hin an ihre Grenzen stoßen wird. Doch dass dieser Zeitpunkt aufgrund von Ausfällen, die in diesem Umfang schlichtweg nicht vorhersehbar waren, dermaßen nach vorne verlagert werden könnte, das trifft uns hart.

 

Entsprechend schwierig gestaltete sich das Finden eines Ersatzes, der die rangniederen Mannschaften nicht über Gebühr belastet und der dem „Flaggschiff“ die sich überraschend dargebotene Chance eines Aufstiegs wahrt. Mit Mehran, dem Senkrechtstarter der Saison, und Sofie dachte ich, eine perfekte Lösung gefunden zu haben, womit wir mit Alexander B., Uli und Zarko, ergänzt um Hermann, Misa und meine Wenigkeit, wieder einmal mit fünf Jugendlichen an die Bretter gingen.

 

Als die Uhren pünktlich um 10.00 Uhr angedrückt wurden, da schienen sich die Gegner vom von uns ausgehenden jugendlichen Elan anstecken zu lassen – Oder vermochten sie sich selbigen zu bewahren? -, verzichteten auf das erwartete „Abtasten“ und ließen keinerlei Missverständnisse darüber aufkommen, wie sie uns zu schlagen gedachten.

 

Am Spitzenbrett wurde Misa der „Trompowsky Angriff“ aufgetischt, mein Gegner blickte nach 1. e4 c5 bereits dem „beschleunigten Drachen“ entgegen, bei Zarko schien es noch ruhig, doch sollte alsbald die Keule ausgepackt werden, bei Uli ließ sich der Gegner die erste Gelegenheit zum Vorstoß nicht nehmen, Hermann wurde sogleich mit dem „Morra Gambit“ angesprungen, Mehrans Gegner entkorkte eine alles andere als alltägliche Entgegnung auf den „geschlossenen Sizilianer“, an Sofies Brett gedachte der Münchner, den „Sizi“ offen zu bekämpfen und lediglich am achten Brett schien die Welt noch in Ordnung zu sein, denn beim „Rubinstein Franzosen“ hält sich das taktische Feuerwerk doch arg in Grenzen.

 

Soviel Tatendrang und meine ungenügende Vorbereitung, immerhin hatte ich den Vorabend als Schiedsrichter und Mannschaftsführer der Vierten verbracht, verdienten eine Abkühlung, weshalb ich kurzentschlossen mit 2. Sc3 den „Grand-Prix-Angriff“ einleitete, womit mein Gegner offensichtlich überhaupt nicht gerechnet hatte. Er versuchte sich zurechtzufinden, was ihm jedoch nicht gelang, denn bereits nach meinem sechsten Zug durfte ich mich über deutlichen positionellen Vorteil freuen. Als er anschließend im „Zwei-Züge-Takt“ Ungenauigkeiten einstreute, da gönnte ich mir erstmals eine Auszeit, wägte zwischen einer positionenellen und taktischen Fortsetzung ab und entschloss mich zur Offensive, woraufhin mein Gegner derjenige war, der weitere Zeit benötigte.

 

In der Zwischenzeit hatte sich der Kampf zur Weißglut entfacht, denn Misa hatte frühzeitig die Initiative an sich gerissen und drückte mit Schwarz, Zarko sah sich erstmals mit einem bestimmten Gambit konfrontiert und versuchte sich ohne Kenntnis von Plänen mit purer Rechenkraft in die Partie zu kämpfen, Uli nannte einen glatten Mehrbauern sein eigen, weshalb er ins Endspiel strebte, das „Morra-Gambit“ folgte an Hermanns Brett den ihm üblichen Gesetzen, Mehrans Gegner hatte lang rochiert und sah sich deswegen mit der weißen Artillerie auf der a- und b-Linie konfrontiert, Sofie hatte einfach den f-Bauern herausoperiert und Alexander wandte eine Art kontrollierter Offensive an. Es sah sehr gut aus!

 

Diese Tendenz sollte sich fortsetzen, war es doch für meinen Gegner nicht leicht, eine gute Lösung für die Stellungsprobleme zu finden. Es galt aber auch viele Züge zu prüfen, wobei nur einer nicht in Frage kam, weil er sofort eine Figur verlor. Und auf alle anderen hatte ich denselben Zug geplant. Als ich beim Herumlaufen erkannte, dass meine Uhr wieder lief, begab ich mich ans Brett und machte via „Autopilot“ meinen geplanten Zug, bevor mir gewahr wurde, dass mein Gegner den „verbotenen“ Zug aufs Brett gezaubert hatte. Nun hätte es noch einmal richtig spannend werden können, doch Schwarz hielt am ursprünglichen Plan fest, verlor eine Figur, spuckte eine Qualität hinterher und landete in einem verlorenen Endspiel mit Minusqualität. Die anschließende Niederlage sorgte für unsere Führung – 1:0.

 

Obwohl nicht viel Zeit vergangen war, befand sich Uli mittlerweile in dem von ihm angestrebten Endspiel, wo er eine eindrucksvolle Technik demonstrierte, indem er in der Gewissheit, dass ihm eigentlich nichts passieren könne, seine Stellung komplett zementierte, bevor er zum finalen Schlag ausholte – 2:0.

 

Eine nette Führung, die dadurch noch hätte attraktiver wirken müssen, dass Misa von d5 bis g5 über eine selten zu sehende Phalanx verfügte, Hermanns Stellung weiter an Qualität gewonnen hatte, Mehran über eine Gewinnstellung verfügte und bei Alexander nach wie vor alles im grünen Bereich war. Allein, es wollte sich kein Gefühl der Entspannung einstellen. Zum einen stand Zarko immer schlechter und Sofie hatte es irgendwie verstanden, ihre starke Position zu ruinieren. Ferner zeichete sich bei Mehran eine schlimme Zeitnot ab, die in der Vergangenheit so manchen Spieler um den Lohn der Arbeit gebracht hatte.

 

Da sich wenig schob, erreichte mich alsbald die Nachricht von der Punkteteilung am achten Brett. Nachdem Alexander einen Königsangriff vorgetäuscht hatte, wurde einiges an Material vom Brett genommen und das Remis konnte ruhigen Gewissens unterzeichnet werden – 2,5:0,5.

 

Dann ein Paukenschlag, wie wir in dieser Saison an den hinteren Brettern leider öfter haben vernehmen müssen. Ausgerechnet Hermann, der regelmäßig mit seinem grundsoliden Spiel zu glänzen weiß, hatte taktisch etwas übersehen, das nicht einmal die Bezeichnung eines Witzes oder Witzchens verdient, verlor eine Qualität und landete direkt in einem derart verlorenen Endspiel, dass ein Weiterspielen tatsächlich witzlos gewesen wäre – 2,5:1,5.

 

Anschließend galt es den nächsten Schlag in die Magengrube hinzunehmen, denn Mehran, noch kurz vor der Aufgabe auf Gewinn stehend wurde Opfer der Zeitnot, verlor zunächst den Überblick, hiernach Material und letztendlich den vollen Zähler. Damit war ein weiterer Festungsabschnitt eingebrochen – 2,5:2,5.

 

Nun sah es denkbar schlecht aus, standen doch Misas Traumstellung gleich zwei Ruinen gegenüber, sodass der Kampf verloren schien. Oder sagen wir so, für die Laien verloren schien. Denn Zarko strahlte trotz allem eine ungemeine Zuversicht aus, beraubte den Gegner unter Hinnahme einer kompletten Verluststellung eines Dauerschachs und wurde für diese zwischen kühn und tollkühn anzusiedelnden Tat mit einem Sieg belohnt, womit erstmals an jenem Tag eine Partie zu unseren Gunsten gekippt war – 3,5:2,5.

 

Jetzt war es entschieden, brachte doch Misa in der Folge seinen Punkt routiniert ins Trockene, weshalb die sich seit geraumeer Zeit abzeichnende Niederlage bei Sofie nicht weiter ins Gewicht fiel – 4,5:3,5.

 

 

Fazit:

 

Uns ist es trotz etlicher Schwierigkeiten letztlich verdientermaßen gelungen, eine echte Hürde zu nehmen und wir bleiben damit am Tabellenführer nach Mannschaftspunkten dran. Gut, der Abstand nach Brettpunkten hat sich zwar deutlich vergrößert, doch werden meines Erachtens diese in der Endabrechnung nicht den Ausschlag geben, ist doch die Gefahr mindestens einen Mannschaftspunkt liegenzulassen für alle Teams stets präsent.

 

Bedenklich ist in diesem Zusammenhang nur, dass wir nach wie vor hinten extrem anfällig sind. Die Jugend ist zwar willig, aber überwiegend noch einen Tick zu unreif für die Regionalliga, sodass nur zu hoffen bleibt, dass unsere Routiniers bald wieder werden eingreifen können, um den Druck von der Vordermannschaft zu nehmen.

 

Bereits am 3. Februar steht eine neue Bewährungsprobe für unsere angeschlagene Zitadelle an, denn dann heißt es gegen den Achter des SC Roter Turm Altstadt anzutreten, die unseren Bezwinger dieser Saison, nämlich Bayern Münchens Dritte, mit 6:2 förmlich durch den Fleischwolf gedreht haben. Bis dahin kann ich nur auf den Ligamanager verweisen, der alles bereithält, was das Herz begehrt. 😉

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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