11. Int. Deizisauer Herbstopen

Eine einzige Baustelle

 

 

In meinem Bestreben zu alter Turnierhärte zurückzufinden und von dort aus eventuell in höhere Sphären vorzustoßen, wählte ich dieses Turnier in meiner alten Heimat aus, das mir für mein Vorhaben besonders geeignet erschien. Denn ein großer Preistopf versprach attraktive Gegner und die Bedenkzeitregelung – Fischermodus ohne Zeitkontrolle und abgesehen von den 30 Sek. pro Zug ohne einen weiteren Zeitbonus – würde weitere Nervenstärke verlangen.

 

Doch dann kam es irgendwie vollkommen anders, denn unvermittelt fand ich mich auf dem zweiten Platz der Setzliste wieder, kämpfte von Anfang an im Rahmen meiner momentan recht übersichtlichen Möglichkeiten, offenbarte dabei so manche Schwäche und beendete das Turnier ungeschlagen wesentlich besser als ich es nach Verlauf der Partien verdient gehabt hätte.

 

Schon die Anreise hätte mir eine Warnung sein müssen, denn aufgrund des Liegenbleibens eines Güterzuges musste ich bei einer geplanten Fahrtzeit von ca. zwei Stunden satte siebzig (!) Minuten Verspätung hinnehmen und wäre damit um ein Haar zu spät zur Anwesenheitskontrolle gekommen.

 

Entsprechend locker und entspannt trat ich zur ersten Partie an und beeindruckte meinen Gegner mit einer Serie planloser Züge. Anfangs witterte er wohl noch raffinierte Hintergedanken, sprach mir aber im Laufe der Begegnung wohl jedewede Fähigkeit ab, ihm gefährlich werden zu können. Nur so lässt es sich erklären, dass er in einer stark Remis anrüchigen Stellung ohne Not eine Figur einstellte – 1/1.

 

Nach dem glücklichen Erstrundensieg und nachdem ich eine Nacht geschlafen hatte, fühlte ich mich derart übermütig, dass ich ernsthaft dem Irrglauben erlag, dass der anstehende Tag wesentlich besser verlaufen könnte.

 

Aber weit gefehlt! Denn mein Gegner der zweiten Runde stellte zwar nach nur wenigen Zügen einen wichtigen Zentrumsbauern ein, allerdings ging ich danach dermaßen unbeholfen zu Werke, dass ich mir nach der Aufgabe meines Gegners die bange Frage stellte, wie groß denn mein Vorteil sein müsse, damit ich sicher verwandle?

 

Einen bitteren Vorgeschmack auf diese Frage erhielt ich gleich im Anschluss, als mein entgegenkommender Gegner unverhofft positionellen Selbstmord beging. Von da an war er zur Tatenlosigkeit verdammt, sodass ich in aller Ruhe einen fürchterlichen Angriff aufziehen konnte. Dies tat ich dann auch, zumindest deutete ich einen Angriff an, wobei ich nach dem Aufmarsch plötzlich einen Hochverrat an der Stellung und meinem Plan verübte, was nach einem Generalabtausch nahezu zwangsläufig zu einer Punkteteilung führte – 2,5/3.

 

Aus purem Trotz zog ich am Nachmittag die Einführung einer Variante vor, wenngleich nach meinem damaligen Kenntnissstand dies nicht empfehlenswert gewesen wäre. Entsprechend schlecht stand ich dann und konnte nur mit äußerster Mühe die Stellung zusammenhalten. Diese Zähigkeit – Wenigstens ist mir diese noch erhalten geblieben! – führte dazu, dass die Stellung bei beidseitig knapper werdender Bedenkzeit kippte. Doch nur eine Schwäche im gegnerischen Lager war schlichtweg zu wenig, um noch den Sieg zu erringen – 3/4.

 

Gern hätte ich nun geschrieben, dass es von da an mit meinem Spiel steil bergauf ging, doch dem war leider nicht so. Nach wie vor dominierten Zögerlichkeit, taktische Schwächen und eine eklatante Unentschlossenheit bei der Umsetzung meiner eigenen Pläne und Ideen, weshalb die Qualität meiner letzten drei Partien entsprechend war. Lediglich der Umstand, dass meine Gegner, sei es aus Unvermögen oder Mitleid, meine Schwächen nicht nutzten bzw. sich selber zugrunderichteten, brachte mir noch 2,5/3 ein, sodass ich mit 5,5/7 auf dem vierten Platz landete.

 

Fazit:

 

Dass meine Rückkehr zum Turnierschach kein Zuckerschlecken werden würde, dessen war ich mir vollkommen bewusst, doch dass mittlerweile dermaßen viele Löcher entstanden sind, das ist dann doch äußerst bedenklich. Bleibt nur zu hoffen, dass bis zum nächsten Turnier so manches Problem beseitigt, zumindest aber abgeschwächt sein wird, fürchte ich doch, dass ich nicht wieder derart vom Glück begünstigt sein werde.

 

Was mir bei diesem Turnier, das ich nur empfehlen kann, aufgefallen ist, das ist der erfolgreiche Ansturm der Jugend. So gewann sowohl im A- als auch im B-Turnier erst der viertplatzierte Jugendliche der Sonderwertung den Jugendpreis, weil sich alle davor platzierten in die jeweiligen Preisränge gespielt hatten. Wirklich stark!

 

Für alle Interessierten gibt es hier nicht nur alle Ergebnisse, sondern auch noch etliche Partien. Viel Spaß beim Schmökern.

 


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