U20-Bayernliga: 1. Runde; Schachfreunde Augsburg – SC Bavaria Regensburg

Ein Füllhorn an Wundern

 

 

Noch vor zwei Jahren dachte man bei uns nicht einmal daran, eine Mannschaft in der U20 zu melden, waren doch die ältesten Jugendlichen gerade einmal vierzehn Jahre alt, und nun durfte unser Team erstmals in der Königsklasse die Saison gegen die ausgesprochen starken Oberpfälzer eröffnen. Auch wenn die Gäste spielerisch zunächst ihrer Favoritenrolle gerecht geworden waren, so durfte sich am Ende unser Sextett über ein mehr als glückliches Unentschieden freuen, einen wichtigen Punkt gegen den Abstieg verbuchen und einen gelungenen Einstand feiern.

 

Dass dieser Spieltag für Erik, Jakob, Mehran, Paul, Robert und Zarko ungewöhnlich verlaufen würde, das hatte sich bereits im Rahmen der Vorbereitung abgezeichnet, denn im Gegensatz zu sonst, vermochte ich nicht als Schiedsrichter zu fungieren, musste ich doch zeitgleich in Dasing-Laimering die Schulbank drücken – siehe entsprechenden Bericht -, weshalb Zarko auch diesen Part übernehmen musste.

 

Den Anfang meisterte er noch routinert -Später stand ihm der Betreuer der gegnerischen Mannschaft spontan hilfreich zur Seite, wofür ich mich bei Peter Oberhofer an dieser Stelle herzlich bedanken möchte! – und nach einer kurzen Begrüßung begaben sich alle an die Bretter. Hier zeigte sich schon bald, warum die Regensburger zu den Favoriten zu zählen sind, denn sie gingen konzentriert und mit sicherem Repertoire zu Werke. Zwar konnten an den Schwarzbrettern Robert und Zarko noch solide bis gut aus den Eröffnungen kommen, doch schon Erik musste früh einem Bauernrückstand hinterherlaufen. Viel schlimmer sah es dagegen an jenen Brettern aus, an denen wir angeblichen den Anzugsvorteil hatten, den man in drei Sizilianern nicht einmal mit der Lupe hätte finden können. Es war sogar so schlimm, dass sich wahre Katastophen abzeichneten.

 

Die erste dieser Katastrophen ereilte Jakob, der wie seine Kollegen an jenem Tag wohl dachte, dass es ausreichend wäre, die Zugfolge 1. e4, 2. Sf3, 3. d4, 4. Sxd4 aufs Brett zu bringen und zu wissen, dass es sich dabei um den „offenen Sizilianer“ handelt, um selbigen bekämpfen zu können. Frühzeitig irrte er im Dickicht oder gar Dschungel des Sizilianers umher, gestatte dem Gegner quasi alles und streckte anschließend in aussichtsloser Stellung die Waffen – 0:1.

 

Das Weißelend wurde geschmeidig von Mehran fortgesetzt, der gekonnt einen wütenden Angriff am Königsflügel vortäuschte, um kurz danach ausgerechnet auf seiner Rochadeseite am entgegensetzten Flügel eine Figur zu opfern, was den Niedergang nur beschleunigte. Ein abschließender Turmeinstellter krönte die Leistung des Tages, fiel aber in der Ruine auch nicht mehr in Gewicht. Ein 0:2-Rückstand und ein Debakel bahnte sich an!

 

Wenigstens Robert, der aufgrund seiner Formkrise zum altbewährten Franzosen zurückgekehrt war, stand wieder  dermaßen solide, sodass er sich nach einer kurzen Ungenauigkeit, die ihn vorübergehenden Druck hatte aushalten lassen müssen, alsbald mit seinem Gegner auf Remis einigte, womit die sich anbahnende Höchststrafe abgewendet war, sofern das tröstlich hätte sein sollen – 0,5:2,5.

 

Die drei verbliebenen Bretter vermochten viele Gefühle hervorzurufen, doch Hoffnung war nicht dabei. Zarko, mit seiner Verantwortung für alles sichtlich überfordert, hatte zwischenzeitlich seine gute Stellung versaut und zögerte mit einer Minusqualität nur die unvermeidliche Niederlage hinaus. Erik und Paul taten es ihm gleich.

 

Plötzlich wurde bei Paul die eigentlich unumstößliche Regel, dass Turmendspiele immer Remis seien, ein weiteres Mal bestätigt, wenngleich sich unser „Tal in der Westentasche“ in diesem konkreten Fall bei seinem Schöpfer, Caissa und vor allem seiner Gegnerin für dieses Ergebnis bedanken darf, war doch das Turmendspiel mit zwei Minusbauern wahrlich einfach nur verloren 1:3.

 

Aufkeimende Hoffnung? Nicht die Spur, auch wenn Zarkos Gegner überflüssigerweise einen Bauern gespuckt und so unserem Spitzenspieler zu zwei Freibauern verholfen hatte. Zarkos König stand einfach zu schlecht, sodass selbst in dieser Stellung immer wieder eine Zugwiederholung im Raume stand. Auch an Eriks Brett gab es eine leicht erfreuliche Entwicklung, denn aus dem Minus- war ein Mehrbauer für Erik geworden, wobei selbst damit ein Sieg nicht einzufahren gewesen wäre. Doch wenigstens konnte man noch etwas Ergebniskosmetik betreiben.

 

Und während man anfing zu erwarten, dass demnächst ein 2:4-Endstand erreicht werden würde, überschlugen sich plötzlich die Ereignisse! Erik durfte sich Dank größter Mithilfe des Gegners einen zweiten Bauern schnappen und befand sich auf einmal auf der Gewinnerstraße. Davon wohl selber dermaßen überrascht, stellte doch diese Situation den bisherigen Partieverlauf gänzlich auf den Kopf, gelang es Erik scheinbar mühelos mit nur einem Zug, trotz zweier Mehrbauern das Gleichgewicht wiederherzustellen, was der Gegner zu einer Aufgabe nutzte! Unglaublich, aber es stand nur noch 2:3!

 

Bei Zarko schien der Gegner das Remis forcieren zu wollen, um den auf einmal gefährdeten Mannschaftssieg zu retten, ließ  deswegen einen Damentausch zu und landete tatsächlich in einem ausgeglichenen Endspiel. Dieses hätte er auch sicher mühelos gegen die beiden Freibauern mit seiner Mehrqualität im Gleichgewicht gehalten, doch eine Unaufmerksamkeit kostete ihn umgehend den ganzen Punkt – 3:3!

 

Fazit:

 

Sicher sind unsere Jungs normalerweise wesentlich besser als ihre Zahlen dies vermuten lassen, aber was da die Mannschaft abgesehen von Robert ablieferte, das war schlichtweg furchtbar und es bedarf einer gehörigen Steigerung, um in den anderen Wettkämpfen zu punkten. Insbesondere darf es nicht wieder vorkommen, dass man mit Weiß gegen die Sizilianer nach nur zehn bis zwölf Zügen kollektiv auf Bruch steht.

 

So kritikwürdig das Spiel des Teams auch war bzw. ist, so hat die Mannschaft doch wenigstens einen Punkt gegen den Abstieg geholt, der in der Endabrechnung noch durchaus von großer Bedeutung werden dürfte. Natürlich stets vorausgesetzt, dass man wieder zum guten Schach zurückkehrt.

 

Hier geht es zu den Ergebnissen und Partien , die,wie aus diesem Bericht ersichtlich, keineswegs die Dramatik der entscheidenden Stunden wiedergeben. Daher kann ich nur empfehlen, immer wieder zum Zuschauen zu den Heimkämpfen unserer Recken zu kommen.

 

 


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