25. Augsburger Friedensfest Open

Schach als Extremsport

 

 

In den vergangenen Jahren hatte sich das hiesige Sommeropen unseres großen Nachbarn im Westen stets als riesige Herausforderung an die Konstitution der Teilnehmer herausgestellt, herrschte doch regelmäßig spätestens ab der dritten Runde eine große Hitze im Turniersaal, deren ständiger Begleiter verbrauchte Luft war. Und nun stand ein Rekordsommer vor der Tür, der keine Besserung der Bedingungen erwarten ließ.

 

Aus diesen Gründen blieb nicht nur eine Empfehlung aus, das Turnier vor der eigenen Haustüre mitzuspielen, es wurde gar davon abgeraten. Ungeachtet dessen wagten sich gleich elf Schachfreunde vier Tage an die Bretter, fest darauf vertrauend, dass die vielen Übungseinheiten Früchte getragen haben und dass sie körperlich fit genug sind, alles unbeschadet zu überstehen, ja gar den einen oder anderen Erfolg einzuheimsen.

 

Nun, letztlich sollten die Spieler und die Trainer recht behalten, denn obwohl die befürchteten Turnierbedingungen nicht ausgeblieben waren, schnitten nahezu all unsere Recken gut bis sehr gut ab. Dabei muss allerdings eingeräumt werden, dass hier und da einmal etwas Glück dabei gewesen war. Oder sollte es letzten Endes gar doch eine Frage der Konstitution gewesen sein? 😉

 

 

Seit nunmehr 25 Jahren lockt das AFRO Spieler aus nah und fern an die Bretter, womit die hiesige Turnierlandschaft bereichert wird. Diese Gelegenheit, quasi im eigenen Wohnzimmer ein Turnier zu spielen, hatten sich in der Vergangenheit auch etliche Schachfreunde nicht entgehen lassen, wovon in diesem Jahr keine Ausnahme gemacht wurde.

 

So machten sich Alex R. sen., Alex Sch., Anton, Erik, Mehran, Robert, Sofie und Uli im A-Turnier und Alex R. jun., Behzad, Werner und Wernfred im B-Turnier auf, um mit starken Gegnern die Klingen zu kreuzen und sich dabei nach Möglichkeit mit Ruhm zu bekleckern. Und wie eingangs erwähnt, die Erfolge waren durchaus bemerkenswert! 🙂

 

 

A- Turnier – „Im Haifischbecken“:

 

Obwohl Alex R. sen. anfangs frisch von der Arbeit kommen musste, ließ er es sich doch nicht nehmen, die Festigkeit seines Repertoires und die Tiefe seiner Variantenberechnung im A-Turnier zu testen. Beides sollte sich insgesamt betrachtet als durchaus gut herausstellen, wenngleich die lange Rochade zu Beginn etwas anderes vermuten lässt. Allerdings war diese eher dem Umstand geschuldet, dass es aufgrund der mangelnden Praxis so manche Zeitnot auszuhalten galt. Danach fing er sich, holte noch 1,5/4 und war mit seinem Abschneiden nur bedingt zufrieden – 1,5/7; 83. Platz. Kopf hoch!

 

Anders Alex Sch., der seine starke Leistung aus dem Training endlich auch im Turnierschach erbringen wollte. Denn der Titel des „Trainingsweltmeisters“ ist auf die Dauer eben doch  etwas unbefriedigend. Leider schien er sich anfangs zu sehr unter Druck gesetzt zu haben, blieb doch aus den ersten vier  vielversprechenden Stellungen nur ein halber Punkt hängen. Danach ging er das Turnier wesentlich entspannter an, spielte munter auf, legte eine astreine Siegesserie von 3/3 hin, wobei seine Endspielbehandlung in der letzten Runde Lehrbuchcharakter hatte, und erreichte letztlich höchst verdient die 50%-Marke – 3,5/7; 49. Platz. Wir arbeiten daran!

 

Als völlig überraschend Anton, im benachbarten Gersthofen beheimatet, in unserer Zitadelle stand und um eine Aufnahme ersuchte, da wussten wir noch nicht so recht, was wir von unserem neuen Kameraden zu erwarten hatten. Nun, nach dem Turnier wissen wir es dafür umso besser, denn Anton stellte sich der Herausforderung des A-Turniers, hielt unverdrossen sein Kinn hin und hätte mit etwas mehr Erfahrung, aber er ist ja noch ein junger Schachfreund ;), weitaus mehr Punkte holen können. Doch auch so war es mehr als ordentlich – 2,0/7; 80. Platz. Auf jeden Fall zählen wir eine weitere Kämpfernatur in unseren Reihen – Willkommen!

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Unser Erik, besser bekannt als „Der Mann aus Kentucky“, obwohl er diesen Bundesstaat der USA vermutlich nie besucht hat (!?!?), bzw. „Virtuose in Verluststellungen“, wollte allen beweisen, dass seine Ruinen in den Mannschaftskämpfen der vergangenen Saison, aus denen er sagenhafte 8/9 zu holen vermocht hatte, reiner Zufall waren. Tatsächlich gelang es ihm, eine Art Positionsspiel aufzuziehen, welches ihm zwar grundsolide  Stellungen bescherte, ihn aber offenbar derart verwirrte, dass er unvermittelt in den berühmt-berüchtigten „Jojo-Effekt“ verfiel. Damit schrammte er einerseits knapp an der 50%-Marke vorbei, überzeugte aber andererseits dennoch mit seiner reiferen Spielanlage – 3,0/7; 55. Platz. Welch ein positiver Wandel!

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Wenn es um den Erhalt eines Lobes ging, so war Mehran gerade in jüngster Vergangenheit stets derjenige gewesen, der eine besonders große Scheibe davon abbekommen hatte. Kein Wunder, ist doch sein Stellungsverständnis beeindruckend, seine Rechenkraft beängstigend und sein Fleiß vorbildlich. Eigentlich beste Voraussetzungen, um mit Uli und Zarko ein starkes Trio zu bilden. Allerdings klaffte bisher zwischen den Möglichkeiten und den tatsächlich erbrachten Leistungen ein großes Loch, welches er endlich halbwegs zu schließen gedachte. Dies gelang ihm auch, obwohl er krankheitsbedingt gar zwischendurch eine Runde lang pausieren musste – 4/6; 27. Platz. Ungemein stark!

 

Eher auf leisen Pfoten hatte sich mein Robert nach oben gearbeitet und sich für weitere Einsätze in wichtigen Kämpfen empfohlen. Diesen guten Eindruck schien er festigen zu wollen, denn sein Spiel wirkte solide und überaus gereift. Diese beiden Punkte, ergänzt um seine ausgeprägten Fähigkeiten im Bereich der Taktik, ließen ihn tatsächlich mit 1,5/2 ausgezeichnet ins Turnier starten. Verständlicherweise vermochte er (noch!) nicht dieses hohe Niveau zu halten, doch lieferte er sich in jeder Partie einen derart heftigen Schlagabtausch mit dem jeweiligen Gegner, dass man kaum ausmachen konnte, wer denn nun der erfahrenere Spieler am Brett war – 3,5/7; 40. Platz. Stark!

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Noch bis vor nicht allzu langer Zeit band das Abitur Sofies gesamte Aufmerksamkeit, sodass sie am Brett ihr Potential nicht auszuschöpfen vermocht hatte. Zuviele Ungenauigkeiten bis hin zu groben Fehlern hatten sie eine unerwartet hohe Anzahl an Niederlagen hinnehmen lassen müssen. Mit dem AFRO sollte die Wende eingeleitet werden, welche aber leider nur bedingt gelang. So war der Start mit 2/3 überaus vielversprechend, doch anschließend war es wie abgeschnitten, was sich in den oben erwähnten Problemen äußerte. Daher wurden einige Punkte unnötig liegengelassen, deren Fehlen darüber hinwegtäuscht, dass es wieder aufwärts geht – 2,5/7; 64. Platz. Die Richtung stimmt!

 

Im Gegensatz zu Sofie schien das Abijahr bei Uli jene Kräfte freigesetzt zu haben, die sportliche Höchstleistungen ermöglichen. So war er nicht nur eine wichtige Stütze im erfolgreichen Aufstiegskampf gewesen, ihm war auch zu seiner eigenen Überraschung der Gewinn der Landesmeisterschaft in der U18 gelungen. An all diese Erfolge knüpfte er beim AFRO nahtlos an, indem er mit 3,5/4 einen hervorragenden Start an den Tag legte. Plötzlich lag auch hier der ganz große Wurf in der Luft.Doch unvermittelt schaltete unser Großer gleich mehrere Gänge zurück, ließ drei Unentschieden folgen und beendete damit das Turnier unter den Top 10 – 5,0/7; 8. Platz. Beeindruckend!

 

 

B-Turnier – „Kein Plantschbecken“:

 

Wer zufälligerweise der Ansicht sein sollte, dass eine Teilnahme im B-Turnier einem Erholungsurlaub mit Gewinngarantie gleicht, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass dem keineswegs so ist, wurde und wird auch hier um jeden Punkt zäh gekämpft. Daher hatten sich Alex R. jun., Behzad, Werner und Wernfred im Vorfeld reichlich gerüstet, um dem Turnier ihren Stempel aufdrücken zu können.

 

Trotz seiner erst neun Lenze kann man Alex R. jun. schon beinahe zu den alten Hasen zählen. Sein mittlerweile aufgebautes umfangreiches Repertoire weiß dabei weniger zu beeindrucken, als sein Spielverständnis, welches besonders ausgeprägt ist. Wenn jetzt auch noch eine wengistens ordentliche Zeiteinteilung hinzukäme, dann könnte dieser Junge am Brett Dinge tun, von denen ich in seinem Alter nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Aber leider ist die Hand immer noch schneller als das Auge, weshalb allein in meiner Gegenwart zwei sicher geglaubte Punkte in unnötige Niederlagen verwandelt wurden. Ungeachtet dessen gelang es Alex seine Punkteausbeute im Vergleich zum letzten AFRO zu vervierfachen und damit zu zeigen, wohin sein Weg führt – 2,0/7; 102. Platz. Bitte etwas langsamer!

 

Nach einer atemberaubenden Spielzeit wollte Behzad beim AFRO einen letzten Glanzpunkt setzen, womit er die Messlatte für sich sehr hoch angesetzt hatte. Es hatte anfangs den Anschein, dass er sein gestecktes Ziel würde bequem erreichen können, denn eine Niederlage in der ersten Runde gegen Altmeister Leuchter steckte er locker weg und ließ dieser 2,5/3 folgen. Doch der Verlust in klar besserer StellunIMG_4225.1g warf ihn aus der Bahn, sodass er nur noch irgendwie eintrudelte – 3,0/7; 76. Platz. Schade, aber nun wirklich kein Beinbruch!

 

 

Für einen Bergsteiger, -wanderer und -genießer spielt unser Werner richtig gut. Was insbesondere gefällt, das ist, dass er stets, wenn es seine knapp bemessene Zeit als Pensionär zulässt, ein Gefecht am Brett sucht. Daher war es für ihn selbstverständlich , sich für das AFRO anzumelden, zumal jeder Berg bei den herrschenden Temperaturen unüberwindlich gewesen wäre. Der Start verlief mit 1,5/4 zwar weniger erbaulich, was unseren „Mr. Ausdauer“ keineswegs schreckte, wusste er doch, dass er seine Stärke noch würde ausspielen können. Dies tat er letztlich auch und errang nahezu mühelos die Hälfte aller Punkte – 3,5/7; 62. Platz. Und nun zu neuen Gipfeln!

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Wernfred tat es seinem Nachbarn und Freund Werner gleich und stürzte sich ins Getümmel. Leider vermochte er zunächst nicht richtig ins Turnier zu finden, litt später augenscheinlich unter der Hitze und war danach bemüht Schadensbegrenzung zu betreiben. Dies wäre ihm um ein Haar gelungen, wenn er in der letzten Runde nicht versehentlich den übernächsten Zug zuerst gemacht hätte, was sein Gegner umgehend bestrafte – 1,5/7; 108. Platz. Schwamm drüber und auf ein Neues!
Fazit:

 

Ein erstaunlicherweise überaus erfolgreiches Turnier für uns Schachfreunde, das wir im nächsten Jahr gerne in noch größerer Anzahl besuchen werden, sofern der Veranstalter die Bedingungen im Spielbereich deutlich verbessert. Aber abgesehen davon passt alles, wobei das rührende und stets freundliche Bewirtungsteam eine besondere Anerkennung verdient hat, ist es doch nicht selbstverständlich, bei starkem Andrang und drückenden Temperaturen einen kühlen Kopf zu bewahren.

 

Alle Ergebnisse, Tabelle und Preisträger gibt es hier. Viel Spaß bei der Suche nach Euren persönlichen Favoriten oder einfach nur beim Schmökern. 🙂

 

 

 

 


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