Über schier unermüdliche Kämpfer
Noch wenige Tage vor Beginn des Turniers, das zugleich die Austragung der Augsburger Stadt- und Kreimeisterschaft beinhaltete, sah die Teilnehmerliste noch recht übersichtlich aus, sodass bereits ein Negativrekord befürchtet worden war. Doch dann stellte es sich plötzlich heraus, den Kurzentschlossenen sei Dank, dass sich der Veranstalter mit 81 Spielern über die bis dato höchste Teilnehmerzahl freuen durfte. Mittendrin gleich neun unserer Schachfreunde, denen die wenigen Begegnungen in den Mannschaftskämpfen nicht ausreichten und die munter mitmischen wollten. Insgesamt betrachtet war das auch gut so, denn so mancher erfahrene Gegner wurde in die Knie gezwungen oder zumindest an den Rand einer Niederlage gebracht.
Mit Andreas, Erik, Hermann, Jakob, Mehran, Paul, Werner, Wernfred und Zarko ging eine Gruppe von Schachfreunden an den Start, wie sie unterschiedlicher nicht hätte sein können. Und dennoch wurden sie von drei Dingen geeint, nämlich dem Wunsch nach positiver Werbung für den Verein, dem Streben nach einer erfolgreichen Teilnahme und dem Spaß am Spiel.
Nachdem Andreas in der ersten Runde nur mit größerer Mühe hatte gewinnen können, ließ er drei recht glückliche Remis folgen, wonach ein insgesamt erfolgreiches Turnier erwartet werden durfte, hatte er doch die kritischen Partien bei starker Gegnerschaft unbeschadet überstanden. Aber irgendwie sollte kein rechter Schwung aufkommen, denn die nächsten beiden Runden sollten auch nur je einen halben Punkt einbringen. In der Schlussrunde sollte wenigstens eine Entscheidung folgen, die dann letztlich auch kam, allerdings leider in Form einer Niederlage, hatte sich doch sein Gegner in Vorbereitung auf einen Mannschaftskampf just die kritische Variante gegen Andreas Verteidigungssystem ganz genau angeschaut – 3,5/7.
Erik wollte seine zuletzt gute Form bestätigen, was ihm nur bedingt gelang. Denn gleich in der ersten Runde legte er gegen den späteren Turniersieger ein phantastisches Stellungsverständnis an den Tag und damit einen quasi Quantensprung hin, womit er deutlich übers Ziel hinausschoss. Zwar verlor er die Partie am Ende noch, aber das mindert seine beeindruckende Leistung in keinster Weise. Auch in der Folge spielte er stark, sicherte sich 2/4 und hätte sich in der fünten Runde gegen einen Spitzenspieler der Schwabenliga II selbst reich beschenken können, doch irgendwie fehlte die Kraft, sodass er verlor. Danach war die Luft raus, es ist aber auch kräftezehrend, deutlich über dem normalen Niveau zu spielen, weshalb er das Turnier mit zwei Remisen ausklingen ließ – 3/7.
Bei Hermann wollte es dieses Mal einfach nicht laufen. Zwar ging er stets couragiert zu Werke, sprang den jeweiligen Gegner förmlich an, aber leider blieb der letztlich entscheidende Gedanke in diesen Tagen aus, weshalb er in der Endabrechnung auf 50% kam, ohne dabei auch nur gegen einen der Turnierfavoriten gespielt zu haben. Das kann passieren!
Bis auf wenige Ausnahmen hatte Jakob seit Monaten mit Fleiß und Kampfkraft zu überzeugen gewusst, woran er in diesem Turnier nahtlos anknüpfte. Mit eben diesen Attributen lieferte er eine inhaltsreiche Partie nach der anderen ab, wobei ihn gelegentlich die noch mangelnde Erfahrung, er ist ja erst zwölf Jahre alt, daran hinderte, bessere Stellungen auch wirklich zum Sieg zu führen. Einen Glanzpunkt lieferte er in der fünfte Runde ab, als er einen erfahrenen Turnierspieler in einem Turmendspiel mit Minusbauern niederzuringen versuchte. Der Sieg blieb zwar aus, aber das Gespür war richtig und der Wille zum Erfolg unverkennbar! Danach musste er seiner bis dato gezeigten starken Leistung Tribut zollen, holte aus den letzten beiden Runden nur noch ein Remis und beendete das Turnier mit 3/7.
Ein weiteres Mal wusste Mehran seine Vereinskameraden und seinen Trainer mit seiner ausgeprägten Ruhe und seiner anscheinend nicht zu brechenden Moral zu beeindrucken. Trotz zweier unnötiger Niederlagen zu Beginn, ging er mit der nötigen Gelassenheit in die dritte Begegnung, stand dieses Mal zwar mehr als anrüchig, doch bei der ersten sich bietenden Gelegenheit biss er zu und gewann. Eine äußerst erfreuliche Reife! Im Anschluss daran ging es weiter mit seinem Kampf- und Kreativschach, das ihm in der letzten Runde sogar eine glatte Mehrfigur einbrachte, womit die 50%-Marke zum Greifen nahe war. Doch leider beließ er seinen König zu lange im Zentrum, wo selbiger letztlich erlegt wurde. Sehr schade, waren doch in diesem Turnier wesentlich mehr als 2,5/7 drin, aber die Richtung stimmt!
Wenn man sich von Pauls Sieg in der ersten Runde gegen den in Augsburger Schachkreisen als zäh bekannten R. Forster nicht blenden lässt, in dem Paul ein voller Punkt Kraft Vorbereitung förmlich in den Schoß gefallen war, dann muss man leider sagen, dass er ein rabenschwarzes Turnier erwischte. Denn nach seinem Startsieg reihte sich Niederlage an Niederlage, wobei diese in der Regel nicht chancenlos hingenommen wurden. Vielmehr fehlte unserem Heißsporn noch die Ruhe und noch etwas an Erfahrung, um die entsprechenden Stellungen zu halten oder gar zu gewinnen. Passend zum Turnier gewann er in der Schlussrunde kampflos und ging daher mit 1/6 durchs Ziel.
Schon vor dem Turnier hatte Werner eine derartige Spielfreude ausgestrahlt, dass man Großes von ihm erwarten durfte. Und er sollte seine Fans nicht enttäuschen, denn nicht nur, dass er in einer wahren Verteidigungsschlacht einem talentierten Jugendlichen ein Remis abknöpfte, er ließ weitere spannende Partien folgen und stand plötzlich mit 1,5/4 zu Buche. In der fünften Runde erhielt er die wohl seltene Gelegenheit, mit seinem Franzosen nach nur acht (!!!) Zügen strategisch auf Gewinn zu stehen. Zwar dachte er annährend zwanzig Minuten in dieser kritischen Stellung nach, aber die richtige Fortsetzung wollte ihm partout nicht einfallen, weshalb er einen falschen Plan wählte, einen wichtigen Bauern und anschließend die Partie verlor. Wirklich schade. Mit den beiden anschließenden Unentschieden ließ er das Turnier ausklingen, ging ihm doch nach seiner längeren Schachpause allmählich die Puste aus – 2,5/7.
Ähnlich wie bei Paul wollte es bei Wernfred überhaupt nicht laufen. So ließ er für ihn untypisch beste Möglichkeiten aus, streute dafür immer wieder taktische Aussetzer ein und holte gerade einmal ein Remis, wobei er da auch schon einen Turm weniger hatte und das entsprechende Dauerschach erst mühsam finden musste. 0,5/6 entsprechen in keinster Weise Wernfreds Fertigkeiten. Aber wenigstens ist er jetzt fit die anstehenden Mannschaftskämpfe!
Die stark zunehmende Spielstärke und die Pubertät hatten dazu geführt, dass Zarko erstmals meinem Rat nicht gefolgt war und sich für das Turnier angemeldet hatte, anstatt sich eine Pause zur Regenration zu gönnen, hatte er sich doch für fit genug gehalten, um gutes Schach zu spielen. Letztlich sollten beide recht behalten, auch wenn das seltsam anmuten mag. Nach anfänglichen Schwierigkeiten am ersten Turniertag, spielte Zarko die Runden drei und vier zunächst brilliant, bevor dann Dinge geschahen, die auf fehlende Kraft zurückzuführen sind. Auf alle Fälle verlor er beide über alle Maßen gewonnene Partien und befand sich in einer kritischen Phase. Ein Griff in Papas Trickkiste bescherte ihm dann einen mühelosen Schwarzsieg – Weiß hatte einfach zuviele Tempi verloren, bevor er begriff, worum es in der Stellung eigentlich ging -, dem noch zwei Punkte hätten folgen können, letztlich aber nur 1,5/2 wurden. Insgesamt betrachtet war es stark, dass Zarko selbst in einem kraftlosen Zustand zu derartigem Spiel fähig ist, was für künftige Herausforderungen sehr optimistisch stimmt – 4,5/7.
Natürlich ist es erfreulich, dass wir neben dem Jugendbereich auch bei den Erwachsenen mit großen Delegationen vertreten sind, doch viel schöner ist es, die sportliche Entwicklung und die Spielfreude zu sehen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass unsere Teams regelmäßig vorne anzutreffen sind und immer wieder neue Höhen erklimmen. Einfach toll!
Apropos toll, dem Veranstalter war es gelungen, dem Turnier ein angenehmes Ambiente zu verleihen und für gute Spielbedingungen zu sorgen, was sicher dazu beigetragen hatte, dass sich die Teilnehmer sichtlich wohlfühlten. In dieses positive Bild passt auch der „Partieticker“ trefflich, der die mitfiebernden Anhänger stets auf dem Laufenden hielt, wofür ich mich als Trainer besonders bedanken möchte. Weiter so!
Es bleibt zu hoffen, dass das AWO noch recht lange stattfinden wird. Und wenn es auch noch gelingen sollte, den Analysebereich etwas zu entkoppeln, dann bestände überhaupt kein Grund mehr, offensiver in Konkurrenz zu anderen Open zu treten, die um die Weihnachtszeit stattfinden.
Hier geht es zur Fortschrittstabelle und zum Abschlussbericht des veranstaltenden SK Kriegshaber.
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