Maximale Hochspannung
Wenn in irgendwelchen Actionfilmen die Rettung in den letzten Sekunden erfolgt, dann neigt man für gewöhnlich gerne dazu zu sagen, dass der Autor doch etwas zu dick aufgetragen hat, kommt so etwas im realen Leben in dieser äußerst knappen Form nicht vor. Diese Ansicht hatte auch ich bis zum letzten Spieltag in der „Quarantäne-Liga“ vertreten, bevor ich eines Besseren belehrt wurde.
Denn nachdem wir uns in einem starken und ausgeglichen Feld lange bestens behauptet hatten, ja zwischenzeitlich lediglich zwei Punkte Rückstand auf den dritten Platz gehabt hatten, durchlebten wir kurz vor Ablauf der für das Turnier angesetzten 100 Minuten ein wahres Wechselbad der Gefühle, nur um am Ende mit dem siebenten Platz und dem wieder gewonnenen Glauben an das Fairplay im Internet gerade noch den Klassenerhalt zu schaffen. 🙂
Endlich waren wir in der dritten Liga und damit nur noch zwei Aufstiege weit vom Messen mit den Besten entfernt. Ein tolles Gefühl, das viele von uns genießen wollten, weshalb unser Kader auch unvermittelt auf 18 Spieler anwuchs. Dabei war es ausgesprochen erfreulich, dass neben den üblichen Verdächtigen und so manchem zuvor vermissten Topspieler, der ein oder andere Jugendliche dazustieß.
Auch ohne der Erschwernis, dass in dieser Liga nur der erste Platz zum Aufstieg berechtigt, gehörten wir nicht zu den Aufstiegsaspiranten, denn wir führten keinen echten Titelträger in unserer Liste. Aber wer braucht schon einen Großmeister, wenn wir mit „SFA_Gang“ Caissas Liebling unseren Vereinskameraden nennen dürfen, auf das teils mit Wahsinn gepaarte Genie eines „Sciencemelon69“ zählen bzw. bei allen Spielern jenes Feuer im Herzen finden können, das erforderlich ist, um gutes Schach zu spielen.
Mit entsprechender Begeisterung und großem Eifer legten wir los, mussten aber zum Teil früh feststellen, dass dem ein oder anderen Spieler die nötige „Internethärte“ fehlte. So hatte beispielsweise „Schach_du_Nase“ aus seinen ersten sechs Niederlagen fünf glatte Gewinnstellungen auf dem Brett, deren Verwertung ihm jedoch in der Zeit, es gab kein Inkrement, nicht gelang.
Der grundsolide „Jaques“, ohne den wir nicht soweit gekommen wären, erwischte nach zwei Auftaktsiegen gar eine „lange Rochade“, die ihn jedoch derart aufgerüttelt zu haben schien, dass er im Anschluss eine echte Serie starte. Ähnliche, wenngleich umgedrehte Vorzeichen konnte man bei „Robbat“ sehen, der zunächst mit 3/4 glänzte, um im Anschluss mit scheinbarer Leichtigkeit 1/9 folgen zu lassen. Ja selbst der unverwüstliche „Uli001“ präsentierte sich zu jenem Zeitpunkt mit 1/5 weit entfernt von seiner sonstigen Form.
Lichtblicke waren nur „Sokkia“, der sich in blendender Form zeigte, „SFA_Gang“, der scheinbar über ein „Konstanzmodul“ auf hohem Niveau zu verfügen scheint und der erst zwölfjährige „Sidsimba“, der einem Start von 0/3 unbeirrt 4,5/5 bei starker Gegnerschaft folgen ließ.
Während die zuletzt genannten ihre tolle Leistung beizubehalten wussten, vermochte sich der ein oder andere aus dem schwächelnden Teil des Teams zu fangen, sodass wir auf Tuchfühlung zum Treppchen kamen. Ein schönes Gefühl, das leider nur von kurz währte, war doch die Liga zu ausgeglichen besetzt, sodass jede sich bietende Schwäche genutzt wurde. Und derer gab es an jenem Abend leider viele.
Als der Berichterstatter seine letzte Partie beendet hatte, da traute er seinen Augen kaum, denn wieder war er es in angespannter Lage der Mannschaft, dem die Meldung mit dem Ausbleiben weiterer Paarungen hämisch entgegen zu lächeln schien. Das war noch nicht schlimm, denn es verblieben nur noch 1.04 Min. und die Mannschaft rangierte auf dem siebenten Platz.
Die Ruhe wich einer gewissen Unruhe, die fließend in Beklemmung überging, als bei einer Restdauer von 56 Sek. unser Team auf den achten und damit ersten Absteigerplatz rutschte. Da trug auch nichts zur Beruhigung bei, dass „Robbat“ den Raum betreten hatte und Zuversicht auszustrahlen versuchte. Doch er sollte recht behalten, denn bei nur noch 24 Sek. verbesserte sich unser Rang um einen Platz und die Welt war wieder in Ordnung.
Freudige Gesichter entstanden, die förmlich versteinerten, als bei nur noch 10 Sek. Restdauer unser Team erneut auf dem achten Platz geführt wurde. Das war es endgültig! Aber nein! Exakt zwei Sekunden vor dem Ende lächelte uns wieder der siebente Platz an und wir waren gerettet!
Was war geschehen? „Uli001“ hatte im duell mit einem direkten Konkurrenten eine Gewinnstellung, die förmlich in Stein gemeiselt war. Allerdings hatte der Gegner noch ausreichend Zeit auf der Uhr, um seine Niederlage derart hinauszuzögern, damit die Punkte nicht mehr in die Wertung hätten kommen können. Er tat dies nicht, gab auf und rettete uns unter Hinnahme des Abstiegs seiner eigenen Mannschaft. Kann es eine höhere Form des Fairplays geben? Herzlichen Dank an den unbekannten Sportler.
Demnächst geht es weiter und man darf gespannt sein, wie es mit unserer Truppe weitergehen wird. Bis dahin viel Spaß mit den Ergebnissen, Tabellen und Partien, die wie gewohnt auf der Turnierseite einsehbar sind. Viel Spaß. 🙂
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