Ein Schachfreund auf Abwegen
Angesichts einer riesigen Anzahl an Terminen und Verpflichtungen wollte ich eigentlich von einer Teilnahme an der diesjährigen Meisterschaft absehen, doch der Umstand, dass das Turnier im nahegelegenen und schönen Dillingen – Am 01. Mai kann man sich von letzterem beim 13. Dillinger Schnelschach Open gerne selber überzeugen – und die Dillinger für ihre Gastfreundschaft bekannt sind, nahm ich letztlich doch meinen Startplatz wahr. Dort angekommen wurden meine Erwartungen übertroffen, indem man nicht nur die mit dem Zug angereisten Teilnehmer vom Bahnhof abholte, es war auch sonst alles bis ins kleinste Detail geplant, was darin gipfelte, dass jeder Spieler eine köstliche „Anti-Stress-Praline“ – Das stand wirklich darauf! – an seinem Platz vorfand. Für all das möchte ich mich beim Ausrichter herzlich bedanken und garantiere, dass nahezu alle Teilnehmer Dillingen in einer angenehmen Erinnerung behalten werden!
Derart wohlbehütet steigerte sich meine Spiellaune immens und ich nahm Platz zur 1. Runde, die ich im schönen Angriffsstil gewann.
Auch in der 2. Runde gelang mir ein sehenswerter Sieg und zwar ausgerechnet gegen Mark Safyanowski, den ich schon seit längerem nicht mehr hatte schlagen können, doch interessierte dies in dieser Runde niemanden. Überhaupt schien kein Ergebnis die Aufmerksamkeit der Teilnehmer so sehr auf sich zu ziehen, wie ein leises, ja nahezu unscheinbares Läuten, das sich als das Handyklingeln des an Nr. 1 gesetzten IM Th. Reich herausstellte. Und auch wenn der Schuldige gleich reumütig eingeräumt hatte, dass ausgerechnet sein Gerät der Verursacher der Ruhestörung gewesen war, so änderte das nichts an der richtigen Entscheidung der Schiedsrichter, die das Ergebnis 0:1 aus der Sicht des Bayernspielers eintrugen. Der Favorit war gestürzt, aber auch sein Kampfgeist geweckt, wie sich später herausstellen sollte!
Nachdem in der 3. Runde auch Vitus Lederle Opfer meiner Spiellaune geworden war, er musste überraschenderweise bereits nach 15 Zügen die Waffen strecken, hieß es gegen den starken Korbinian Nuber nicht wieder zu verlieren – passiert öfter. Hierfür war aber dringend erforderlich, dass ich eine sinnvolle Zeiteinteilung zustande bringe.
Glücklicherweise hatte ich diesen Vorsatz sehr ernst genommen, sodass ich nicht nur gut stand – passiert auch öfter -, sondern auch noch über etwas Zeit verfügte, um die Stellung zu kneten, um so vielleicht doch noch den vollen Punkt rauszupressen. Und als meine Bemühungen immer wieder an seiner Zähigkeit zerschellten, da hatte ich ausnahmsweise noch genug Zeit, um über den Umweg einer Zugwiederholung gerade noch rechtzeitig den rettenden Remishafen anzusteuern – 3,5/4.
Mit meinem Spiel und der Auslosung für die 5. Runde äußerst zufrieden, letztere bescherte mir Weiß gegen IM Reich, der sich wieder herangekämpft hatte, vergaß ich meine guten Vorsätze aus der vorherigen Begegnung und machte mir hauptsächlich Gedanken darüber, wie es den Drachen zu erlegen galt. So löblich es war, sich als Drachentöter hervorzutun, so verwerflich war die ungenügende Zeiteinteilung, die meinem Gegner phasenweise einen Vorsprung von 10 Minuten gewährte. So kam es, wie es kommen musste, indem ich bei einer Restbedenkzeit von unter drei Minuten, zunächst meine Gewinnstellung verdarb, um im Anschluss auch noch das ausgeglichene Turmendspiel zu verlieren. Das tat weh!
Überrascht von dieser unnötigen Niederlage musste ich mich etwas sortieren, was sich meine beiden Gegner der letzten beiden Runden des ersten Tages zunutze machten. Es kam in beiden Partien zu wilden Verwicklungen, an deren Ende ich, teilweise auch etwas glücklich, die Oberhand zu behalten wusste und somit mit 5,5/7 hinter Th. Reich und vor K. Nuber den vorerst 2. Platz einnahm. Es hätte schlechter laufen können.
Der zweite Turniertag war von Fernduellen geprägt, hatten doch die drei führenden bereits gegeneinander gespielt, Th. Reich war in der 6. Runde auch gegen K. Nuber ein Sieg gelungen. Da aber bei einem 26-köpfigen Teilnehmerfeld bei elf Runden die Gegner, die in direkter Konkurrenz zu den Spitzenplätzen stehen, so nach und nach ausgehen, mussten Spieler aus den mittleren Tabellenregionen für eine Überraschung sorgen, wozu ihnen lediglich vier Runden blieben.
Erstaunlicherweise machte mir diese Situation überhaupt nichts aus, stattdessen konzentrierte ich mich voll auf mein Spiel, was mir vier sichere Siege einbrachte, und wollte mich am Ende überraschen lassen, ob mehr als die Vizemeisterschaft für mich drin ist. Allerdings war dem nicht so, denn obwohl meine Konkurrenten hier und da etwas, manchmal sogar heftig, wankten, so fielen sie doch nicht und sie gewannen ebenfalls all ihre Partien am zweiten Tag.
So sah das Turnier am Ende mit IM Th. Reich einen verdienten Sieger, der nur von seinem Handy bezwungen werden konnte. Herzlichen Glückwunsch!
Und was hat das Turnier mir gebracht? Erfreulich ist zweifelsohne, dass ich wieder einmal ein nettes Turnier habe spielen dürfen, in dem ich einige Dinge haben testen können, die für meine schachliche Weiterentwicklung äußerst interessant waren. Nicht so schön ist, dass ich nun einen weiteren Termin irgendwie werde unterbringen müssen, um im Herbst ein weiteres Wochenende lang Schach spielen zu können. Aber bis zum Herbst ist es noch weit und vielleicht sieht es ja dann zeitlich etwas entspannter aus! 🙂
Hier könnt Ihr einen Blick auf die Abschlusstabelle werfen
Und hier ist der offizielle Bericht mit einigen netten Bildern
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