2. Verfolgerduell
Ausgangssituation: Nach unserem letzten Erfolg (6:0) gegen Thierhaupten konnten wir den Spitzenplatz zwar behaupten, aber Inchenhofen blieb uns bereits die zweite Runde lang punktgleich auf den Fersen. Sie steuern ebenso wie wir zielstrebig auf den Aufstieg zu und wollen wie wir die Meisterschaft. Den Abstand bei den Brettpunkten konnten wir zwar leicht vergrößern, aber der Spitzenkampf in der C-Klasse hob nun an. Respekt bis dahin für die Leistung unseres Hauptrivalen, mit dem wir uns nun endlich im direkten Vergleich messen können.
Hier also der Bericht des zweiten Verfolgerduells …
Es sollte der 23. März sein, der uns nach Inchenhofen führt. Würde es auch ein guter Tag werden ? Wir taten unser Bestes dafür. Obwohl bereits im Vorfeld klar war, daß wir ersatzgeschwächt sein würden (Erik hatte sich abgemeldet), stand die restliche Stamm-Mannschaft natürlich bereit, zum Spitzenduell nach Inchenhofen zu fahren. Glücklicherweise ist kürzlich ein neuer Schachfreund zu uns gestoßen, der nach sehr langer Abstinenz wieder Lust auf aktives Turnierschach gefunden hat und sich gerne bereit erklärte, einzuspringen. Natürlich stellte Alex wie immer sicher, daß ein „Neuer“ ordnungsgemäß und rechtzeitig nachgemeldet wurde und so konnte er zu seinem ersten Einsatz auch gleich aufgestellt werden. Ich begrüßte also unsere Mannschaft am Treffpunkt und hieß unseren neuen Ersatzmann, Erich, herzlich in der Mannschaft willkommen. So fuhren wir also nach Inchenhofen, bzw. in das Feuerwehrhaus ein paar Kilometer weiter, denn das sollte der neue Spielort sein. Der gegnerische Mannschaftsführer hatte mich im Vorfeld darüber informiert und freundlicherweise sogar noch eine genaue Wegbeschreibung mitgeschickt, ergänzt um die Bitte, vorsichtig zu fahren (Achtung, enge Kurven!).
Nach vorsichtiger Fahrt kamen wir heil und rechtzeitig am hübschen Feuerwehrhaus an, wo wir auch unseren 6. Spieler, Felix, mit seiner Mutter antrafen. Wir wurden freundlich begrüßt und der Spielort kann mit Fug und Recht als ein sehr guter bezeichnet werden, Hell, ruhig, sauber und einladend. Um möglichen Unklarheiten bezüglich Erichs erstem Einsatz vorzubeugen, stellte ich sofort klar, daß wir einen rechtmäßig gemeldeten neuen Ersatzmann dabei haben, der aber erst seit einigen Tagen im Ligaheft aufgeführt ist. Kein Problem, hieß es, Turnierkarten ausgefüllt und es konnte los gehen. Es stellte sich schnell heraus, daß auch unsere Gastgeber in bestmöglicher Aufstellung antraten. Wir durften uns also (wie erwartet) auf Spitzenkämpfe mit unseren sympathischen Gegnern freuen.
Alle gingen mit großer Konzentration und Ruhe ans Werk. Auch Erich nahm sich das zu Herzen und spielte langsam und überlegt. Nur bei Zarko an Brett 2 wurde aufs Tempo gedrückt. Offenbar kannte er sich in der Stellung gut aus und sein Gegner, Schachfreund Gotmann, ließ sich anstecken und zog ebenfalls schnell. Ist der Paulsen-Sizi wirklich so einfach ? Offenbar nicht, denn bereits nach 13 Zügen konnte Zarko nach einer Abtauschaktion seinen ersten Bauern erobern. Das hätte allerdings auch schiefgehen können, wie sich in der Nachbereitung zeigte, denn ein Gegenschlag mit Vorteil für den Gegner war hier möglich, wenn auch nicht offensichtlich. Deshalb wurde so der Mehrbauer gewonnen, später nach einigem Abtauschen ein weiterer und die Partie war schnell durch. Über 50 Züge. Nach 1,5 Stunden ! 1 : 0
Überrascht über das schnelle Spielende, aber angenehm wegen des Sieges, vermerkte ich für uns eine 1 im Spielbericht und alle anderen entspannten sich ein wenig.
An Brett 4 kam Wernfred auch gut mit seinem Sizilianer aus der Eröffnung. Leider habe ich nicht gesehen, wo die Partie kippte, aber es ging am Ende ziemlich schnell und er gab sich gegen Rudi Georgi, den Top-Scorer der Inchenhofener, geschlagen. 1 : 1
Danach passierte eine ganze Weile nichts. Alle Spiele liefen, keine großen Vorteile hier oder da. Alle kämpften. Andi spielte sein Damenbauernspiel, stand wie üblich in Beton gegossen. Das kann dauern … Felix hatte zunächst einen Mehrbauern, bald darauf einen Minusbauern, dann Qualitätsvorteil. Das zieht sich … Erich spielte langsam, ruhig und stabil seinen Franzosen mit Aktivität im Mittelspiel. Geduld, Geduld, … Jörg konnte aus der Eröffnung heraus einigen Druck aufbauen, den Markus Hollisch mit der Aufgabe seiner Rochade beantwortete. Nur nichts überhasten...
Nach rd. 2,5 h bekam Felix ein Remisangebot, das er aber nicht annahm. Wie gesagt, waren alle 4 spielenden Bretter noch mitten im Kampf. Die Spannung überall groß.
Nach einer weiteren Weile sah ich, wie Felix´Gegner plötzlich entnervt die Hand zur Aufgabe ausstreckt. Was war passiert ? Nach einer Situation, bei der Felix seinerseits Remis anbot (wurde auch abgelehnt), gingen wohl die Nerven mit Bernhard Wälder durch, denn er meinte plötzlich nach einem Zug, er sähe einfach nichts mehr und gab auf. Der Druck forderte sein erstes Opfer. 2 : 1
Dann sah ich plötzlich Andi mit einer zertrümmerten Königsstellung und bedrücktem Gesicht. Hier wurde irgendwie der Beton gesprengt. Er sagte mir als Mannschaftsführer, er hätte Remis angeboten.Das war auch gut so, denn nach mehr sah die Stellung für ihn nicht mehr aus. Es wurde dann zwar noch einige Zeit weiter gespielt , dann war es aber auch Remis. 2,5 : 1,5
Erich und Jörg mußten es nun zu Ende bringen, aber wie sah es inzwischen aus? Mein Angriff lief sich fest, doch ich wollte die Initiative zurückerlangen, was mich allerdings 2 Bauern kostete. Egal, ein Sieg muß her. Das folgende Remisangebot wird abgelehnt, aber mit dem daraus resultierenden Angriff konnte ich aber nur das Materialgleichgewicht wieder herzustellen, mehr war nicht drin.
Immer wieder der Blick zu Erich… wie sieht es dort aus ? Er stand fröhlich im Mittelspiel, es passierte nicht viel, außer… daß sein Gegner nach erst rd. 30 Zügen die Zeit überschritt. Nochmal genau hingesehen. Ja, das Blättchen war gefallen ! Und was passierte … Nichts, Sie spielten einfach weiter. Ruhig, entspannt (zumindest Erich sah so aus), während bei den Kiebitzen mit jedem weiteren Zug der Blutdruck stieg, der Kloß im Hals wuchs und die unausgesprochene Frage der Zeitkontrolle im Raum stand.
Ich verließ nun meine Partie, um von MF zu Schiedsrichter außerhalb des Spielsaals diesbezüglich zu reden. Er entschied schließlich, daß nicht eingegriffen werden darf und sie weiterspielen sollen. Das war die Entscheidung. Sie war zwar nicht regelkonform,denn die Aufgabe des Schiedsrichters ist es nun mal für die korrekte Zeitkontrolle zu sorgen, aber ok, ich ging wieder an mein Brett (hatte ich schon den Blutdruck und den Kloß erwähnt ?) und spielte weiter. Alle anderen hatten ruhig zu sein.
Davon ausgehend, daß Erich seine Partie im ungünstigsten Fall verlieren würde, wurde nun an Brett 1 noch mal alles gegeben. Das Bauernendspiel mußte von beiden Seiten korrekt geführt werden, ein Fehlzug konnte über Sieg oder Niederlage entscheiden. Als der Pulverdampf verflogen war, stand es… völlig ausgeglichen.
Plötzlich reklamierte Erich doch die Zeitüberschreitung (er meinte später er tat das, weil er inzwischen etwas schlechter stand und dann doch lieber wegen Zeitüberschreitung gewinnt). Nach 35 Zügen an Brett 6 stand es nun 3,5 : 1,5.
Durch den plötzlichen Blutdruckabfall geschwächt, wurde dann an Brett 1 sofort das inzwischen auf dem Brett entstandene Remis formgerecht mit Handschlag besiegelt. 4 : 2
Geschafft ! Allen in unserer Mannschaft war die Erleichterung deutlich anzumerken. Faires gegenseitiges Schulterklopfen und Freude über die gemeinsam verbrachten spannenden Stunden wären ein würdiger Abschluß für diesen tollen Mannschaftskampf gewesen, aber leider sollte es anders kommen.
Beim Ausfüllen und Unterschreiben des Spielberichts wurde mir plötzlich mitgeteilt, daß das Ergebnis nur unter Protest eingetragen würde, denn wir hätten ja mit unserer Mannschaftsaufstellung gegen die 300-DWZ-Regel verstoßen und daher den Mannschaftskampf 0:6 verloren. Natürlich erklärte ich den Inchenhofener Schachfreunden, daß das nicht der Fall ist und auch in den vergangenen 5 Spielrunden nicht der Fall war, wo wir einen starken Neuzugang (Andi) an Brett 6 eingesetzt haben. Weil es nach gültiger Turnierordnung auch gar nicht anders geht. Die Diskussion kannte ich aber, waren wir mit der 300 DWZ-Regel doch schon zu Beginn der Saison konfrontiert worden. Damals ebenso wie heute ist unsere Mannschaftsaufstellung regelkonform. Ungeachtet meinen Ausführungen wurde uns erklärt, daß man im Vorfeld schon den kommissarischen 1. Spielleiter deswegen kontaktiert hätte und man auf den Protest besteht und so wurde er auch in beiden Spielberichten vermerkt.
Fazit: Das 4:2 geht ok. Ein schöner und spannender Spieltag im Spitzenduell, wenn nur dieser Abschluß nicht gewesen wäre. Wir sehen dem Protest allerdings sehr gelassen entgegen, müssen aber leider feststellen, daß sich unser positives Bild von den sympathischen Schachfreunden aus Inchenhofen durch diesen Vorfall (besonders durch die Art und Weise) eintrübte. Und offensichtlich gibt es mit dieser Regel immer mal wieder Probleme, weshalb eine deutliche Erklärung, bzw. eine klarere Ausformulierung angebracht erscheint. Und damit beenden wir dieses leidige Thema hoffentlich endgültig.
Nachtrag:
Wie war das noch letzte Runde? Unsere 1. Mannschaft spielte in der B-Klasse gegen den 5. der Tabelle (Sieg). Wir spielten eine Woche später in der C-Klasse auch gegen den 5. der Tabelle (6:0), In der aktuellen Runde spielte unsere „Erste“ ihr Spitzenspiel und siegte auch mit 6:0. Nun waren wir dran mit unserem Spitzenspiel. Erkennt man hier nicht ein System ? Mir scheint, als ob wir den jeweils gleichen Tabellenplatz wie unsere „Erste“ zum Kontrahenten bekommt und wir die dafür Vorgabe für ihr kommendes Brettergebnis liefern. Kann denn so etwas möglich sein ? Natürlich nicht ! Jedoch bekommen es unsere beiden Mannschaften in der kommenden Runde zumindest mit dem gleichen Gegner zu tun – Kriegshaber. Interessant…, wenn dann auch noch die Ergebnisse…, warten wir es ab.
(JB)
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