Eine wundersame Verwandlung
Zwei Jahre lang lieferten wir uns packende Duelle mit der fünften Mannschaft unseres großen Nachbarn im Westen, bevor diese mit unserem Tempo des Aufsteigens nicht mehr Schritt halten konnte, sodass wir uns erstmals der Vierten des SK Kriegshaber gegenübersahen. Wir erwarteten einen spannenden Kampf, insbesondere da in der ersten Runde unser Gegner verloren hatte und wir zeitgleich äußerst großzügig hinsichtlich des Verschenkens unserer Möglichkeiten waren, wurden aber von einem deutlichen und in dieser Höhe verdienten Sieg überrascht.
Es hatte aber auch alles besonders vielversprechend begonnen, denn kaum zwei Stunden nachdem ich die Mannschaft per E-Mail angeschrieben hatte, waren auch schon alle Zusagen eingetroffen und wir hatten eine komplettes Team – Rekordzeit! Mit diesem machten wir uns Richtung „Zollhaus“ auf und trafen dort noch vor den meisten Gegenspielern ein, was uns die Gelegenheit bot, uns bei einem heißen Kaffee auf den Kampf einzustimmen.
Nach einer erfrischend kurzen und freundlichen Ansprache wurden die Uhren pünktlich angedrückt und an allen Brettern wurden die Kampfhandlungen eröffnet. An allen Brettern? Nein, ausgerechnet ich sah mich wieder einmal keinem Gegner gegenüber, wurde aber darüber informiert, dass auch mein Gegner demnächst eintreffen werde, was er nach zwölf Minuten auch tatsächlich tat, sodass das „Duell der Vereinsvorsitzenden“ auch wirklich stattfinden konnte.
Mein Gegner, mir an Erfahrung am Brett und in der Vereinsführung weit voraus, zog flott und ich wähnte mich schon einer Vorbereitung ausgesetzt, weshalb ich kurzentschlossen umdisponierte. Doch als die Erwiderungen auch auf meine veränderte Variantenwahl in unverminderter Geschwindigkeit erfolgten, da änderte ich abermals meine Marschrichtung und landete unvermittelt in mir unbekannten Gewässern – toll. Wenigstens wurde er davon so sehr verwirrt, dass er länger nachdenken musste und ich einen ersten Rundgang machen konnte.
Hannes agierte wieder sehr souverän, sammelte kleine Vorteile an und es deutete alles auf ein Endspiel „Guter Springer gegen schlechten Läufer“ hin. Am dritten Brett verriet mir ein Blick aufs Partieformular, dass Zarkos Gegner als Nachziehender gleich zwei Tempi zu verschenken hatte, weshalb es mich nicht verwunderte, dass ein nahezu unwiderstehlicher Angriff auf den schwarzen Monarchen zurollte. Auch bei Martin konnte ich beruhigt sein, denn er stand sichtlich gut, hatte mit Schwarz recht bald die Initiative übernommen und drückte fleißig. Bei Jorge war erstaunlicherweise noch wenig los, was Jorges „Entschleunigung“ geschuldet war, hatte er dieses Mal für die ersten elf Züge doch ganze neun Minuten gebraucht! Robert wurde erstmals mit dem Königsindischen Angriff konfrontiert und suchte nach der richtigen Strategie, während Jörg, der für den erkrankten Andreas in Team gekommen war, seinen Gegner förmlich zu überrennen schien. Und am achten Brett baute sich Steven betont solide auf und vertagte die Entscheidung auf einen für ihn günstigen Zeitpunkt.
Mittlerweile hatte mein Gegner gezogen und von da an bot sich mir keine weitere Gelegenheit des Kiebitzens, denn ich musste meine ganze Aufmerksamkeit meiner Partie widmen. Erstaunlich daran war, wie oft ich gut gestanden hatte, um gleich im nächsten Zug, den Vorteil wieder zu verschenken. So musste ich mehrere Anläufe unternehmen, schlauerweise hatte ich mich nach einem Einsteller einer Qualität meines Gegners dermaßen verrechnet, dass ich nicht das dargebotene Material genommen hatte, wofür ich in einem leicht besseren Endspiel landete, bevor ich letztlich überraschend schnell doch noch durchdrang – 1:0.
Kaum dass ich den Nebenraum betreten hatte, da kam schon Jorge herein und vermeldete leicht zerknirscht, dass er Remis gespielt habe. Unmittelbar danach stand auch Hannes da, der zwar in seinem letztlich tatsächlich eingetretenen Endspiel klar dominiert hatte, allerdings im entscheidenden Augenblick seiner mangelnden Spielpraxis hatte Tribut zollen müssen, sodass er am Ende dem dargebotenen Friedensangebot nicht ausweichen konnte – 2:1.
Noch bevor ich mir irgendwelche Sorgen machen konnte, schlichen förmlich Zarko, Martin und Robert (in dieser Reihenfolge) in den Nebenraum und vermeldeten beinahe schüchtern ihre Siege. Eine Zurückhaltung, zu der es überhaupt keinen Anlass gab, hatten sie doch als einzige eine tadellose Vorstellung geboten. So war Zarkos Königsangriff ebenso präzise vorgetragen, wie Martins und Roberts durch anfängliches geschicktes Lavieren mit anschließendem taktischen Knockout eingefahrenen Punkte – 5:1-Führung!
Obwohl nach knapp drei Stunden der Kampf entschieden war, sollte es noch fast zwei weitere Stunden dauern, bis das endgültige Endergebnis feststehen sollte. Bei Steven zeicheten sich nämlich ein zähes Endspiel ab und Jörg hatte in seinem Übereifer den Aushebler einen Zug zu spät erkannt, sodass sich sein Gegner gerade noch retten konnte, und deshalb auf Jörgs Brett wieder einmal totale Anarchie herrschte.
Leider war es Steven nicht vergönnt, seine eigentlich gut geführte Partie mit mindestens einem halben Punkt zu krönen, weshalb er sich in einem Turmendspiel nach langer Gegenwehr dem Gegner beugen musste und die Gegner auf 5:2 verkürzen durften. Aber dafür konnte Jörg, nachdem er sein Brett etwas aufgeräumt hatte, bei knapper Restbedenkzeit in einem sehenswerten Damenendspiel den 6:2-Endstand herstellen.
Insgesamt betrachtet trat die Mannschaft – alle Ergebnisse gibt es hier – wesentlich überzeugender auf und wenn sich unsere ersten beiden Bretter etwas besser einspielen, dann müssten wir sorgenfrei in die Zukunft blicken, zumal sich jetzt schon die ersten Konkurrenten die Punkte gegenseitig wegnehmen.
Zur nächsten Runde empfangen wir die tapferen Lechhauser – siehe Saisonausblick 2014/2015 – und dann dürfte sich die Tabelle dermaßen sortiert haben, dass man schon recht gut erahnen kann, wohin die entsprechenden Wege führen werden.
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