Regionalliga Südwest: 3. Runde; SC Roter Turm Altstadt I – Schachfreunde Augsburg I

Spaziergang im Minenfeld

 

 

Als wir uns am dritten Spieltag zu den „Münchner Altstädtern“ begeben mussten, da war uns aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit von Anfang an klar, dass uns dort ein heißer Tanz erwarten würde. Dass es aber so schlimm werden würde, dass wir nur mit äußerster Not an einer Niederlage vorbeischrammen, das hätten wir uns in dieser Form wahrlich nicht träumen lassen.

 

Denn am Ende eines langen und packenden Wettkampfes stand ein glücklicher und bestenfalls in dieser äußerst knappen Höhe verdienter 4,5:3,5-Erfolg zu Buche, der uns jenen Spitzenplatz in der Tabelle beschert hat, den nach dem letzten Spieltag innezuhaben, wir inständig hoffen.

 

 

Um die Münchner zu überraschen , reisten wir, namentlich Aleksandar, Andreas, Arthur, Misa, Thomas, Uli, Zarko und meine Wenigkeit, von drei Seiten an, kesselten sie damit in lehrreicher Manier förmlich ein und trafen uns allesamt pünktlichst am Ort des Geschehens, auf welchen die Schachwelt die nächsten Stunden gebannt schauen sollte.

 

Doch unser scheinbar geniales Manöver entpuppte sich schnell als Trugbild, denn als die Uhren angedrückt wurden, da waren wir es, die umzingelt waren. Ein deutliches Signal der Gastgeber, welches wir gewarnt zur Kenntnis nahmen.

 

Bereits nach den ersten Zügen wurde klar, dass die Münchner nicht nur planlos außen saßen, sondern sich bestens vorbereitet hatten. Zwar gelang es Aleksandar, Misa und Zarko ihrerseits für so manche „Gegenüberraschung“ zu sorgen, aber der Rest von uns steckte im Dilemma. Besonders schlimm war dies bei Thomas der Fall, als dessen Gegner vom „London-System“ in ein halboffenes Spiel umschwenkte und Thomasens Vorbereitung damit ad absurdum führte.

 

Daher war es auch nicht weiter verwunderlich, dass während Aleksandar, Misa und Zarko am Ausbau ihres jeweiligen Vorteils arbeiteten bzw. Andreas, Arthur, Uli und ich nach spielbaren Plänen suchten, Thomas die Reißleine zog und Remis bot, welches ohne großes Nachdenken angenommen wurde – 0,5:0,5.

 

Anschließend sollte für geraume Zeit kein Ergebnis mehr eingetragen werden, was jedoch nicht heißt, dass nichts geschah. Unsere Spitzenbretter bauten ihre positionellen Vorteile weiter aus, ich hatte nicht nur die mir in dieser Fortsetzung unbekannte Hauptvariante am Brett gefunden, sondern zugleich einen Plan erspäht, Zarko hatte es noch nicht geschafft, die Damen zu tauschen, Uli stocherte in seinem „Holländer“ herum und gab vor, einen Angriff zu haben, Arthur hatte sich zu sehr auf Gegenaktionen beschränkt und Andreas hatte alles wunderbar im Griff, sodass er sich im Stile unserer Topleute anschickte, die Daumenschrauben anzusetzen. Hier sah alles noch sehr gut aus.

 

Doch dann setzte eine Periode ein, die ich am liebsten ungeschehen machen würde, denn von da an wurde unsere Hoffnung auf einen Sieg nicht mehr genährt. So machte zwar Misa zusehends den Sack zu und Zarko war mittlerweile der Damentausch geglückt, aber an den anderen Brettern hingen schwarze Gewitterwolken über unseren Stellungen. Anstatt die Stellung weiterhin streng positionell zu behandeln, hatte Aleksandar seiner Gegnerin die Gelegenheit geboten, mittels eines Figurenopfers die Stellung maximal zu verschärfen und damit ihre Stärke auszuspielen, Uli stand nach der langen Rochade, die man getrost als „Selbstmord mit Anlauf“ bezeichnen konnte und kann, kurz vorm Zusammenbruch, Arthur hatte sich ohne Not einen schlechten Läufer gegen einen guten Springer eingehandelt, wobei wenigsten noch einige Schwerfiguren auf dem Brett zu sehen waren und Andreasens Vorteil war nach einem Abtausch mit einem Mal weggeschmolzen.

 

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass ein Spieler in der vorherigen Aufzählung fehlt. Richtig, nämlich das dritte Brett bzw. meine Wenigkeit. Mir war es gelungen, den Gegner komplett einzuschnüren, sodass ich völlig gefahrlos zum „Sturm auf die Bastille“ hätte blasen können. Allerdings hatte ich einen Bauerngewinn erspäht, dem ich mit meinem genialen fidemeisterlichen Weitblick dermaßen viel Bedeutung angedeihen ließ, dass ich zugriff, die Stellung öffnete und mich plötzlich im totalen Chaos wiederfand.

 

Just in dieser Phase trudelten in kurzen Abständen gleich drei Ergebnisse ein, von denen eines besondere Freude hervorrief. Zu Andreasens Remis und Misas Sieg gesellte sich auch ein halber Punkt durch Uli, der Dank des richtigen Zeitpunktes, mit der Annahme seines Angebots bedacht worden war – 1,5: 2,5 aus der Sicht der Münchner.

 

Nun hätte man sich beruhigt zurücklehnen können, denn es liefen noch vier Partien, von denen eine von Zarko mit seinem zentralisierten König behandelt wurde und an zwei der drei anderen saßen mit den beiden Aleksandars zwei Routiniers mit Weiß. Was hätte also schiefgehen können? Die Antwort darauf ist denkbar einfach, nämlich der Verlust aller drei restlichen Partien!

 

Und es sah wahrlich unheilvoll aus! Aleksandars junge Gegnerin spielte sich förmlich in einen Rausch und befand sich im „Berserker-Modus“, Arthur hatte nach Abtausch der Schwerfiguren eine Ruine zu verwalten, die auf den Abriss wartete und ich drohte nicht nur in komplizierter Stellung den Überblick zu verlieren, ich hatte ihn bereits verloren.

 

Glücklicherweise hatte mein Gegner nur für einen Zug lang die Gelegenheit erhalten, Vorteil zu erlangen und damit den Verlauf der Partie auf den Kopf zu stellen. Als er jedoch die äußerst vielversprechende Fortsetzung ausließ, wandelte sich das Ganze in eine technisch übersichtliche Struktur, in der ich immer noch der stolze Besitzer eines Mehrbauern war.

 

Bevor ich aber gleichfalls einen Punkt zum sich nun abzeichnenden Mannschaftssieg beisteuern konnte, hatte Aleksandar, dessen Gegnerin damit ihre phänomenale Leistung des Tages krönte, kapituliert – 2,5:3,5 aus der Sicht der Münchner.

 

Kurz danach wurde das Endresultat erreicht, denn Zarko ließ in jenem Endspiel nichts mehr anbrennen, holte sich den vollen Zähler und sicherte damit unseren Erfolg. Da war es auch nicht weiter schlimm, dass Arthurs Stellung im Anschluss endgültig zusammenbrach, waren wir doch alle froh, mit zwei blauen Augen, einer gebrochenen Nase und etlichen angeknacksten Rippen davongekommen zu sein – 3,5:4,5 aus der Sicht der Hausherren.

 

 

Fazit:

 

Man kann nicht behaupten, dass wir schlecht gespielt hätten, vielmehr verhält es sich dergestalt, dass man sich selbst nach einigen Tagen, in denen man die Ereignisse hat Revue passieren lassen können, des Eindrucks nicht erwehren kann, dass diese Münchner Mannschaft phasenweise über sich hinausgewachsen war. Sollte sie in dieser Form weiterspielen, dann bin ich froh, dass wir sie bereits hinter uns und die Konkurrenz sie noch vor sich hat

 

Wie dem auch sei, wenn man solche Kämpfe siegreich gestaltet, ob mit oder ohne Zutun des Gegners, dann steigt die Wahrscheinlichkeit stark an, den angestrebten Aufstieg letztlich tatsächlich zu erreichen. Doch bis dahin gilt es noch sechs weitere Begegnungen zu bestreiten, von denen die nächste bereits am 8. Dezember in unserer „Zitadelle“ stattfinden wird.

 

Es kommt die erste Auswahl des SK Rochade Augsburg, womit ungeachtet der aktuellen Tabellensituation der beiden Mannschaften ein weiterer heißer Tanz bevorsteht. Denn Derbys unterliegen bekanntlich eigenen Gesetzen und spotten irgendwelchen Prognosen ins Gesicht.

 

Bis dahin viel Spaß mit dem Ligamanager, wo neben den bekannten statistischen Daten vor allem viele spannende Partien auf Euch warten. Aber Vorsicht: Nachspielen auf eigene Gefahr! 😉

 

 

 


Kommentare

Eine Antwort zu „Regionalliga Südwest: 3. Runde; SC Roter Turm Altstadt I – Schachfreunde Augsburg I“

  1. Vielen Dank für den unterhaltsamen Bericht. Wünsche schnelle Erholung von den Blessuren und weiter viel Erfolg!

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