Der ewige Stolperstein
Wie in der vergangenen Saison mussten wir die siebte Runde der Meisterschaft gegen den Achter des SC Haar bestreiten. Dieses Mal jedoch empfingen wir sie in unserer „Zitadelle“ weshalb wir durchaus die Hoffnung gehegt hatten, eine Wiederholung des ruhmlosen Unentschiedens zu vermeiden. Dies umso mehr, da wir nicht nur als Tabellenführer angetreten waren, sondern unsere Gegner bis dato nicht einen einzigen Zähler hatten erzielen können.
Tatsächlich jedoch kam es vollkommen anders, sodass wir am Ende eines wahrlich langen Spieltages erschöpft, aber überaus glücklich wenigstens einen Punkt behalten durften. Einen Punkt, der im Rennen um den Aufstieg in die Landesliga noch überaus wichtig werden könnte. Und sollte es wieder einmal mit dem beschreiten höherer Sphären nicht klappen, dann müssten wir uns für die dritte Auflage mit den Haarern, deren Klassenerhalt vorausgesetzt, etwas einfallen lassen, kann es so doch nicht weitergehen.
Aufgrund des Umstandes, dass unsere Zweite zwei Spieltage weniger zu absolvieren hat und daher spielfrei hatte, konnte Uli aus dem Vollen schöpfen und jeden Ausfall personell problemlos ersetzen. Und so betraute er mit Aleksandar C., Arthur, Christian, Jakob, Thomas, Zarko und mir sieben weitere Mitstreiter, um die erforderlichen Punkte einzufahren.
Als die Gäste eintrafen, stellten wir erstaunt fest, dass deren starkes Spitzenbrett fehlte, was unsere ohnehin schon guten Aussichten um einige Lux heller erstrahlen ließ. Dies zumindest bei der Jugend, die auf die „Unkenrufe“ eines alten Mannes meist wenig zu geben weiß.
Wie dem auch sei, die Bretter wurden freigegeben und es sollte nicht lange dauern, um den Anschein zu erwecken, dass sich die Ansicht der unbekümmerten Jugend bewahrheiten sollte. Aleksanders Gegner behandelte die Eröffnung etwas arg originell, Thomas hatte ebenfalls mit Schwarz alsbald keine Probleme, Zarko hatte eine harmlos anmutende Variante ausgepackt, die sich als Zeitfresser für den Gegner herausstellte, Uli hatte alle Eröffnungsprobleme eines Nachziehende gelöst, Arthur konnte bereits einen kleinen, aber nachhaltigen Vorteil vorweisen und nur Jakob schickte sich an, seine sich anbahnenden Vorteile wegzuschmeißen, indem er krampfhaft zwei Systeme miteinander zu kombinieren versuchte.
Bei Christian und mir hatte sich alles besonders erfreulich entwickelt. Während Christians Gegner eine scharfe Variante im „Italiener“ nicht gut gekannt hatte, falsch fortsetzte und nun beinahe auf Bruch stand, hatte mein Gegner meinen Aufbau dahingehend zu widerlegen versucht, dass er meinen schwarzfeldrigen Läufer abtauscht. Allerdings hatte ihn das dermaßen viel Zeit gekostet, dass er schnell in einen gewaltigen Entwicklungsrückstand geriet, der nichts Gutes erwarten ließ.
Tatsächlich entwickelte sich meine Partie mustergültig, sodass es frühzeitig eine Rendite in Form eines Bauern bei zeitgleich starker Stellung für mich gab. Man konnte zu diesem Zeitpunkt also getrost sagen, dass wir gefühlt mit 2:0 in Front lagen. Das heißt, eigentlich betrug unser gefühlter Vorsprung noch mehr, denn Zarko hatte in Rekordzeit in ein Endspiel mit Türmen und ungleichfarbigen Läufern bei einem Mehrbauern abgewickelt, das er mit spielerischer Leichtigkeit in einen vollen Zähler ummünzte und damit seine 7/7 in Stein meiselte – 1:0.
Es wäre zu schön gewesen, wenn es in dieser Form weitergegangen wäre, nein, stattdessen hatte Christian nicht entschlossen genug fortgesetzt, was ihm zwar dennoch eine positionell überwältigende Stellung einbrachte, den finalen Treffer jedoch verpassen ließ. Schlimmer noch, auf der halb geöffneten g-Linie der gegnerischen Rochadestellung bahnte sich Ungemach an. Diesem wusste unser „Winnender“ nicht richtig zu begegnen und als dann der Einschlag in Form eine Qualitätsopfers erfolgte, da fiel auch schon bald dem gegnerischen Angriff Christians Dame zum Opfer – 1:1.
Eigentlich kein Grund zur Sorge, denn ich stand nach wie vor blendend, während an den anderen Brettern noch alles im grünen Bereich war. Da machte es auch nichts, dass Jakob seinen fragwürdigen Plan mittlerweile voll umgesetzt hatte und nun passiv hinten stand.
Doch es folgten in kurzer Abfolge zwei weitere Nackenschläge für unser Team, denn ausgerechnet an unseren vorderen Brettern, quasi unserer „Garde“, mussten wir zwei Punkteteilungen hinnehmen. Thomas hatte sich zwar endlich eine asymmetrische Stellung erarbeitet, traute dem Gegner aber in dieser Situation zuviel zu und wollte mit seinem Remis angesichts der verbliebenen Stellungen dem Mannschaftssieg Vorschub leisten. Ähnliche Gedanken müssen Aleksandar durch den Kopf gegangen sein, wobei sein Gegner bereits konkrete Drohungen gegen die schwarze Rochadestellung bzw. das, was von ihr übriggeblieben war, hatte – 2:2.
Kurze Zeit später schien die Rechnung unserer beiden Topspieler voll aufzugehen, denn Uli winkte bereits der künftige Mehrbauer entgegen, Arthur fischte nach Initiative und meine Wenigkeit hatte nach wie vor eine „AEG-Stellung“ (Aus Erfahrung gut; Anm. der Red.). Ja selbst an Jakobs Brett schien sich etwas zu unseren Gunsten zu tun, erweckten doch des Gegners Bemühungen nicht den Eindruck stringent zu sein.
Als dann auch noch mein Gegner seine Leiden mit dem Einstellen einer Figur verkürzte und umgehend aufgab, da keimte so etwas wie Vorfreude auf, benötigten wir doch nur noch 1,5/3, um den Mannschaftssieg und damit die Tabellenführung zu sichern – 3:2.
Allerdings begann von da an unsere Leidensphase, die wir in dieser Form wahrlich nicht verdient hatten. Denn ausgerechnet der stets nach Initiative strebende Uli verzichtete auf selbige, um einen ohnehin dem Tod geweihten Bauern einzusammeln, weshalb er sich unvermittelt in einem Turmendspiel mit vier gegen drei Bauern wiederfand, Arthur entglitt die Stellung zusehends und Jakob musste seine Nehmerqualitäteten wieder verstärkt unter Beweis stellen. Im ungünstigsten Fall drohte plötzlich eine knappe Niederlage!
Diesem Szenario entsprach Arthurs Behandlung des nunmehr entstandenen Turmendspiels, in dem er dem Gegner dermaßen viele goldene Brücken baute, dass der Haarer überhaupt nicht anders konnte, als die Partie zu gewinnen und damit den Ausgleich wiederherzustellen – 3:3.
Schlimmer noch, Jakobs Gegner hatte eine äußerst unangenehme Fortsetzung gefunden, in der unser Jungmeister seine letzte verbliebene Figur hatte hergeben müssen, wofür er mit einem aktiven König und einem Freibauern nur bedingt entschädigt wurde. Bedingt deshalb, weil man nun die Partie studienartig hätte Remis halten können, was jedoch alles andere als leicht zu sehen war. Unser Jakob, noch jung und in Endspielen etwas unbedarft, verkannte jedoch die Gelegenheit, setzte falsch fort und streckte die Waffen – 3:4.
Damit lastete die ganze Verantwortung auf den breiten Schultern unseres jungen Kapitäns. Ulis Stellung hatte sich seit geraumer Zeit nicht mehr zu dessen Gunsten verändert, sodass das Remis und damit unsere erste Saisonniederlage, die faktisch gleichbedeutend mit einem Nichtaufstieg gewesen wäre, unausweichlich schienen. Dies wollte unser Uli so nicht hinnehmen, weshalb er alles probierte, dabei die Uhr zwischenzeitlich auf nur noch wenige Sekunden ablaufen ließ und letztlich tatsächlich Dank des Gegners Mithilfe einen weiteren Bauern eroberte.
Nun hatte er zwei verbundene Freibauern, aber leider auch eine theoretische Remisstellung auf dem Brett. Doch der Gegner, erschöpft und von dem unnötigen Verlust des zweiten Bauern offensichtlich enttäuscht, glaubte nicht mehr an seine Rettungschancen und gab auf – 4:4!
Fazit:
Es ist traurig, aber offensichtlich stehen wir uns selber im Weg, wenn es um den Aufstieg geht. Dies weniger an den vorderen Brettern, die nun wahrlich ungemein stark punkten, als vielmehr hinten. Dabei wäre das keineswegs nötig, sind doch die dort eingesetzten Spieler durchaus gut genug, um in der Regionalliga oder gar noch höher zu bestehen, doch scheinen sie sich derart unter Druck zu setzen, ihre Zugehörigkeit beweisen zu müssen, dass sich das als kontraproduktiv erweist.
Nach dem Verlust eines weiteren Punktes stehen zwei Endspiele bevor, aus denen wir als Sieger hervorgehen müssen, was unsere Aufgabe keinesfalls erleichtert. Andererseits könnte es auch durchaus sein, dass in Anbetracht der aktuellen „Corona-Gechichte“ und der damit einhergehenden Aussetzung des kompletten Spielbetriebs dieses Remis der Sargnagel für unseren Aufstieg war, sofern die Saison abgebrochen werden sollte. Warten wir es ab.
In der Zwischenzeit kann ich jedem nur empfehlen, einen Blick in den Ligamanager zu wagen, sich dort alle Ergebnisse, Tabellen und natürlich Partien anzuschauen. Und falls noch etwas Zeit zur Verfügung stehen sollte, was angesichts der aktuellen Ausgangssperre nicht überraschen dürfte, dann würde sich auch noch ein Blick auf den Bericht unserer Gäste lohnen. Viel Spaß und bleibt gesund! 🙂
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