Das reinste Trauerspiel
Da war sie also nun, die erste der drei Begegnungen gegen eines der drei großen „K`s“ – siehe Saisonsausblick 2017/18. Zugegeben, die Brunnenstädter waren bis dato nicht unbedingt durch die Mitgestaltung der Aufstiegsfrage aufgefallen, sondern hatten sich mehr oder minder gegen den Abgrund des Abstiegs gestemmt, doch hätten sie jederzeit auf starke Spieler zurückgreifen können, um eine Topmannschaft aufzubieten.
Uns ersparten sie am fünften Spieltag nicht nur das Aufbieten all ihrer Spitzenkräfte, die Mannschaft trat sogar nicht einmal vollzählig an, sodass gleich zwei Bretter hatten unbesetzt bleiben müssen, worunter auch mein Brett zu zählen war.
Ach, hätte ich nur spielen dürfen, dann hätte ich mich nicht bei Sir Arthur Conan Doyle bedienen müssen, um den Kampf zu beschreiben. Er ließ nämlich Dr. Watson an einer Stelle sagen: “ Ich habe mir die Gegebenheiten sehr genau angesehen. Wie auch immer Sie sich das Äußerste vorstellen möchten, seien Sie versichsert, die Pinselführung der Realität überragt das Grauen der Phantasie um Längen!“.
Die vorherigen Runden hatten nicht unbedingt etwas zum Aufbau unseres Selbstvertrauens beigetragen, weshalb auf jede der eintreffenden Absagen, übrigens ausnahmslos aus gesundheitlichen Gründen, der Blick in die Zukunft des fünften Spieltages banger wurde. Letztlich sollten es Alexander Sch., Erik, Jakob, Robert, Sofie, Uli, Zarko und ich richten und dafür Sorge tragen, dass unsere “ Zitadelle“ weiterhin unbefleckt bleibt.
Nach den üblichen Vorbereitungen waren wir auch schon bereit, unsere Gäste zu empfangen, welche alsbald eintrafen. Doch wie eingangs erwähnt, konnten wir nicht acht Könnigsbrunner zählen, sondern nur derer sechs. Ein verheißungsvoller Auftakt aus der Sicht des Mannschaftsführers!
Eine weitere Zugabe war, dass neben meinem Sofies Brett verwaist bleiben sollte, denn die junge Dame hatte sich in der Nacht zuvor eine Mittelohrentzündung eingehandelt. Trotz dieser Beeinträchtigung war sie recht enttäuscht, als sie erfuhr, dass sie ebenso zum Zuschauen verdammt sei, hatte sie doch allen Widrigkeiten getrotzt und war aus München angereist.
Wie dem auch sei, der Beginn stand unmittelbar bevor und man durfte gespannt auf ihn sein. In der Tat war er ziemlich ungewöhnlich, denn an den meisten Brettern schien irgendwie bereits die Eröffnung nicht richtig losgehen zu wollen. An sehr früher Stelle wurde Bedenkzeit investiert, wobei hier Zarkos Gegner mit einer Auszeit von etwa vierzig Minuten nach dem achten Zug besondere Maßstäbe setzte. Nur am achten Brett wurde der Eindruck einer unausgesprochenen Übereinkunft erweckt, zogen doch Erik und sein Gegenüber recht flott.
Die erste Stunde war verstrichen, sodass wir mit den beiden kampflosen Punkten in Front gingen – 2:0. Aber auch an den bespielten Brettern begangen sich gewisse Absichten abzuzeichnen, die in der Gesamtheit zwar nicht froh stimmten, bei weitem aber keinen Grund zur Sorge boten.
So stürmte Uli mit Schwarz gegen den etwas arg zahmen Aufbau des routinierten Gegners, Jakob hatte sich die richtige Marschroute mit seinem Sizilianer zurechtgelegt und Alexander Sch. hatte ebenfalls mit Schwarz mühelos Ausgleich erzielt. Im Gegensatz dazu sah es an unseren Weißbrettern trübe aus. Hierzu trug Zarko mitunter bei, indem er die jüngst im Training konkret besprochene Felderblockade ins Ungefähre verlagert hatte und sich nun früh in der Defensive befand. Ähnlich sein Bruder Robert, der freiwillig auf die Vorzüge der Zentrumsbesetzung verzichtet hatte und jetzt nach einem Weg suchte, entstandene Probleme zu lösen, die er sonst nicht gehabt hätte. Bliebe noch Erik der Schwierigkeiten hatte, Kontakt zu seinem Spiel herzustellen, weshalb er sich mit einem sehr schlichten Aufbau begnügte.
In dieser kritischen Phase sorgte ausgerechnet Robert für eine weitere Beruhigung, denn er bescherte der Mannschaft einen halben Punkt, indem er die Reißleine zog und eine Zugwiederholung auspackte – 2,5: 0,5.
Eine kritische Partie weniger und Uli drückte gerade mit aller Macht. Es wirkte so, als wolle er sich oder dem Team etwas beweisen. Bei geschlossenem Zentrum hatte Uli seinen Monarchen in der Mitte belassen und rückte dem offensichtlich zu früh „gezuckten“ Kollegen derartig energisch zu Leibe, dass die Aufgabe des Gegners nicht lange auf sich warten ließ – 3,5: 0,5.
Das war wichtig, hatte sich doch Zarkos Stellung durch ein geschicktes Qualitätsopfer des Gegners förmlich in Luft aufgelöst und Eriks Gegner konnte gerade zweizügig eine Figur gewinnen. Wohlgemerkt bei sofortigem Übergang ins Endspiel.
Wenigstens sah es bei Jakob mit seinen nunmehr drei Mehrbauern blendend aus und auch Alexander Sch. hatte zwischenzeitlich etliche positionelle Vorteile angehäuft.
Leider musste ich anschließend Zeuge von Caissas Launen werden. Eriks Gegner suchte immer noch nach dem Austreter, fand ihn aber nicht – zumindest noch nicht – , während sich Jakob zeitgleich in eine derart missliche Lage manövriert hatte, dass er unvermittelt in eine Zugwiederholung einwilligen musste – 4:1.
Alles klar? Niemals! Just zu diesem Zeitpunkt glaubte Alexander Sch. des Gegners Stellung erstürmen zu können, schlug mit einem Turm einen gedeckten Bauern, in der Annahme, dass ein Wiedernehmen direkt zum Matt führe. Ein Irrlicht!
Glücklicherweise schenkte ihm der Gegner Glauben, verschmähte den Turm und stand von da an wirklich nur noch mit dem Rücken zur Wand. Das gleiche Schicksal wurde Eriks Gegner zuteil, der den Figurengewinn einfach nicht hatte ausmachen können, sich in einem stark remisträchtigen Endspiel zu sicher wähnte und wie aus heiterem Himmel aufgeben musste – 5:1.
Bei diesem Stand und angesichts der Hoffnungslosigkeit der Situation streckte Zarko die Waffen, bevor Alexander Sch. mit seinem Sieg den äußerst schmeichelhaften Endstand herstellte – 6:2.
Fazit:
Was im Ligamanager so strahlend glänzt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als nicht einmal Katzengold. Deswegen drängt sich die berechtigte Frage auf, wie wir in Anbetracht der bisherigen Saisonleistung an die Tabellenspitze haben kommen können?
Es bleibt nur zu hoffen, dass wir uns in den letzten beiden Runden erheblich steigern werden oder aber uns das Glück weiterhin hold bleibt. Denn so dürfen wir dem SK Krumbach oder dem SK Klosterlechfeld nicht entgegentreten, wenn wir zwei klare Niederlagen vermeiden wollen.
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