Die Zitadelle hält
Es begab sich zu der Zeit im Jahre des Herren MMXVII zum Ende des selbigen hin, als die Stadt Cambodunum (vorsichtshalber: Kempten), welche neben Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln), Noviomagus (Speyer), Augusta Treverorum (Trier), Bormetomagus (Worms) und Augusta Vindelicorum (gleichfalls vorsichtshalber: Augsburg) zu den ältesten Römerstädten auf dem Gebiet des heutigen Germaniens zählt, ihre erste Legion nach eben diesem zuletzt genannten Ort entsandte, um die Herrschaft über die Reste der einst großen Provinz Raetien, heute besser unter dem Namen Schwaben bekannt, an sich zu reißen.
Selbstredend ergriff man in der Provinzhauptstadt eilends Maßnahmen, um den Angriff abzuwehren, wobei weniger auf Veteranen zurückgegriffen werden konnte, vielmehr scharten sich etliche Jünglinge und gar eine junge Patrizierin um drei altgediente Legionäre. Als dann der Ansturm begann, da wurden acht Schlachten geschlagen und sieben davon waren Sieg!
Doch da der Schreiber dieser Zeilen es nicht einmal wagt, davon zu träumen, in einem Atemzug mit den berühmten Geschichtsschreibern der Antike Heradot oder Tacitus genannt zu werden, geschweige denn so anmaßend ist, sich sprachlich mit ihnen zu messen, wird in der Folge ein einfacher Bericht folgen.
Es war tatsächlich so, dass wir, wie schon seit etlichen Wochen, viele Ausfälle zu beklagen hatten, die zu ersetzen uns nur dadurch möglich gewesen war, indem wir Jakob und Robert, die beide noch am Vorabend in der Kreisliga II ihre Einsätze gehabt hatten, ins Team beriefen. Mit diesen beiden, Hannes, Hermann, Sofie, Uli, Zarko und mir wollten wir eine passende Antwort auf unsere in der Runde zuvor erlittenen Niederlage geben, wohlwissend, dass die Allgäuer gleichfalls alles versuchen würden, um selber aus dem Tabellenkeller zu kommen.
Als die gegnerische Mannschaft eintraf und die Meldung abgegeben wurde, da wurde uns gewahr, wie sehr die Kemptener mindestens einen Punkt mit nach Hause nehmen wollten, traten sie doch in Bestbesetzung an. Es sollte auch eben diese starke Aufstellung sein, die nachfolgend den Kampf lange in der Schwebe halten sollte, ab einem bestimmten Zeitpunkt aber aus unerklärlichen Gründen trotz großer Routine einbrach und uns einen Kantersieg ermöglichte.
Der Kampf ging gleich munter los, denn unserer Sofie wurde ein Gambit vorgesetzt, das sie anscheinend jedoch gut zu kennen schien, denn sie verbrauchte kaum Zeit, um des Gegners Züge zu erwidern. Auch bei Hermann wurde frühzeitig klar, dass ein Remis wohl eher nicht in Betracht käme, wobei hierfür Hermann verantwortlich war, der seinen Gegner forsch ansprang. Gleichfalls interessant war es bei Hannes und Uli, die fernab vom Alltäglichen agierten. Während Hannes in seinem Lieblingssizilianer ordentlich Dampf machte, schien Uli die Theorie gegen die „Aljechin Verteidigung“ neu schreiben zu wollen, spielte entsprechend kreativ, wenngleich sich dem Berichterstatter früh die Frage stellte, ob das auch wirklich gut gehen könne.
Dagegen ging es an den ersten und den letzten beiden Brettern richtiggehend gesittet zu. Jakob versuchte sich an eine von mir gezeigte Variante zu erinnern, weshalb er anfangs viel Zeit investieren musste, Robert stand das Knacken der „Fort-Knox-Variante“ im Franzosen bevor, Zarko spulte die vorbereitete Variante gegen die „Aljechin Verteidigung“ herunter und mir wurde mit Schwarz dankenswerterweise ein früher Ausgleich gestattet.
Anschließend geschah jedoch lange Zeit nichts in dem Sinne, dass man es in den Spielbericht hätte eintragen können. Dafür wurde an allen Brettern gespielt und jeder versuchte seine Stellung zu verbessern, um so nach Möglichkeit die eigene Mannschaft in Führung zu bringen. Dieses Ziel erreichte Sofie zuerst, denn sie hatte den Gambitbauern gehalten, unterwegs immer wieder eine Figur abgetauscht und in einem Doppelturmendspiel blitzsauber gewonnen – 1:0.
Kurz danach baute Zarko unseren Vorsprung aus, indem auch er einen Sieg vermeldete. Im Vorfeld hatte sich sein Gegner einen Ausfall mit dem weißfeldrigen Läufer erlaubt, der wohl nicht umsonst in der Literatur kaum Berücksichtigung findet. Auf jeden Fall hatte Zarko innegehalten und die Idee eindrucksvoll widerlegt. Hätte er sich im Anschluss nicht eine taktische Ungenauigkeit erlaubt, die dem Gegner mindestens Ausgleich versprochen hätte, es wäre eine nahezu vollkommene Partie geworden – 2:0.
Die zwei Siege im Rücken waren zwar durchaus beruhigend und auch die Stellungen von Hannes und Hermann sahen recht vielversprechend aus, aber dafür bot so manch andere Stellung Grund zur Sorge. Denn Jakob war aufgrund der Unkenntnis der Variante über den Umweg „Sizilianer“ in einem „Vorstoß-Franzosen“ mit zwei Minustempi gelandet, Robert verkünstelte sich immer mehr in seiner eigentlich besseren Stellung, Uli stand im höheren Sinne auf Bruch und bei mir hatten sich aufgrund einer Unachtsamkeit je drei Leichtfiguren und ein Turmpaar abgetauscht, sodass mein Vorteil, so denn überhaupt vorhanden, mikroskopisch war, wenngleich der Gegner trotzdem stets wachsam sein musste.
Ich war noch am Grübeln, wie ich meine wenigen verbliebenen Streitkräfte möglichst effektiv ins Feld führen könne, da durften wir uns über zwei weitere Punkte freuen. Hannes hatte, nachdem dem Gegner an mehreren Stellen nur einzige Züge das Weiterspielen ermöglicht gehabt hatten, ein technisch gewonnenes Turmendspiel vorbildlich verwandelt. Dagegen hatte es Hermann garnicht erst soweit kommen lassen, sondern des Gegners Königsstellung quasi im Sturm genommen – 4:0.
Spätestens zu jenem Zeitpunkt ließen die Kräfte bei den verbliebenen Gegnern nach, denn Jakob durfte eine remislich anmutende Stellung ebenso gewinnen wie ich das tat. Gerade bei mir war nicht unbedingt viel los gewesen, doch war es für den Gegner unangenehm zu spielen, hatte doch sein König kein wirklich sicheres Plätzchen. Als es dann an einer Stelle darum gegangen war, den einen von sechs möglichen Damenzügen zu finden, da hatte der Gegner fehlgegriffen, sodass der Rest einfach zu spielen war – 6:0.
Unmittelbar danach, Robert hatte seine einst aussichtsreiche Stellung zielstrebig in ein verlorenes Bauernendspiel überführt, holten die Allgäuer ihren ersten Punkt, der natürlich viel zu spät kam – 6:1.
Und während mein Robert noch von allen Seiten aufmunternde Worte erhielt, da wurde auch Ulis Partie beendet, wobei ich mehrmals hatte nachfragen müssen, ob ich das Ergebnis nicht falsch habe. Dem war aber nicht so – Es ist mir nach wie vor nicht klar, wie dieser Sieg zustandegekommen war. – und deswegen konnte der siebente Punkt für uns in den Spielbericht eingetragen werden, womit das Endergebnis von 7:1 feststand.
Fazit:
Sicher hatten wir uns in einer gänzlich anderen Verfassung als noch gegen Friedberg präsentiert, doch dermaßen stark, dass es dieses hohe Resultat rechtfertigt, waren wir definitiv nicht. Ungeachtet dessen freuen wir uns nicht nur über den hohen Sieg, sondern auch über Friedbergs zeitgleich verlorenen Kampf gegen Klosterlechfeld, haben wir nun wieder die Möglichkeit, aus eigener Kraft den Aufstieg zu schaffen.
Leicht wird das ganz sicher nicht, was man anhand unseres Restprogramms ersehen kann, dennoch ist es beruhigend zu wissen, dass man nicht auf Schützenhilfe angewiesen ist.
Der Ligamanager hält wie immer viele Informationen bereit und die Tabelle präsentiert nach wie vor die Überraschungsmannschaft aus Memmingen, die auch nach drei Runden noch die Tabellenspitze ziert. Ob das nach dem vierten Spieltag so sein wird, das wollen wir nicht hoffen, denn dann treten wir gegen den Spitzenreiter an.
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