Die letzte Hürde
Erst die unerwartete Niederlage der favorisierten Südstädter in der fünften Runde gegen die SG Kötz/Ichenhausen hatte es ermöglicht, dass wir überhaupt um den Aufstieg spielen konnten. Nun hieß es aber, ausgerechnet gegen diese starken Nordschwaben in der entscheidenden Begegnung zu bestehen und damit in die nächsthöhere Liga zu marschieren.
Die Vorzeichen hierfür standen eigentlich recht gut, denn nicht nur, dass uns aufgrund unserer beeindruckenden Brettpunkte ein Unentschieden gereicht hätte, wir durften ferner in unserer „Zitadelle“ spielen, aus der es in fünf Jahren noch keiner Mannschaft gelungen ist, auch nur einen Mannschaftpunkt zu entführen.
Während wir uns der trügerischen Sicherheit eines „Ein-Remis-reicht-Gefühls“ nicht hingaben, so wirkte der Heimvorteil durchaus beruhigend und dieser war wohl dafür entscheidend, dass wir in einer von verständlicher Nervosität geprägten Begegnung letztlich mit 5:3 die Oberhand behielten. Schwabenliga I, wir kommen! 🙂
Trotz der Wichtigkeit des Wettkampfes war es keiner der beiden Mannschaften gelungen, in Bestbesetzung anzutreten. Wir mussten Andreas kurzfristig ersetzen, für den Erik, der sich zurzeit in einer bestechenden Form befindet, nachrückte. Neben Erik sollten Alexander B., Hannes, Hermann, Jakob, Martin, Zarko und ich für den größten Erfolg der Vereinsgeschichte sorgen.
Mein Gegner gab mir mit der Eröffnungswahl gleich zu verstehen, dass er sich nicht zu verstecken gedachte, denn er setzte mir den „Katalanen“ vor. Spontan griff ich auf jene Variante zurück, die mir in der Vergangenheit die treuesten Dienste geleistet hatte, hielt mich brav an die Theorie, zögerte jedoch an einer Stelle, die zwar bequemen Ausgleich versprach, dafür aber einen frühen Damentausch ermöglichte. Dies war aber keineswegs in meinem Interesse, weshalb ich mir eine lange Auszeit gönnte und nach einer besseren Lösung suchte. Diese glaubte ich, mit der Verknüpfung zweier Pläne gefunden zu haben, wobei hierfür meine Figuren vorübergehend suboptimal standen. Nun, das Risiko musste ich eingehen.
In der Zwischenzeit war an allen anderen Brettern sehr viel passiert, sodass es durchaus schon leichte Tendenzen zu erkennen gab. Hannes hatte sich wenig ambitioniert aufgebaut und schien seinem wesentlich jüngeren Gegner die Möglichkeit zum Fehlermachen bieten zu wollen, Zarko hatte sein geliebtes Damengambit auf dem Brett, wobei der Gegner die üblichen Pfade zu meiden schien, Hermann trachtete danach, seine Wunschaufstellung zu bekommen, Alexander sah sich mit originellen Vorgehensweise gegen seinen Sizilianer konfrontiert, Martin tat es Hermann gleich, Jakob hatte bequemen Ausgleich, machte aber zu diesem Zeitpunkt keinerlei Anstalten, auf Vorteil zu spielen, und was Erik da im geschlossenen Sizilianer trieb, das befand sich weit außerhalb meines Schachverständnisses.
Trotzdem sollte es ausgerechnet Erik sein, der unter Hinnahme einer etwas luftigen Königsstellung einen Springer für zwei Bauern erhielt, womit plötzlich klar war, dass hier definitiv eine Entscheidung fallen würde. Und während unser Mann aus „Kentucky“ – oder so ähnlich – noch an der Koordinierung seiner Figuren arbeitete, um die Mehrfigur in die Waagschale werfen zu können, unterlief Alexander ein Fehler gegen den eifrigsten Punktesammler der Liga, der zunächst eine Qualität gewann und sich alsbald einen weiteren Zähler verbuchen konnte – 0:1
Dieser Rückstand sollte keineswegs lange Bestand haben, denn unmittelbar danach, so schien es mir zumindest, glich Erik für uns aus. Ihm war es tatsächlich gelungen, die Aktivität seiner Figuren derart zu erhöhen, dass er bei einem vermeintlichen Angriff des Gegners, diesen wunderschön auskonterte – 1:1.
Bei mir hatte sich die Situation dergestalt entwickelt, dass es mein Gegner es unterlassen hatte, mir größere Probleme zu bereiten und sich stattdessen nicht nur dazu entschlossen hatte, mir unnötigerweise ein Tempo zu schenken, sondern sich auch freiwillig seines Prachtspringers auf e5 zu entledigen. Als er dann nach einem taktischen Geplänkel mit einer kaputten Struktur gegen mein Läuferpaar dastand, da wusste ich, dass ich eine AEG-Stellung hatte, in der nichts anbrennen würde.
Anders lief es da bei Martins Gegner, dessen Königsstellung förmlich glühte. So ein Monarch sollte sich eben im frühen Mittelspiel nicht auf e6 befinden und Martin demonstrierte in wenigen Zügen, warum – 2:1. Ein ganz wichtiger Punkt zu diesem Zeitpunkt, denn es braute sich trotz meiner guten Aussichten Gewitterwolken zusammen.
Hannes hatte sich eine wirklich tolle Stellung erarbeitet, denn er hatte des Gegners Versuch, einen verbesserten Stonewall über den Umweg eines Inders trefflich zu widerlegen gewusst, doch nun verließ er den Pfad der Tugend, sodass man förmlich zusehen konnte, wie sein Vorteil dahinschmolz. Zarkos Gegner hatte einen Angriff aufgezogen, der zweifelsohne unangenehm war, doch meines Erachtens wog viel schwerer, dass er diesen zugunsten einer technisch nahezu gewonnenen Stellung gegen hängende Bauern abblasen konnte, standen die Figuren meines Großen doch reichlich unkoordiniert. Auch Hermanns Stellung machte keineswegs einen aufgeräumten Eindruck, wenngleich ich zu diesem Zeitpunkt an Hermanns Stelle denselben Weg eingeschlagen hätte. Und Jakob? Unser ruhender Pol beschränkte sich weiterhin darauf, den Laden zusammenzuhalten und überließ es der Gegnerin eine etwaige Brechstange auszupacken.
Dann überschlugen sich die Ereignisse, denn nicht nur, dass Hannes sein Remis festzuhalten wusste und ich unmittelbar danach einen weiteren Punkt auf unser Habenkonto eintragen konnte, vor allem bei Zarko kippte die Stellung zu dessen Gunsten. Denn sein Gegner hatte nicht nur die technisch saubere Variante verschmäht, er war auch zu ungestüm im Angriff vorgegangen, weshalb es in der Folge nicht nur zum Abtausch einiger Angriffsfiguren gekommen war, er war auch in einem aussichtslosen Endspiel gelandet – 3,5:1,5.
Diese Entwicklung war für die Nordschwaben verheerend und man verlor den Glauben an einen Erfolg. Daher bot Jakobs Gegnerin nach Damentausch Remis, was dieser gerne annahm, sicherte uns das definitiv den Aufstieg – 4:2!
Von hier an ging es eigentlich nur noch um den persönlichen Erfolg, den zu vergrößern sich jeder der Protagonisten redlich bemühte. Und während Zarko langsam, aber überaus zielstrebig seinem Punkt entgegen ging, suchte Hermann gegen seinen jugendlichen Gegner noch nach dem richtigen Plan, seine Mehrqualität gewinnbringend einzusetzen. Irgendwann, so mit gefühlten zehn Zügen Verspätung fand er dann auch die richtige Vorgehensweise, doch da war es bereits zu spät, hatte sich doch der Gegner mustergültig aufgebaut und strebte mit einem Bauern unwiderstehlich zur Umwandlung – 5:3.
Fazit:
Am Ende einer kuriosen Saison verabschieden wir uns aus der Schwabenliga II, werden damit quasi wieder erstklassig, und dürfen uns in der nächsten Spielzeit im schwäbischen Oberhaus versuchen. Wir freuen uns alle riesig darauf!
Wie konnte es passieren, dass wir den fünften Aufstieg in Folge feiern dürfen? Nun, da war sicher eine gehörige Portion Glück dabei, denn nach der frühen Niederlage gegen Haunstetten waren unsere Aussichten recht übersichtlich, und auch unser „Bermuda-Dreieck“ vorne, das bis auf eine Ausnahme stets für zwei bis drei Punkte gut war, war sicher förderlich. Den Erfolg haben uns aber die zahlreichen Ersatzspieler gebracht, die nicht nur mit großer Einsatzfreude eingesprungen waren, sondern vor allem mit 9,5/12 bei nur einer Niederlage ungeheuer viel zu den Siegen und oftmals sehr hohen Ergebnissen beigetragen hatten. Hierfür meinen herzlichen Dank!
Inwiefern es uns gelingen wird, auch die Aufstiegsfrage in der Schwabenliga I mitzugestalten, das vermag ich jetzt noch nicht abzusehen. Allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass aufgrund der tollen sportlichen Entwicklung aller Spieler, auch der älteren Semester, so manches Team über uns stoplern dürfte.
Dem Ligamanager können alle interessanten Dinge die Statistik betreffend entnommen werden und wer auch noch wissen möchte, wie es aus der Sicht unserer Gegner abgelaufen war, der wird hier fündig. 🙂
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