Bayerische Meisterschaften 2015

Ein kleines schachliches Feuerwerk

 

 

Waren es in der vergangenen Spielzeit gerade einmal zwei junge Schachfreunde, die die Bayerische mitgespielt hatten, so tummelten sich dieses Jahr dort gleich derer fünf herum, die mehr oder minder zuversichtlich in Richtung Qualifikation zur Deutschen schielten. Letztlich gelang es in Bad Kissingen nur einem unserer Nachwuchsstars, das hehre Ziel zu erreichen, das allerdings gleich als Landesmeister. Aber ungeachtet dessen glänzte das Team mit tollen Ergebnissen und es fehlte wahrlich nicht viel, um zwei weitere Kandidaten zur Deutschen zu begleiten. 🙂

 

U25; „Heiter bis wolkig“:

 

Nachdem Robert die Qualifikation zur Landesmeisterschaft deutlich verpasst hatte, wollte er unbedingt wenigstens die U25-Meisterschaft mitspielen, um seinen Turnierrhythmus zu bewahren. Dies war auch eine gute Entscheidung, denn das Teilnehmerfeld war übersichtlich (zehn Spieler) und recht ausgeglichen besetzt, sodass ein guter Trainingseffekt gewährleistet war.

 U25

Robert startete recht verheißungsvoll, denn er gewann nicht nur souverän in der Startrunde, er überspielte zudem den nominellen Favoriten, fand aber im Endspiel leider nicht den richtigen Weg, um seine Mehrqualität zur Geltung zu bringen und willigte ins Remis ein – 1,5/2.

 

Doch anstatt nun entspannt in die restlichen Begegnungen zu gehen, verkrampfte er zusehends und zeigte für ihn untypische Fehler auf. So konnte er sich zwar noch in der dritten Runde ins Remis retten, lehnte aber in der darauffolgenden Runde ein Remisgebot seines Gegners in besserer Stellung ab und verdarb sich alles derart, dass er schließlich aufgeben musste – 2/4.

 

Diese Verkrampftheit behielt er leider bis zum Schluss bei, obwohl er zwei Siege, die zugegebenermaßen etwas wacklig zustandekamen, nachfolgen ließ, weshalb es ihn in der Schlussrunde erwischte. Hier hatte er zunächst alles richtig gemacht, stand prächtig, ja sogar schon auf Gewinn, verlor dann allerdings komplett den Faden, später Material und zum Schluss den Punkt – 4/7 und ein 4. Platz.

 

Schade, denn da war viel mehr drin gewesen. Allerdings war das Turnier dennoch nicht vergebens, denn man konnte doch viele Dinge sehen, die wirklich gut liefen, weshalb ich mich jetzt schon auf Roberts nächstes Turnier freue. 🙂

 

U12w; „Die aufgeschobene Meisterschaft“:

 

Katarinas schachliche Fortschritte nehmen immer mehr an Fahrt auf und ihre erfrischende Unbekümmertheit lässt sie ein Turnier entspannt angehen, weshalb man auf ihr Abschneiden bei der diesjährigen Meisterschaft durchaus gespannt sein durfte.

 

Entsprechend ging sie in ihre erste Begegnung gegen die erfahrene Sonja Kukulina, erspielte sich eine Dame und sah schon wie die sichere Siegerin aus. Allerdings unterlief ihr in Vorfreude ein Missgeschick, indem sie sich von einem Läufer-Turm-Pärchen mattsetzen ließ, womit nicht nur eine Überraschung, sondern auch ein Traumstart ausblieb.

 

Davon unbeeindruckt spielte sie weiter entspannt auf und holte sich zwei sehr schön herausgespielte Punkte, sodass sie sich plötzlich doch noch mit 2/3 in der Spitzengruppe wiederfand.

 

Nun hätte sie sich mit einem weiteren Sieg ihre Position im obersten Tabellenbereich festigen können, offenbarte aber, dass es ihr im ersten Jahr der U12 noch etwas an der nötigen Reife fehlte, sodass sie aus drei guten bis sehr guten Stellungen gerade einmal ein Remis holen konnte und damit deutlich abrutschte – 2,5/6.

 

Der Sieg in der letzten Runde ließ sie die 50%-Marke erreichen und das Turnier mit einem soliden 10. Platz beenden, was angesichts der Gegnerschaft ein kleiner Erfolg ist. Diesen Erfolg wird Katarina im nächsten Jahr sicher deutlich steigern können, denn dann dürfte sie über genügend Routine und Ruhe verfügen, um gute Stellungen auch wirklich in Punkte umzumünzen. 🙂

 

U12; „Eine gelungene Premiere“:

 

Den vermutlich größten Leistungssprung binnen eines Jahres hatte unser Jakob vollzogen, der sich nicht nur überzeugend qualifiziert hatte, sondern sich auch berechtigte Hoffnungen machen durfte, ganz vorne mitzuspielen.

 

Dies untermauerte er auch, indem er gleich in der ersten Runde gegen den Titelverteidiger mühelos remisierte. In der Folge holte er noch zwei Siege, besonders schön war seine ruhig vorgetragene Verwertung im Läuferendspiel der zweiten Runde, und etablierte sich damit in der Spitzengruppe – 2,5/3.

 

In der vierten Runde hieß es dann, gegen den starken Alexander Brückner mit Schwarz zu bestehen. Lange Zeit gestaltete sich die Partie offen und es schien, dass Jakob vielleicht sogar gewinnen könne, bevor die Stellung nach und nach zu kippen begann. Am Ende hieß es für Jakob leider doch, die Segel zu streichen und sich aus der Tabellenspitze zu verabschieden. Als dann auch noch in der 5. Runde ein recht blutleeres Remis folgte, da sah es hinsichtlich eines Qualifikationsplatzes recht mau aus – 3/5.

 

Allerdings sollte man bekanntermaßen die Flinte nie zu früh ins Korn werfen, ein Lebensmotto, das sich auch hier wieder bewahrheitete. Denn aufgrund Jakobs Gewinns und zeitgleich für ihn günstiger Ergebnisse in der 6. Runde bot sich ihm plötzlich die Gelegenheit, mit einem Sieg nicht nur die Qualifikation zur Deutschen zu packen, sondern auch die Vizemeisterschaft zu erringen.

 

Aufgrund dieser besonderen Situation entschlossen wir uns, die Anwendung eines neuen Verteidigungssystems vorzuziehen, den Gegner damit zu überraschen und zugleich die besseren Angriffsmöglichkeiten zu nutzen, stand doch fest, dass ein Remis absolut nichts einbringen würde. Und so kam es, dass Jakob seinen Gegner mit Schwarz gleich ansprang. Er setzte die Pläne sehr gut um und erreichte eine gute Stellung, erlaubte sich aber in einer scheinbar einfach Schlagstellung einen unnötigen taktischen Fehler, der ihn eine Figur für zwei Bauern kostete. Danach hatte er der guten Technik seines Gegners nur wenig entgegenzusetzen und verlor – 4/7 und ein guter 6. Platz. Glückwunsch. 🙂

 

Obwohl es bei dieser Meisterschaft noch nicht ganz geklappt hat, so bin ich bei einer gleichbleibenden Entwicklung fest davon überzeugt, dass Jakob im nächsten Jahr auch als frischer U14-er ein gewichtiges Wörtchen um die Meisterschaft mitreden wird. Weiter so. 🙂

 

U14; „Einfach nur stark“:

 

Schon im vergangenen Jahr wusste Zarko trotz stärkster Konkurrenz zu überzeugen und war der erfolgreichste seines Jahrgangs 2001. In der Zwischenzeit hatte er sich nicht nur stark verbessert, sondern auch seine vorübergehende sportliche Krise überwunden, sodass er meiner Ansicht nach die Bürde des Favoriten zu tragen hatte.

 

Damit hatte er jedoch keinerlei Probleme, spielte munter auf und legte gleich vier Siege in Folge hin, wobei er stärkste Gegnerschaft bezwang. Besonders beeindruckend dabei war die souveräne Art und Weise und sein breit angelegter Stil. So gelang ihm mühelos der Spagat zwischen taktischem und positionellem Spiel, als er in der dritten Runde eine berauschende Angriffspartie spielte, nur um eine Runde später eine positionell nahezu fehlerlose Leistung folgen zu lassen – 4/4!

 

Von da an gestaltete sich das Turnier psychlogisch gesehen schwierig, denn er hatte die direkte Konkurrenz bezwungen und musste nun darauf achten, gegen die vermeintlich schwächere Gegnerschaft nichts oder eben nur wenig abzugeben. So gesehen sollte die fünfte Partie richtungsweisend sein.

 

Hier bekam er es mit Ruben Mantel zu tun, der bis dato ein ausgesprochen starkes Turnier bestritten hatte und mit 3,5/4 Zarkos ärgster Verfolger war. Der junge Nürnberger versuchte zunächst mit dem geschlossenen Sizilianer Zarkos Tatendrang einzudämmen, musste aber recht bald feststellen, dass sich Zarko auch damit zurechtzufinden wusste und verwaltete schon früh eine positionelle Ruine. Daraufhin bot der junge Franke aus lauter Verzweiflung Remis, was Zarko angesichts der Überlegenheit seiner Stellung ablehnte. Doch dieses Gebot kam in einem psychlogisch perfekten Augenblick, denn Zarkos Gefühl der Überlegenheit potenzierte sich förmlich, sodass er zu schnell die Ernte einfahren wollte, übersah einen Zwischenzug und war davon so geschockt, dass er binnen weniger Züge einen kompletten Zusammenbruch seiner Stellung herbeiführte – 4/5.

 

Die Folgen dieser Niederlagen setzten Zarko derart zu, dass er in der darauffolgenden Runde mit Weiß nur klammerte, um eine weitere Niederlage zu vermeiden. Diese Herangehensweise ist aber meist kontraproduktiv, weshalb er sich auch nach und nach in eine schlechtere Stellung manövrierte. Glücklicherweise hatte sein Gegner großen Respekt, versuchte doch nicht alles, um den angezählten Zarko zu schlagen, und willigte bald ins Remis ein – 4,5/6.

 

Nachdem er den kritischen Tag halbwegs überstanden hatte, zeigte sich Zarko zur Schlussrunde wiederhergestellt, obwohl die Tabellensituation Hochspannung versprach. Es führte nämlich M. Ruben vor den drei Schwaben Zarko, Sebastian und Uli, er hatte sich wieder herangekämpft, wobei glücklicherweise ausgerechnet Zarkos Freund und Trainingspartner Uli gegen den Spitzenreiter antreten durfte.

 

Als die Partien begannen, da konnte ich erfreut feststellen, dass die Vorbereitungen griffen, auch wenn das eine oder andere nicht optimal umgesetzt wurde war, was aber in Anbetracht der besonderen Umstände verständlich war. So gewann Uli und Zarko tat es ihm nach, womit die beiden Jungs mit 5,5/7 durchs Ziel marschierten. Aufgrund des besseren Starts hatte Zarko allerdings die bessere Wertung und durfte sich so nach 2013 über einen weiteren Titel als Bayerischer Meister freuen! Herzlichen Glückwunsch! 🙂

 

U16; „Ein echtes Stahlkinn“:

 

Wer nun denken sollte, dass mit Zarkos Titelgewinn der Höhepunkt der Meisterschaft erreicht wurde, der irrt gewaltig, kennt er doch Eriks Geschichte auf seiner ersten Landesmeisterschaft nicht!

 

Unser Erik, nur durch den Teilnahmeverzicht von gleich zwei Schwaben ins Turnier gerutscht, ging mit einer entspannten Erwartungshaltung ins Turnier, denn zum einen hatte er meinen Rat befolgt, einfach zu schauen, welche Möglichkeiten sich ihm eröffnen würden, und zum anderen hatte er sich aufgrund seines Setzlistenplatzes ohnehin nicht soviel ausgerechnet. Umso erfreuter waren wir alle, als der gleich in der ersten Runde mit der Erfolgsmeldung eines vollen Punktes anrückte.

 

Doch scheinen wir den Erfolg des ersten Tages – insgesamt 3,5/5 – etwas zu sehr gefeiert zu haben, denn als es am nächsten Tag die Doppelrunde zu absolvieren galt, da steuerte Erik zwei Niederlagen bei, die beide ärgerlich waren. Denn in der ersten Partie des Tages ließ er sich einfach eindosen, weil er etliche grundlegende Dinge nicht beachtet hatte und in der dritten Runde hatte er dem Gegner so oft das Kinn hingehalten, dass der Gegner irgendwann dann doch den richtigen Treffer landete – 1/3.

 

Dieses Zwischentief vermochte aber keine nennenswerten Spuren bei Erik zu hinterlassen, sodass er zwei Siege folgen ließ. Dabei kam ihm entgegen, dass sein Gegner aus der fünften Runde ein rabenschwarzes Turnier erwischt hatte, sodass er gleich zweimal auf demselben Feld und bei identischem taktischen Motiv eine Figur einbüßte – 3/5!

 

In der sechsten Runde wurde der arme Erik Opfer seines Trainers, der ihn auf den richtigen Gegner falsch einstellte -irgendwie hatte ich vollkommen vergessen, dass N. von Schlippe ausschließlich das Morra-Gambit zu spielen pflegt. 🙁

 

Als dann die entsprechende Eröffnung aufs Brett kam, da war Erik quasi sofort „out of book“, rammte aber seine Ellenbogen in den Tisch, löste nahezu alle Probleme und stand keineswegs schlechter. Leider leistete er sich später eine taktische Schwäche, er hatte von einem Matt des Gegners geträumt, büßte dabei einen Bauern zuviel ein und musste letztlich die Waffen strecken – 3/6.

 

Zum Abschluss des Turniers gab es mit M. Kling noch ein Schwabenderby, das dahingehend für Spannung sorgte, war es Erik doch in der Vergangenheit nie gelungen, Maximilian zu schlagen. Doch seine Ausnahmeleistung in diesem Turnier untermauernd, schlug Erik auch hier zu, belohnte sich mit einem vierten Punkt und einem hervorragenden 10. Platz in der Gesamtwertung! Herzlichen Glückwunsch! 🙂

 

Fazit:

 

Wie eingangs erwähnt, war die diesjährige Meisterschaft ein toller Erfolg aus unserer Sicht und auch die Organisation klappte auch dieses Mal wie am Schnürchen, wobei mir die Neuerung mit der Umwidmung des alten Analysesaals zum Spielsaal für die U16 – U25 besonders gut gefallen hat, hatten so doch alle Spieler wesentlich mehr Freiraum am Brett. So gesehen besteht noch mehr Grund sich darauf zu freuen, wenn es 2016 wieder heißt, nach Bad Kissingen zu fahren!

 

Ansonsten bleibt noch anzumerken, dass sehr viele Schwaben äußerst erfolgreich abgeschnitten haben, denn neben der U14 stellt unser Bezirk mit A. Bilchinski (U18; SK Göggingen) und D. Gretz (U16; SK Königsbrunn) zwei weitere Landesmeister! Aber auch der 3. Platz von M. Hess (U18; Post SV Memmingen) und Uli Wellers (SK Buchloe) Vizemeisterschaft in der U14 zeugen von der Qualität der Bezirksjugend. Lediglich bei den Mädchen spielt Schwaben bestenfalls eine untergeordnete Rolle, was sich aber hoffentlich schon bald ändern wird.

 

Allen Meistern und Qualifikanten gratuliere ich herzlich und wünsche Euch eine erfolgreiche Deutsche 2015! 🙂

 

Alle Ergebnisse gibt es hier


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert