Ein knallharter Vierer
Das Wochenende 13./14. Juli 2019 wird uns Schachfreunden lange im Gedächtnis haften bleiben. Nicht nur, dass wir da zum ersten Mal als Ausrichter einer zentralen Endrunde der U14- und U16-Mannschaften fungierten und damit Bayerns künftige Schachelite geballt bewundern konnten, unserem U16-Team gelang zudem nach 2017 die wiederholte Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft.
Dabei wäre Alexander B., Behzad, Jakob und Katarina um ein Haar das Kunststück geglückt, sich die Meisterschaft zu sichern, welche sie sich redlich verdient gehabt hätten, traten sie doch als Team geschlossen und ungemein stark auf. Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg auf der Deutschen in Magdeburg! 🙂
Unsere positive Entwicklung und zahlreichen Erfolge, zumindest im Jugendbereich, hatten zur Folge, dass man uns seitens der BSJ verstärkt in den Spielbetrieb einband, indem man uns mit der Ausrichtung der Endrunde für die U14- und U16-Teams betraute. Nur allzu gerne nahmen wir uns der Aufgabe an, wobei es natürlich schöner gewesen wäre, wenn wir in beiden Endrunden mit je einem Vierer vertreten gewesen wären. Aber was dieses Jahr nicht war, kann ja vielleicht nächstest Jahr sein.
Wie dem auch sei, unsere U16-er hatten sich fest vorgenommen, wieder zur Deutschen zu fahren, trainierten viel und nahmen freudigst die Herausforderung an, gegen die favorisierten Teams aus Ergolding und München, ohne dabei die vermeintlichen Außenseiter aus dem Fränkischen zu unterschätzen.
1. Runde: Schachfreunde Augsburg – FC Ergolding
Gleich in der ersten Runde sollte es gegen den nominellen Favoriten aus dem niederbayerischen Ergolding gehen. Eine gute Auslosung, denn die letzte Besprechung am Vorabend war so ganz sicher noch gegenwärtig. Und wie!
Kurz nach dem Andrücken der Uhren wurde offenbar, dass sich all die Mühen im Vorfeld gelohnt hatten, denn Jakob vermochte des Gegners „Geschlossenen Sizilianer“ recht flott zu neutralisieren, Alexander zog dagegen Kapital aus seinem, Behzad ließ keinerlei Zweifel ob der Standhaftigkeit seiner Verteidigung aufkommen und Katarina strafte des Gegners überheblich anmutenden Aufbau – 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 f5? – förmlich ab.
Doch nicht unsere „Amazone“ sollte den ersten Punkt beisteuern, sondern Alexander. Er hatte die Einschätzung des Gegners durch den Trainer beherzigt, ihm die Gelegenheit zum übermotivierten Aufbau geboten und sich ihm richtigen Moment positionelle Vorteile gesichert. Allerdings kam er nicht mehr dazu, diese zu verwerten, denn ein Damenfang beschleunigte alles und bescherte die Führung – 1:0.
Wenig später vermeldete Katarina den längst erwarteten Punkt. Sie hatte auf des Gegners seltsamen dritten Zug energische Maßnahmen im Zentrum eingeleitet, sich einen deutlichen Entwicklungsvorsprung gesichert und diesen wharlich sehenswert zu nutzen gewusst. Den 18. Zug hatte der Gegner nicht mehr ausführen wollen und stattdessen die Kapitulation vorgezogen – 2:0.
Es lief also hervorragend, was jedoch zeitgleich ein gewisses Misstrauen erregte. Konnte es wirklich, dass man ein Topteam derart von den Brettern fegt? Nun, grundsätzlich ja, allerdings sollte es unseren Schwarzspielern in der Folge nicht gelingen, den Sack zuzumachen.
Den Anfang machte Jakob, der für die Initiative eine Qualität geopfert hatte, indem er unvermittelt eine Figur einstellte und deswegen sofort aufgab. Dieser in der konkreten Stellung unerwartete Sieg weckte bei den Gästen Hoffnung, weshalb am letzten bespielten Brett weiter zäh gerungen wurde – 2:1.
Hier kämpfte Behzad in einem wahrlich ausgeglichen Endspiel um den für den Mannschaftssieg erforderlichen halben Zähler. Jeder hatte dieselbe Anzahl an Bauern, gleichfarbige Läufer, je einen Turm und alles unter Kontrolle, sodass man getrost ein Remis hätte vereinbaren können. Dies wäre auch zweifelsohne erfolgt, wenn Behzad nicht völlig unbedrängt einen ganzen Turm eingestellt hätte – 2:2.
2. Runde: Schachfreunde Augsburg – SC AB-Schweinheim
Die Enttäuschung ob des verpassten Sieges saß tief, weshalb zu befürchten war, dass man gegen die Unterfranken nicht mit der Konzentration und Stärke würde antreten können, die dem Vierer innewohnt.
Allerdings belehrten unsere Recken da Publikum eines Besseren, indem sie professionell auftraten, sich den Aschaffenburgern in jeder Hinsicht überlegen zeigten und so einen souveränen 4:0-Sieg holten. Hervorragend. 🙂
3. Runde: SK München Südost – Schachfreunde Augsburg
So erfreulich der Verlauf der zweiten Runde auch war, so war er dennoch wertlos, sofern eine Niederlage, sei diese auch nur denkbar knapp, bei einem zeitgleichen 4:0-Erfolg der Ergolding erfolgen sollte, sprach doch die Berliner Wertung, welche dann zum Tragen gekommen wäre, eindeutig gegen uns. Dies und der Umstand, dass man nun nach der Meisterschaft greifen wollte, warfen alle taktischen Überlegungen über Bord und man entschloss sich zu einen Kampf mit offenem Visier.
Dieser ließ auch nicht lange auf sich warten, denn bereits die Wahl der Eröffnungen, übrigens auf beiden Seiten, versprach Spannung ohne Ende. Offen gestanden, für die Zuschauer zum Teil zuviel an Spannung.
Bei Jakob wirkte der Verlauf der Eröffnung anfangs noch etwas behäbig, wobei der Eindruck täuschte. Es war nämlich abzusehen, dass es demnächst lichterloh brennen sollte. Diese Phase des „Abtastens“ hatten Alexander, der mit seinen bis dahin erzielten 2/2 blend aufgelegt zu sein schien, und dessen Gegner geflissentlich übersprungen. Stattdessen machte man sogleich dran, des Gegners König zu erlegen, wobei sich Alexander hier kompromissloser zeigte und alle Brücken hinter sich abriss. Behzad und Katarina hingegen übten zwar gleichfalls Druck aus, beschränkten sich jedoch auf die vom Trainer propagierte „kontrollierte Offensive“.
Insgesamt betrachtet sah es recht gut aus, obwohl noch nichts Greifbares vorhanden war. An dieser Einschätzung änderte sich auch nichts, als Alexander, der Gegner hatte alle Angriffe gekonnt, ja beinahe kaltblütig, abgewehrt, einen starken Gegenschlag hinnehmen und infolgedessen die Waffen strecken musste – 1:0 aus der Sicht der Münchener.
Plötzlich erhielt die Nachricht vom Nebenschauplatz besonders Gewicht, denn das Ergoldinger Spitzenbrett hatte aufgegeben, was bedeutete, dass nur ein Brettpunkt erforderlich war, um die Qualifikation zu sichern.
Dieser ersehnte Punkt sollte tatsächlich schon bald in den Spielberichtsbogen eingetragen werden, krönte doch Behzad seine stark geführte Partie mit der maximalen Ausbeute und sicherte damit quasi en passant den Ausgleich – 1:1.
Damit nicht genug, denn Katarina baute alsbald die Führung aus und setzte dadurch das Spitzenbrett des gegnerischen Teams stark unter Druck, der sich zäh verteidigend genötigt sah, irgendwie einen vollen Zähler aus einer schwierigen Stellung herauszupressen. Und ihm gegenüber saß ausgerechnet unser kampferprobter Jakob, dem die Lage auf dem Brett sichtlich gefiel.
Vielleicht war dies der Anfang vom Ende, denn mit fortlaufender Dauer vermochte sich der Münchener immer mehr zu befreien, landete in einem remislichen Turmendspiel, dass Jakob in Verkennung der Umkehr der Vorzeichen zunächst weiter auf Vorteil spielte, eher er, leider viel zu spät, auf die Verteidigung umschwenkte. Entsprechend ging das Endspiel für uns verloren, womit zugleich der Traum von der Meisterschaft zerplatzte – 2:2.
Fazit:
Der Frust ob der zum Greifen nahen Meisterschaft machte schnell der ungetrübten Freude über die Qualifikation Platz. Mit der erneuten Teilnahme an den Deutschen belohnten sich Alexander, Behzad, Jakob und Katarina für ihren großen Einsatz.
Nun verbleibt beinahe ein halbes Jahr Zeit, um sich weiter zu verbessern, was definitiv nötig sein wird. Denn eines steht jetzt schon fest, nämlich dass Spitzenteams, derer es auf der Bundesmeisterschaft vieler geben wird, nicht einfach so umfallen, man diese eher zäh niederringen muss. Und dies erfordert im Vorfeld viel Arbeit.
Doch zunächst steht eine kurze Pause an, war doch die Saison für die U16-er nicht minder lang wie für so manch anderen Schachfreund. In der Zwischenzeit kann der geneigte Leser die Tabelle anschauen oder aber eine andere Darstellung auf der Seite der BSJ lesen. Viel Spaß dabei. 🙂
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