Deutsche Jugendeinzelmeisterschaften 2019

Über einen Minimalisten

 

 

Die Krönung einer grandiosen Spielzeit sollte mit einem gleichfalls hervorragenden Abschneiden bei der Deutschen Meisterschaft erfolgen. Es musste ja nicht gleich der Titel sein, wenngleich Träume nicht verboten sein sollten.

 

Entsprechend vorbereitet und motiviert fuhr Zarko nach Willingen (Sauerland), wo er leider nicht so richtig in Fahrt kam, immer wieder durch Kampf ins Spiel finden musste und letztlich mit 5,5/9 den respektablen 7. Platz belegte.

 

 

Noch am Vortag hatte sich Zarko mit Deutschlands Blitzelite messen müssen und nun galt es schon, zwei Runden an einem Tag erfolgreich zu gestalten, um einen guten Start ins Turnier zu gewährleisten.

 

Dies gelang ihm relativ gut, denn in der ersten Runde erhielt er etwas Unterstützung durch den Gegner, der sich redlich mühte, Zarkos Angriff am Laufen zu halten, was letztlich tatsächlich in einem schönen Finale münden sollte – 1/1.

 

Dass dies in dieser Form nicht weitergehen würde, war allen Beteiligten klar, ging es doch am Nachmittag gegen die nominelle Nr. 2 der Setzliste, welche Inhaber des IM-Titels war. Um die Vorbereitung des Gegners maximal zu unterwandern, packte Zarko eine neue Variante gegen den „Katalanen“ aus und erwischte damit sein Gegenüber tatsächlich auf dem komplett falschen Fuß. Die entstandene Stellung bot unserem Recken alle Möglichkeiten, während sich sein Gegner auf die Durchsetzung eines schier unmöglich erscheinenden Planes beschränken musste. In dieser Situation ließ Zarko seine sonst übliche Umsicht vermissen, gestattete dem Gegner Gegenspiel, taktische Verwicklungen und letztlich das Einstreichen des vollen Zählers. Schade, war da doch wesentlich mehr drin gewesen – 1/2.

 

Mit der Niederlage in den Knochen, aber körperlich wenigstens wieder halbwegs erholt, musste er gegen einen vermeintlichen Außenseiter, der in seiner frühen Jugend jedoch zur deutschen Spitze gezählt hatte, antreten. Ausgerechnet hier fühlte sich Zarko dazu berufen, eine nicht vorbereitete neue Eröffnung auszuprobieren, büßte dabei bar jeder Kompensation zwei Bauern in der Eröffnung ein und taumelte seiner zweiten Niederlage entgegen. Allerdings stellte der Gegner anschließend eindrucksvoll unter Beweis, warum er nicht mehr zur Spitze zählt, indem er die Partie bis ins Turmendspiel kommen ließ, welches er dann, immer noch auf Gewinn stehend, irgendwann entnervt Remis gab – 1,5/3

 

Glück beflügelt, setzt Kräfte frei und daher war es auch nicht verwunderlich, dass Zarko den Anschluss an die Spitze unbedingt herstellen wollte. Dies unabhängig davon, dass er mit Schwarz ausgerechnet gegen seinen „Angstgegner“ zu bestehen hatte. Das „Jobava-System“ mit vertauschten Farben sollte es richten. Darauf war der Gegner selbstredend nicht vorbereitet, sodass schnell eine ungewöhnliche Stellung , mit beidseitigen Chancen entstand. Und als es anfing lichterloh zu brennen, da einigte man sich unvermittelt auf Remis und trennte sich friedlich – 2/4.

 

Immer noch im Bereich der 50% feststeckend entschloss sich Zarko gegen die große Damenhoffnung Deutschlands zum Befreiungsschlag, indem er zum Angriff blies. Gut, der „Engländer“ ist nicht gerade dafür bekannt, dass es zu einem taktischen Feuerwerk kommt, aber solange der Junge an dessen Kraft glaubte, warum nicht? Es entstand eine interessante Partie, in deren Verlauf Zarko den Bogen überspannte und eine Figur einbüßte. Eine eigentlich verlorene Stellung! Doch was die Gegnerin anschließend zelebrierte, war schlichtweg unglaublich, sodass nicht sie, sondern Zarko das Brett als Sieger verließ – 3/5.

 

Nun hieß es, in der sechsten Runde mit Schwarz nicht zu verlieren und damit die Chancen auf das Treppchen zu wahren. Eine angesichts des bisherigen Verlaufs zweifelsohne anmaßende Zielsetzung, aber es handelte sich schließlich um ein Turnier, in welchem unser Zarko bis dato stark vom Glück begünstigt gewesen war. Um des Gegners größten Trumpf, dessen Stärke im Angriff, möglichst zu neutralisieren, wurde auf den „Franzosen“ zurückgegriffen. Eine vortreffliche Wahl, wenn man nicht blindlings in eine altbekannte Falle getappt wäre! Nach nur 15 Zügen hatte das Drama ein Ende und Zarko war wieder stolzer Inhaber der 50%-Marke – 3/6.

 

Da Resignation keine Option darstellte, wurde eifrigst nach soliden und doch kämpferischen Systemen gesucht, die wenigstens halbwegx dem Trainingsstand entsprachen. Und siehe da, wir wurden fündig! Zwar wurde in der siebten Runde offenbar, dass ein „Coaching“ aus der Ferne gewisse Tücken innehat, sodass eine Hauptidee am Telefon untergegangen war, was aber letztlich nichts daran änderte, dass hier wie in der achten Runde gewonnen wurde – 5/8.

 

Urplötzlich wurde Zarko auf dem 7. Platz geführt und es bot sich ihm tatsächlich noch die Gelegenheit, weiteres Glück hinsichtlich anderer Ergebnisse und natürlich ein eigener Sieg vorausgesetzt, bis auf den dritten Rang vorzustoßen. Daher war es klar, dass während Zarko im fernen Willingen Energie für den nächsten Tag tankte, die ganze Nacht über ein Fenster in Augsburg hell erleuchtet war.

 

Doch all die Mühe hatte sich gelohnt, denn es wurde eine Lücke im ansonsten tadellosen Repertoire des Gegners erspäht, die es ermöglichen sollte, voll auf Sieg zu spielen. Das tat Zarko mit Schwarz auch, drückte, beschäftigte und ärgerte wo er nun konnte, wofür er mit einer beeindruckenden Stellung nach neunzehn Zügen belohnt wurde. Dann jedoch unterlief ihm ein gravierender Fehler, der seine Stellung schlagartig verschlechterte. Sich dessen bewusst, dass seine Kräfte schwinden, bot er Remis, welches der Gegner zur Absicherung des „Stockerls“ annahm – 5,5/9 und der besagte 7. Platz.

 

 

Fazit:

 

Vermutlich hatte sich Zarko im Vorfeld zuviel für seine letzte Jugendmeisterschaft vorgenommen. Tatsache ist jedoch, dass er wesentlich schwächer als die komplette Saison über agierte. Dies lag jedoch keineswegs am starken Spiel der Gegner, die in vorteilhafter Stellung teils erscheckend seltsames Schach darboten, weshalb es auch umso bedenklicher anmutet, dass nur eine wirklich gute Partie (8. Runde) ausreichend war, sich im ersten Viertel zu platzieren.

 

Um Zarkos Zukunft müssen wir uns spätestens nach dieser Meisterschaft keine Sorgen machen, denn wenn er selbst in dieser Verfassung in der Lage war, durch Kampf ins Spiel zu kommen, dann möchte ich nicht wissen, was er alles zu vollbringen in der Lage sein wird, wenn er gänzlich auf der Höhe ist.

 

Alle Ergebnisse, Partien und eine Vielzahl an Berichten gibt es hier. Viel Spaß beim Schmökern. 🙂

 

 

 

 

 

 

 


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert