Solide, aber …
Unsere Reaktion beim diesjährigen Landesentscheid der Schulen – siehe entsprechenden Bericht; März 2015 – hatte anscheinend einen derart positiven Eindruck hinterlassen, dass sich viele Personen dafür eingesetzt hatten, dass unsere Stephaner trotz der äußerst knapp verpassten Meisterschaft zur Deutschen fahren durften. Und so kam es, dass sich Erik, Mehran, Paul und Zarko nach Grömitz im fernen Schleswig-Holstein aufmachten, um nicht nur vier schöne Tage zu verbringen, sondern auch ihr Nachrücken zu rechtfertigen. Letzteres ist zwar mit dem Erreichen des 7. Platzes bei 18 teilnehmenden Mannschaften gelungen, doch leider hat man einen noch größeren Erfolg leichtfertig verspielt.
Wer abergläubisch ist, der wäre vermutlich schon auf dem Weg zur Meisterschaft wieder umgekehrt, denn auf der ohnehin langen Bahnfahrt versagte bei Würzburg nicht nur eine Lokomotive ihren Dienst, was uns einen ungeplanten Aufenthalt von einer Stunde bescherte, auch der als Ersatz gestellte Triebwagen musste sich schon bei Kassel einer fast halbstündigen Reparatur unterziehen., bevor es wieder weitergehen konnte.
Entsprechend verspätet, hungrig und müde erreichten wir das Ostseebad, wo die Jungs schon die nächste Überraschung erwartete. So hatte der Veranstalter die durchaus sympathische Idee, die Teilnehmer in kleinen Blockhütten unterzubringen, jedoch wollte an diesem Wochenende das Wetter nicht mitspielen, weshalb sich die Unterkunft leider als recht frisch erwies.
Doch nachdem der Anreisetag überstanden und die erste erholsame Nacht verbracht worden war, startete man nach einem stärkenden Frühstück mit dem Turnier, schließlich war das ja der Anlass des Unternehmens.
In der ersten Runde wurde gegen die gastgebende Auswahl ein deutlicher und auch in der Höhe verdienter 4:0-Erfolg erzielt, weshalb man es gleich in der zweiten Runde mit den starken Berlinern zu tun bekam. Das war auch absolut in Ordnung so, denn wenn man vorne landen möchte, muss man ohnehin die Mitkonkurrenten schlagen.
Allerdings hatten das meine Schützlinge gänzlich anders gesehen, denn was sie durch die Bank nach acht bis zwölf Zügen ablieferten, das war eine Katastrophe, sodass ich mich lieber zum Lösen von Studien mit anderen mitleidenden Betreuern begab, als mir die anbahnende schachliche Hinrichtung anzusehen. Diese sollte auch trotz zäher Gegenwehr nicht ausbleiben und nach dem Unterschreiben des mit 0:4 versehenen Meldezettels, stand das Team mit 50% irgendwo im Mittelfeld.
Erstaunlicherweise zeigte sich keiner der Jungs von der Klatsche beeindruckt, vielmehr nahm man die angebotene Auszeit gerne an und ging danach voller Selbstvertrauen gegen die gleichfalls starken Hamburger Schüler an die Bretter. Was dann folgte war in höchstem Maße erfreulich! 🙂
Alle kämpften und rackerten, sodass eine lange Zeit kein Ergebnis eingetragen werden konnte. Nach Ablauf von ca. 5/6 der Bedenkzeit kamen dann in kurzer Abfolge Erik, Mehran und Paul heraus und teilten mir mit, dass sich beim Stande von 1,5:1,5 bei Zarko eine Zeitnotschlacht abzeichne. Angesichts dieser Umstände begaben wir uns alle in den Turniersaal, wo wir Zarkos Abgebrühtheit gegen seine spielstarke Gegnerin beiwohnen durften. Mit etwas mehr als einer Minute auf der Uhr investierte er einfach so zwanzig Sekunden, um anschließend eine unwiderstehliche Gewinnabwicklung aufs Brett zu zaubern – 2,5:1,5. 🙂
Diesem Erfolg ließen sie einen weiteren Kampfsieg mit 2,5:1,5 folgen, wobei es hier wiederum Zarko vorbehalten war, in einem stark geführten Endspiel die Entscheidung herbeizuführen. Davor war es Mehran gelungen, eine schwierige Stellung zu halten, und Paul hatte in einer sauberen Angriffspartie den gegnerischen König zu erlegen gewusst. Definitiv ein rabenschwarzes Wochenende hatte Erik erwischt, denn seine Punkteausbeute aus den Runden zwei bis vier erinnerte doch stark an eine lange Rochade.
Nun hatte man sich also mit 6:2 Mannschaftspunkten wieder an die Spitze herangekämpft, weshalb die Auslosung die Jungs mit dem starken MAN (M.-A.-Nexö) Gymnasium bedachte, das nicht nur im vergangenen Jahr souverän die Deutsche Meisterschaft nach Sachsen geholt hatte, sondern auch zu diesem Zeitpunkt die Tabelle wieder anführte.
Angesichts der zuletzt erbrachten Moral und Leistunggen freute ich mich schon auf diese Begegnung, zumal die Jungs angekündigt hatten, sich für die letztjährige Niederlage zu revanchieren. Doch die den Worten folgenden Taten ließen mich erschauern und ich wandte mich mit Grausen ab. Bis auf Zarko standen alle anderen wieder nach acht bis zehn Zügen auf Bruch. Und da unser Spitzenbrett gegen seinen Angstgegner zu spielen hatte, war mir das Endergebnis irgendwie klar. Der Kampf endete auch 0,5:3,5, Paul hatte sich mit größter Zähigkeit ins Remis retten können, womit der Traum vom Treppchen ausgeträumt zu sein schien.
An dieser Einschätzung wollte sich zunächst auch nichts ändern, obwohl unsere wackeren Vier auf die Niederlage mit einem verdienten 3:1-Sieg, Paul war in dieser Runde einfach überragend, geantwortet hatten. Erst ein vorsichtiger Blick auf die Tabelle ließ mich erkennen, dass die Paarungen der Schlussrunde derart waren, dass mit einem Sieg die Wiederholung des letztjährigen dritten Platzes möglich war.
Also stellte ich die Jungs entsprechend ein, begab mich zu meinen netten Kollegen, Zuschauer waren zur letzten Runde ohnehin nicht zugelassen, weil sich ein Betreuer während einer Partie in der vorherigen Runde nicht unter Kontrolle zu halten wusste, und spielte eine erfolgreiche Skatrunde. Diese lief so erstaunlich gut, dass mir für den Ausgang des Mannschaftskampfes schon Böses schwante. Ein Gefühl, dass sich leider bewahrheiten sollte.
Denn auch die Saat für die dritte Niederlage im Turnier wurde sehr früh gesät, sodass schon bald eine Niederlage nicht mehr abzuwenden gewesen war. So gesehen hätte es auch nichts geändert, wenn Zarko seine Gewinnstellung nicht zum Remis verdorben hätte, denn damit hätte er nur das Endergebnis von 0,5:3,5 kosmetisch geändert. 🙁
Als dann auch noch alle Endergebnisse feststanden und man sah, dass man selbst bei einem Unentschieden den dritten Platz belegt hätte, da waren die Jungs doch arg enttäuscht. Aber vielleicht war es so lehrreich, dass man im nächsten Jahr, eine Qualifikation, von der ich ausgehe, vorausgesetzt, einen ernsthaften Angriff auf die Meisterschaft wird unternehmen können. Stark genug müssten die jungen Stephaner dann eigentlich sein.
Fazit:
Ungeachtet des Ausbleibens eines Platzes auf dem Treppchen, hat die Mannschaft in ihrem ersten Jahr in der WK III klar bewiesen, dass sie eigentlich nur sich selber fürchten muss. Deswegen verlief die Heimreise auch wieder ganz entspannt, ausgelassen und ohne Zwischenfälle, sodass man auch diese Meisterschaft letztlich in einer sehr angenehmen Erinnerung behalten wird. 🙂
Einzelergebnisse:
1. Brett: Vuckovic Zarko 4,5/7
2. Brett: Weisheit Erik 1,5/7
3. Brett: Hamkar Mehran 2,5/7
4. Brett: Thorwarth Paul 4,5/7
Für alle Anhänger der Statistik und weiterer Informationen sei gesagt, dass sie hier fündig werden. Außerdem werden an dieser Stelle demnächst Photos nachgereicht.
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