Abstiegskampf einmal anders
Als es nach Nürnberg ging, um die nächsten beiden Runden der Landesliga zu bestreiten, da bestand die Problematik nicht nur darin, dass sich just zu der Zeit unser Alexander im Skilager befand, sondern dass auch unsere U16-Mannschaft um die Bezirksmeisterschaft kämpfen musste. Ausgerchnet in dieser Situation galt es, mit Freising und Ergolding gegen zwei direkte Konkurrenten anzutreten, gegen die unbedingt gepunktet werden musste, um den Klassenerhalt wahrscheinlicher werden zu lassen.
Nun, Erik, Katarina, Robert und Zarko stellten sich dieser Herausforderung derart gut, dass neben zwei hohen Siegen auch ein recht beruhigender Vorsprung auf den dritten Abstiegsplatz heraussprang, wobei hier und da etwas Glück vonnöten war. 🙂
Binnen weniger Wochen mussten wir zum wiederholten Male den Zug um 7.17 Uhr nach Nürnberg besteigen, in dessen behaglicher Wärme wir die Reisezeit dazu nutzten, um den fehlenden Schlaf nachzuholen. Gut, es war mehr ein Dösen, aber anscheinend erholsam genug, um frisch und munter in Nürnberg einzutreffen. Dort angekommen stiegen wir ein Taxi ein, das uns ohne Umschweife zum Turnierort beförderte, wo bereits alles für den Großkampftag vorbereitet war. Und während sich die Kinder und Jugendlichen daran machten, am Brett die Klingen zu kreuzen, versammelten sich die Betreuer im Nebenraum, um bei einem starken Kaffee das ein oder andere Wort in angenehmster Atmosphäre zu wechseln.
4. Runde: Schachfreunde Augsburg – SK Freising 4:0
Die wackeren Oberbayern mussten auf ihre ersten beiden Bretter verzichten, die sie nicht adäquat zu ersetzen vermochten. So bekam zwar Zarko noch einen renommierten Gegner vorgesetzt, doch gleich dahinter bekamen es unsere restlichen Recken mit recht unerfahrenen Spielern zu tun, was sich im Laufe der Begegnung noch bemerkbar machen sollte.
Den Siegesreigen eröffnete ausgerechnet Zarko am Spitzenbrett, der vom zaghaften Aufbau seines Gegners angespornt mit Schwarz recht frühzeitig einen Angriff ins Leben rief, von dem der Gegner derart überrascht war, dass er nicht die unbedingt beste Verteidigung fand und bald verlor – 1:0.
Zarko folgte Robert, der mit des Gegners „Franzosen“ wesentlich mehr Schwierigkeiten zu bewältigen hatte. So hatte er zunächst einen normalen Aufbau gewählt, wobei er schon recht bald mit einem Königsangriff liebäugelte. Die erste Gelegenheit hierzu hatte er noch ungenutzt verstreichen lassen, doch die zweite ließ er sich nicht mehr nehmen, opferte zum Schein zwei Bauern und setzte unvermittelt Matt – 2:0.
Auch Katarina bekam einen „Franzosen“ vorgesetzt. Doch anders als sonst schien sie an diesem Tag keinen richtigen Plan zu verfolgen und stocherte im Nebel herum. Dies hatte zur Folge, dass sich dem Gegner urplötzlich eine vorteilhafte Chance bot, im Zentrum zum Gegenangriff überzugehen, was der junge Mann, er ist meines Wissens erst acht Jahre alt, aufgrund mangelnder Erfahrung nicht erkannte und sich stattdessen mit einer gedrückten Stellung begnügte. Wenig später sollte bei einem Befreiungsversuch der Verlust einer Figur und alsbald der Partie folgen – 3:0.
Abschließend meldete Erik Vollzug, womit der erste 4:0-Erfolg in der U20-Liga in der Geschichte der Schachfreunde feststand. Zuvor hatte Erik zwar einen positionell höchst ungünstigen Abtausch zugelassen, doch blieb dieser aufgrund der Unerfahrenheit des Gegners folgenlos, weil dieser gleich im Anschluss die Stellung öffnete. Von da an spielte unser Erik nahezu vorbildlich, sicherte sich Vorteile, eroberte einen Bauern, gab nur allzu gerne die Dame für zwei Türme und holte sich souverän den Punkt.
5. Runde: FC Ergolding – Schachfreunde Augsburg 1:3
Als uns gewahr wurde, dass die Niederbayern nur zu dritt in Nürnberg weilten, da kam selbstredend die bange Frage auf, ob auch wirklich alles richtig gemacht wurde, stand es doch zu diesem Zeitpunkt im fernen Buchloe 1:2 gegen unser U16-Team. Doch mit der Meldung von Mehrans Sieg und dem Mannschaftsremis waren alle Zweifel zerstreut, weshalb man sich nach der Mittagspause voller Elan, ja beinahe euphorisch an die Bretter begab.
Es mag seltsam anmuten, aber es ist nicht unbedingt leicht in Überzahl anzutreten, gerade an nur vier Brettern, spukt doch im Hinterkopf herum, dass man ohnehin schon beinahe durch ist. Vor diesem Hintergrund ist der nachfolgende Mannschaftskampf zu betrachten, der dementsprechend spannend verlief.
Während sich Katarina einer anderen Beschäftigung zuwenden durfte, da nach dem Reglement nur hinten ein Brett freigelassen werden darf, freute sich Zarko darüber, seine Lieblingsvariante auf dem Brett zu haben. In Anbetracht dieser Umstände erschien es sogar von Vorteil, dass sich Robert in einem remisverdächtigen „Abtauschfranzosen“ plagen musste, denn Erik hatte aus unerklärlichen Gründen die Theorie vergessen und stand schon früh etwas anrüchig.
Diese Anrüchigkeit steigerte sich zu einem klaren Nachteil, der im sich anbahnenden Verlust einer Figur gipfelte. Hier jedoch schöpfte Erik die Kraft all seiner „Schach-Schutzengel“ aus, indem der Gegner vom Figurengewinn absah und sich mit einem Mehrbauern begnügte. Über diesen durfte er sich aber nicht lange freuen, denn Eriks Stellung fing den materiellen Nachteil mit einer gesteigerten Aktivität seiner Figuren geschmeidig auf, sodass alsbald der Nachteil wieder ausgeglichen werden konnte. In diesem für Erik etwas vorteilhaften Endspiel entschloss sich dieser nach einem Blick auf Zarkos und Roberts Brett aus mannschaftsdienlichen Gründen für die Punkteteilung. Doch war die Entscheidung richtig?
Robert hatte mit Schwarz über weite Strecken alles im Griff gehabt, weshalb man hier sehr lange von einem Remis ausgehen durfte. Diese Balance hielt er bis ins Springerendspiel hinein, wo er unvermittelt nicht nur einen Bauern einstellte, sondern damit dem Gegner mit einem entfernten Freibauern beste Gewinnchancen ermöglichte.
Aber da war ja glücklicherweise noch Zarko, der zu einem finalen Angriff auf den gegnerischen Monarchen blies. So zumindest sah es auf den ersten Blick aus, ein Blick, auf den auch Erik vertraut hatte, als er Remis bot. Bei genauerem Hinsehen konnte aber nach der gewählten Zugfolge kein Gewinn erkannt werden, weshalb nun drohte, dass die auf dem Weg zum schwarzen König geopferten Truppen für weitere Gefechte fehlen würden. In diesem Moment verlor der bis dato gut spielende Gegner den Überblick, eine Figur und kurz danach gab er auf – 2,5:0,5.
Das Feststehen der Niederlage drückte dermaßen stark auf die Moral des letzten noch spielenden Ergoldingers, dass er seine Gewinnchancen durch überhastetes Vorgehen dermaßen reduzierte, dass Robert die Gelegenheit beim Schopfe packte und souverän ins Remis abwickelte – 3:1.
4:0 Mannschaftspunkte und 7:1 Brettpunkte bei keiner einzigen Niederlage war schon sehr schön. Als aber die Nachricht eintraf, dass unsere U16-er zeitgleich gegen den Post-SV Memmingen mit 3,5:0,5 gewonnen und die Schwäbische Meisterschaft errungen hatten, da war die Freude unbeschreiblich. Ein perfekter Tag!
Fazit:
Schon vor der Saison war klar, dass die Landesliga eine neue Herausforderung für unseren Nachwuchs darstellen würde, was sich im bisherigen Verlauf in so mancher Partie gezeigt hat, die nur mit viel Glück nicht verloren oder gar gewonnen worden ist. Doch ebenso ist feststellbar, dass die Härte unserer Recken deutlich zugenommen hat, sodass man in der nächsten Spielzeit mit einer ganz anderen Zielsetzung ins Rennen gehen kann.
Dass die Mannschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Klasse halten wird, davon kann ausgegangen werden, denn mit 8:2 Punkten – Die Niederlage gegen die Spvgg Stetten wurde nach deren Rückzug in einen 4:0-Sieg geändert – steht das Team aktuell auf dem 2. Platz und hat zwei Runden vor Schluss drei Mannschaftspunkte Vorsprung auf den dritten Absteiger. Man könnte nach der überraschenden Doppelniederlage der starken Nürnberger sogar einen Aufstieg über die Relegation anpeilen, was aber zu diesem Zeitpunkt vermessen wäre. Denn wie gesagt, der Nachwuchs benötigt einfach seine Zeit zum Heranreifen.
Warten wir es einfach ab, was das Finale in Regensburg bringen wird und bis dahin wünsche ich allen viel Spaß beim Studium der Ergebnisse und der Partien.
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