Schwabenliga I: 2. Runde; SC Friedberg I – Schachfreunde Augsburg I

Eine blutige Nase

 

 

Seit der Ankündigung des Baus einer Befestigung des Ortes Fridberch durch Herzog Ludwig II. von Bayern, besser bekannt als Ludwig der Strenge, aus dem Hause Wittelsbach im Jahre 1264 ist uns Augsburgern das nunmehr heißende Friedberg ein Dorn im Auge. Vielleicht nicht unbedingt politisch wie dereinst, aber schachlich allemal.

 

Aus diesem Grund zogen Alexander B., Andreas, Hannes, Hermann, Sofie, Uli, Zarko und ich los, um im übertragenen Sinne die Feste zu schleifen und zwei wertvolle Mannschaftspunkte in unsere schöne Fuggerstadt zu entführen. Die Hoffnung darauf war nicht gänzlich unbegründet, denn realistisch betrachtet waren wir an jedem Brett besser besetzt, zumindest dachten wir das.

 

Allerdings hatten wir bei unserer Vorbereitung die launige Schachgöttin Caissa außer Acht gelassen, die uns für unser Glück in der vergangenen Saison bzw. unseren in Ansätzen vorhandenen Hochmut abstrafte und dafür Sorge trug, dass gleich sieben von acht Schachfreunden gänzlich neben der Kappe waren, sodass es am Ende eine 3,5:4,5-Niederlage zu verkraften galt, wobei wir damit letztlich noch sehr gut bedient waren.

 

 

Am besagten Sonntag kamen wir, wie zu anderen Ligakämpfen auch, derart pünktlich bei den Friedbergern an, dass wir ihnen beim Aufbau helfen konnten. Daher war es keineswegs verwunderlich, dass die Uhren zur angesetzten Zeit angedrückt wurden, womit die offenen Kampfhandlungen ihren Anfang nahmen.

 

Und während man sich an allen Brettern zunächst eher vorsichtig herantastete, hatte sich Alexander B. nach nur drei Zügen einen Aufbau gegönnt, der, hätte er ihn in dieser Qualität fortgesetzt, zu einer schnellen Niederlage geführt hätte. Doch er berappelte sich etwas, sein Gegner zeigte sich glücklicherweise zurückhaltend und begnügte sich damit, sein eigenes Lager zu stärken, und schien die Partie quasi ein zweites Mal anfangen zu dürfen.

 

Dafür sah es mittlerweile an allen anderen Brettern recht zufriedenstellend aus, denn es zeichneten sich bereits die ersten, wenn auch nur kleinen Vorteile ab. Mir wurde ein „Najdorf“ vorgesetzt, den ich nicht mit der von mir sonst favorisierten Variante zu entzaubern gedachte. Als dann nach einem Tausch, die eigentlich falsche Figur bei Schwarz auf dem Brett geblieben war, da fühlte ich mich in meiner Variantenwahl bestätigt und frohlockte innerlich ein wenig. Am Nebenbrett hatte Zarko mühelos gegen einen „Katalanen“ ausgeglichen und als sein Gegner mit einem für einen Spieler bitteren, in der Stellung aber notwendigen Zug reagierte, da schien hier gleichfalls die Welt in Ordnung zu sein. Bei Hannes hatte sich die Spannung am Damenflügel aufgelöst, weshalb er seine Kräfte am Königsflügel massieren konnte, um einen Angriff zu starten. Uli und Sofie ließen es dagegen noch etwas ruhig angehen, weshalb sich hier die Stellungen ebenso im Gleichgewicht befanden, wie bei Andreas, dessen Gegner ihm mit der „Abtauschvariante“ im Caro-Kann das Leben offensichtlich nicht schwer zu machen mochte. Schließlich wäre noch Hermann zu erwähnen, der dieses Mal schneller als sonst zu seinem Lieblingsaufbau gekommen war, wofür es im Vorfeld eine gewisse Mithilfe des Gegners bedurft hatte. Alles in allem recht gut.

 

So verstrich die Zeit und es begann sich, noch außerhalb unserer Sicht, aber gleichwohl vermochten wir es zu erspüren, ohne das Gefühl genau zuordnen zu können, der Kampf zu drehen. Zunächst unmerklich, denn Hermann und ich standen nach wie vor gut, Hannes hatte zwischenzeitlich alle Figuren in Richtung Königsflügel beordert, womit er den Druck zunehmend erhöhte, und Sofie hatte durch geduldige Manöver einen nunmehr deutlicheren Vorteil.

 

Doch dafür stand Alexander B. irgendwie perspektivlos. Fest, aber an Initiative war nicht zu denken. Zarko hätte in seiner guten Stellung einfach nur „sein“ müssen, um beobachten zu können, wie des Gegners Stellung nach und nach auseinanderfällt. Allerdings hatte er sich als zu ungeduldig erwiesen, sodass er sich unvermittelt in einer schwierigen Lage befand. Auch Uli, ansonsten ein Garant für gutes Spiel, hatte eine schlechte Aufstellung für „hängende Bauern“ gewählt, weshalb ihm jederzeit drohte, dass er mit selbigen entweder unter ungünstigsten Umständen hätte vorrücken oder gar einen einbüßen müssen. Bliebe noch Andreas, der ein frühes Remisgebot wacker abgelehnt hatte, stand keineswegs schlechter, war aber seiner alten „Krankheit“ anheimgefallen und steuerte auf eine schlimme Zeitnot zu.

 

In dieser Phase tat es richtig gut, dass Sofie die erste sich ihr bietende Gelegenheit genutzt, ein Scheinopfer angebracht und nachdem dieses abgelehnt worden war, einen wichtigen Bauern erobert hatte. Kurze Zeit danach vermeldete sie ihren wohlverdienten Sieg – 0:1 aus Friedberger Sicht.

 

Noch gab es keine konkreten Anzeichen dafür, dass unser „Flaggschiff“ zielsicher auf das Riff der zweiten Niederlage unserer Vereinsgeschichte zusteuerte. Denn ich stand nach wie vor gut und Hermann hatte sich bereits eine gefühlte Gewinnstellung erarbeitet. Dies gepaart mit Ulis nachfolgendem Remis in schlechterer Stellung und Hannesens gleichfalls erfolgter Punkteteilung, er hatte zu früh die Linien geöffnet, sodass sich der Gegner geschickt entgegenzustemmen vermochte, schienen eher für uns zu sprechen. Daran änderte auch nichts, dass Zarkos Stellung weiterhin nachgegeben hatte und Andreas in ausgeglichener Stellung nun mitten in der Zeitnot war – 1:2 aus Friedberger Sicht.

 

Was dann jedoch eintrat, das habe ich in meiner nunmehr 34-jährigen Laufbahn als Mannschaftsspieler noch nie erlebt! Innerhalb kürzester Zeit folgte Schlag auf Schlag, die wegzustecken, wir an jenem Sonntag schlichtweg nicht in der Lage waren. Andreas überlebte die Zeitnot nicht, womit plötzlich der Ausgleich zu Buche stand. Zarko, mittlerweile in einem wohl verlorenen, wenngleich mit Spielpotential behafteten Endspiel befindend, dachte, die 40 Züge bereits gemacht zu haben und ließ sich entsprechend ohne jedwede Hektik Zeit für seinen nächsten Zug, ehe sein Gegner einen Sieg durch Zeitüberschreitung einklagte. Damit nicht genug, denn Hermann und ich wurden nahezu zeitgleich von Schachblindheit heimgesucht, sodass Hermann unvermittelt einen Bauern weniger und ich aufgrund der Umsetzung einer Idee, die idiotischer nicht hätte sein können, eine Verluststellung auf dem Brett hatte. 3:2 aus Friedberger Sicht.

 

Hier zeigten sich die restlichen Friedberger erstaunlich zahm und boten nach und nach Remis an. Während Hermann für seinen Minusbauern wenigstens einen starken Springer im Zentrum hatte, der ausreichend Kompensation bot, hätte man unseren zähen Jungmeister Alexander B. durchaus noch kneten können. Und bei mir? Ich hatte mich bereits gefragt, ob ich gleich die Segel streichen oder aber als Spitzenbrett noch etwas spielen solle, um die Moral der anderen beiden nicht zu untergraben, als mich das Remisgebot ereilte.

 

In Anbetracht der Stellungen entschlossen wir uns, die teils geschenkten halben Punkte mitzunehmen, wäre doch jedes Spielen auf Gewinn wider jede Vernunft gewesen – 4,5:3,5 aus Friedberger Sicht.

 

 

Fazit:

 

Man kann nicht sagen, dass unsere Gegner einfach einen guten Tag erwischt hatten, vielmehr war unser schlechtes Spiel, von dem Sofie ausdrücklich ausgenommen werden muss, was weniger an ihrem Sieg als an der konsequenten Umsetzung ihrer Pläne liegt, ursächlich für unsere Niederlage war. Da ich mit dem Eintritt eines solchen Verlaufs erst wieder in 34 Jahren rechne, können wir konzentriert die nächsten Runden angehen und müssen auf einen Ausrutscher der Friedberger warten. Eine Situation, die uns aus der letzten Spielzeit bestens bekannt ist, wobei die Aussichten dieses Mal wesentlich besser sind, ist doch die Liga recht ausgeglichen – siehe Saisonausblick 2017/2018.

 

Doch das Ende der Saison ist weit weg und daher heißt es, von Mannschaftskampf zu Mannschaftskampf zu denken. Wer uns unterstützen möchte, der ist am 10. Dezember in unserer „Zitadelle“ herzlich willkommen, wenn es gegen den SC Kempten 1878 geht. In der Zwischenzeit kann man hier alle Ergebnisse und Statistiken einsehen. Viel Spaß.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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One Response to Schwabenliga I: 2. Runde; SC Friedberg I – Schachfreunde Augsburg I

  1. Petra says:

    freu mich auf die nächsten 34 Jahre 😉

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