Ein großes Ausrufezeichen
Weite Fahrten, um auch einmal andere Regionen zu besuchen bzw. gegen eine gänzlich andere Gegnerschaft anzutreten, die Aussicht, einmal als krasser Außenseiter die Ellenbogen in den Tisch rammen zu müssen, um nur eine wage Hoffnung zu bewahren, am Brett zu bestehen, und die Würze der stets schlummernden Sensation, wenn sich nach den Kämpfen nicht ausschließlich die favorisierten Mannschaften über das Weiterkommen freuen, das ist die Mischung, die den Reiz des Pokals ausmacht.
Aus diesen Gründen nehmen wir seit Jahren mit schöner Regelmäßigkeit am Wettbewerb teil und steigern unser Bemühen, nicht nur Erfahrung zu sammeln, sondern nach Möglichkeit der ein oder anderen Topmannschaft als Stolperstein zu dienen. Dieses Mal wollte es das Los, dass unser Vierer, der aus Alexander Sch., Andreas, Uli und Zarko bestand, auf das Team des SK Rochade Augsburg traf, das nicht nur im letztjährigen Finale äußerst knapp unterlegen war, sondern zudem im Gegensatz zu uns sportlich auf bayerischer Ebene beheimatet ist.
Letzten Endes konnten sich unsere Jungs über einen knappen Erfolg freuen, wobei der Eintritt in die nächste Runde bereits früh festgestanden hatte, sodass nach Beendigung der ersten beiden Partien keine Spannung mehr aufkommen konnte. Herzlichen Glückwunsch. 🙂
Zweifelsohne hätte man diese Begegnung in Pfersee oder bei uns in Oberhausen stattfinden lassen können, doch aus unerfindlichen Gründen hatte es einer Fahrt ins idyllische, wenngleich von der Fuggerstadt recht weit entfernte Klosterlechfeld bedurft, um ein reines Augsburger Duell auszutragen. Bedauerlich, weshalb es vielleicht eine Anregung wäre, künftig auf zentrale Ausrichtungsorte zu verzichten und eine Auslosung im Vorfeld vorzunehmen.
Wie dem auch sei, unsere Recken waren frohgemut, obwohl den meisten von ihnen die am Sonntag zuvor erlittene Niederlage im Ligabetrieb noch in den Knochen steckte, und wollten neben Spaß auch eine Portion Erfolg einheimsen. Eine Einstellung, die auch dadurch nicht ins Wanken geriet, dass es gegen einen Regionalligisten ging, der zweifelsohne über die routinierteren Spieler verfügte. Aber so sind wir Schachfreunde nun einmal, wissen wir doch, dass kein Gegner zu Beginn einer Partie mehr Figuren hat als man selber und er erst beweisen muss, dass er überlegen spielt.
1. Brett:
In Abwesenheit meiner Wenigkeit durfte Zarko nun auch bei den Erwachsenen Platz am Spitzenbrett nehmen, wo er auf Thorsten Zehrfeld traf. Beide kennen sich aus diversen Blitzduellen, die überwiegend an den Pferseer gegangen waren, sehr gut, sodass eigentlich eine spannende Partie hätte erwartet werden können. Doch was dann kam, das entsprach eher einem Vorführen. Nach nur wenigen Zügen, in denen sowohl Weiß (Zarko) als auch Schwarz die Eröffnung ausgesprochen kreativ zu behandeln wussten, stand mein Großer, sich eines taktischen Witzes bedienend, ausgezeichnet, ließ einige wuchtige Schläge folgen und brachte damit nach etwa zwei Stunden und nur 19 Zügen die Mannschaft in Führung – 1:0
2. Brett:
Unabhängig davon, dass Uli aufgrund seiner nominellen Spielstärke ohnehin am zweiten Brett gespielt hätte, lag es auch nahe, sich Ulis „Nehmerqualitäten“ zunutze zu machen und ihn mit den schwarzen Steinen spielen zu lassen. Sein Gegenüber, ein ehedem erfolgreicher Oberligaspieler in Württemberg, gedachte wohl, die vermeintlich fehlende Reife seines jugendlichen Gegners bloßzulegen und spielte eher positionell. Allerdings erlaubte er sich schon frühzeitig eine Ungenauigkeit, wonach die Initiative an Uli überging, der diese trefflich zu erhöhen wusste. Als es dann zum taktischen Handgemenge kam, da demostrierte er eine höchst erfreuliche Sicherheit in der Berechnung, ließ plötzlich des Gegners König im Mattnetz zappeln und baute unmittelbar danach die Führung aus – 2:0.
3. Brett:
Alexander Sch. wollte einmal die Festigkeit seines Schwarzrepertoires testen, weshalb er darum bat, ein Brett aufrücken zu dürfen, ein Wunsch, dem Andreas nur allzu gerne entsprach, scheinen doch im Ligabetrieb die schwarzen Steine für ihn förmlich reserviert zu sein. Hier bekam es unser Alexander Sch. mit dem erfahreneren Birth zu tun, der aber trotzdem keinen Vorteil herauszuholen vermochte. Um die Stellung aus dem Gleichgewicht zu bringen, opferte er nicht unbedingt stellungskonform einen Bauern, sorgte aber damit für die gewünschten Verwicklungen. Doch als sich der Pulverdampf gelegt hatte, da blickte ihm ein Endspiel mit zwei Randbauern und dem falschen Läufer entgegen, welches er nach einigen der Verzweiflung geschuldeten Versuchen Remis gab – 2,5:1,5.
4. Brett:
Allein schon der Umstand, dass er endlich wieder einmal „aufschlagen“ durfte, schien Andreas Flügel zu verleihen. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass er engagiert und couragiert des Gegners „Holländer“ zu knacken versuchte. Allerdings hielt dieser stand, sodass eine Mischung aus der Zähigkeit des Gegners und Andreasens „Zeitnotkrankheit“, dafür Sorge trug, dass sich das Blatt immer mehr zu unseren Ungunsten wendete. Hätte Andreas nun die Notbremse gezogen, ein Remis wäre durchaus noch im Bereich des Möglichen gewesen. Jedoch war nach der 2:0-Führung und der entsprechenden Berliner Wertung das Weiterkommen gesichert, weshalb er alles auf eine Karte setzte und …. verlor – 2:1
Fazit:
Ein schöner Erfolg zur rechten Zeit, der uns das zweite Jahr in Folge ins Viertelfinale gebracht hat, wo wir auf den ASV Martinszell treffen. Dann werden die Martinszeller jene Rolle innehaben, die uns gegen den SK Rochade zugedacht war, was uns aufhorchen lassen sollte. Denn sind wir nicht als Außenseiter eine Runde weitergekommen? Spätestens am 04. März werden wir wissen, ob der Geschichte des diesjährigen Pokal ein weiteres schönes Kapitel aus der Sicht der Schachfreunde angefügt werden kann.
Bis dahin heißt es zu trainieren und gelegentlich einen Blick in die Ergebnisse aller Paarungen des Achtelfinals zu riskieren. Viel Spaß dabei.