Da war sogar noch mehr drin
In Anbetracht der Tabellensituation und der Tatsache, dass danach nur noch zwei Runden zu absolvieren sind, war beiden Mannschaften klar, dass sich der Sieger dieser Begegnung mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits einen der beiden begehrten Aufstiegsplätze gesichert hat. Entsprechend hatte man sich im Vorfeld bemüht, möglichst stark anzutreten, wobei wir erstmals in dieser Saison in der glücklichen Lage waren, mehr Stamm- als Ersatzspieler aufzustellen. Diesem Umstand und unseren starken Ersatzspielern war es letztlich zu verdanken, dass wir zu einem ungefährdeten Erfolg kamen, der auch durchaus noch höher hätte ausfallen können.
Dabei war es keineswegs so, dass sich die Gersthofer versteckt hätten, versuchten sie doch an so manchem Brett durch forsches Spiel ihren klaren nominellen Nachteil an den ersten beiden Brettern auszugleichen. Und so kam es, dass nicht nur Steven (8. Brett), sondern auch Erik (7. Brett), Erich (5. Brett) und Zarko (3. Brett) in der Eröffnung unter Druck gesetzt wurden, während man an den anderen vier Brettern, um Ausgleich bemüht war.
Doch eben diesen wollte Frank (2. Brett) von Anfang an nicht zulassen, hatte doch sein Gegner in der Eröffnung eine Ungenauigkeit begangen, die Frank dauerhaften Vorteil sicherte. Auch Isabel (4. Brett), der man die lange Schachpause überhaupt nicht anmerkte, zwang ihren Gegner frühzeitig in eine langwierige Verteidigung. Lediglich Jörg (6. Brett) und ich ließen es noch etwas gemütlich angehen.
Nach etwa eineinhalb Stunden machte ich wieder einen kleinen Rundgang, stellte erfreut fest, dass nicht nur Frank und Isabel ihren Vorteil vergrößert hatten, sondern auch alle anderen die erste Angriffswelle haben brechen können und teilweise schon besser standen. Insbesondere für Steven freute es mich sehr, der seine zweite Turnierpartie gleich in der Ersten absolvieren durfte. Hier hatte es sich bezahlt gemacht, dass er und ich just am Vorabend diese Eröffnung besprochen hatten, sodass er nun begann, das Geschehen zu diktieren.
Lediglich Jörg und ich gaben uns nach wie vor der Gemütlichkeit hin und ließen unseren sonst so üblichen Angriffsdrang vermissen.
Zufrieden begab ich mich wieder ans Brett und wurde umgehend von Jörg überrascht, indem er seinen Sieg vermeldete! Sein Gegner hatte nämlich in einem Moment der Unaufmerksamkeit eine Figur eingestellt und uns damit mit 1:0 in Führung gebracht.
Danach passierte erst einmal eine ganze Zeit lang nichts, bevor es dann aber nach ca. drei Stunden Schlag auf Schlag ging. Kaum dass Zarko mit einer ausgesprochen schönen Kombination zum 2:0 erhöht hatte, da kamen auch schon Erik mit einem Remis bzw. Steven und Frank mit je einem weiteren Sieg und wir führten schon uneinholbar mit 4,5:0,5!
Und weil gerade so etwas wie eine Aufbruchstimmung herrschte, schlossen Erich und sein Gegner Frieden, während mein Gegner, mittlerweile in einem hoffnungslosen Endspiel gelandet, weiteren Widerstand einstellte, womit es nun schon 6:1 stand.
Nun lief nur noch Isabels Partie, die nach dem richtigen Weg in ihrem gewonnen Turmendspiel suchte, um ihre wahrlich tolle Leistung mit einem Sieg zu krönen. Aber leider wollte es ihr zunächst nicht gelingen, sodass sie immer wieder einen neuen Anlauf starten musste. Dies zu beobachten war für mich als Trainer zwar quälend, doch als Zuschauer fand ich das sehr spannend. Letzteres empfanden offensichtlich auch andere so, denn für die nächste Zeit bis kurz vor Ablauf der Restbedenkzeit fieberten auf beiden Seiten die Mannschaftskameraden mit, bevor sich Isabel zu fortgeschrittener Stunde für den letzten falschen Plan entschieden hatte, was der zähe Gegner trefflich auszunutzen wusste, und man mit einem weiteren Remis den Endstand zum 6,5:1,5 herstellte.
Angesichts des Aufstandes der bisher sieglosen Kellerkinder kann plötzlich wieder jede Mannschaft aufsteigen, sodass man auf den kommenden Spieltag gespannt sein darf. Unabhängig von unserer guten Ausgangslage blicken wir, vor allem ich, unserem nächsten Gegner jetzt schon mit gemischten Gefühlen entgegen, geht es doch gegen die Unberechenbaren von Keres II. 😉
Ihr solltet mal froh sein, dass Ihr nicht gegen die Unberechenbaren von Caissa II spielen müsst!