Ein starker Dämpfer
Am Sonntag, den 09.02. galt es für uns, im Aufstiegsrennen den Schwung aus dem bisherigen Saisonverlauf mit auf die Zielgerade zu nehmen. Der Gegner war die dritte Mannschaft des Münchener SC. Aber obwohl wir auf dem Papier wohl als einigermaßen hoher Favorit in den 6. Spieltag gingen, war schon sehr bald klar, dass dieser Mannschaftskampf etwas anders als die Bisherigen verlaufen sollte.
Das hatte sich schon im Vorfeld angedeutet, da wir erstmals auf unser Brett 1 Alex Colovic verzichten mussten. Zwar Schade, aber immerhin langfristig bekannt, sodass wir noch einen Ersatz nominieren konnten. Allerdings mussten wir kurzfristig auch auf Misa, der am Freitag noch das Training gestaltet hatte, verzichten. So kam es, dass wir, etwas überrascht, nur an sieben Brettern die Partien starten konnten, während der Punkt am Spitzenbrett kampflos dem Gastgeber zugerechnet wurde, 0:1kl. aus unserer Sicht.
Die Aufgabe wurde dadurch natürlich nicht leichter, trotzdem hatten wir mit Alex Vuckovic, Thomas, Zarko, mir (Uli), Arthur, Andi und Sofie immer noch einen sehr wettbewerbsfähigen Restachter.
Als um kurz nach 10 dann die Runde vom Schiedsrichter gestartet wurde, ging es endlich ans Schachspielen. Die Eröffnungen an den sieben Brettern waren recht unterschiedlich. Alex sah sich mit einem geschlossenen Sizilianer konfrontiert, Thomas vertraute seinem Londoner System, Zarkos Gegner tauschte früh ein Bauernpaar, sodass eine sehr ausgeglichene Stellung entstand, ich vertraute meinem Zweispringeraufbau gegen die französische Verteidigung, Arthur wählte den Königsinder, Andi griff, ähnlich wie Thomas, auf sein bewährtes d4-System zurück und Sofie baute sich in einem geschlossenen Stellungstyp sehr vernünftig auf.
Mit der Zeit jedoch nahmen die Partien an Fahrt auf. An Brett 2 geriet Alex in einer zuvor relativ ausgeglichenen Stellung nach einigen etwas komischen Zügen ziemlich in Bedrängnis, da sein Gegner seine Figuren allmählich am Königsflügel in Angriffsstellung gebracht hatte, während die schwarzen Steine teilweise sehr deplatziert wirkten. Bei Thomas hingegen sah es genau anders herum aus, denn er hatte mit dem Läuferpaar, Raumvorteil, sowie einem gegnerischen Doppelbauer einige positionelle Vorteile vorzuweisen. Von Zarko wiederum konnte man nicht behaupten, dass er wirklich besser stünde, allerdings natürlich auch nicht besonders schlechter. Meine Stellung hatte sich in einen Stellungstyp mit heterogenen Rochaden entwickelt, was mir eigentlich immer sehr gefällt, obwohl objektiv gesehen Schwarz vielleicht etwas besser steht. Arthurs Gegner hatte sich früh dazu entschieden selbst am Königsflügel aufzurücken, eine für Schwarz oft sehr ungemütliche Variante, lenkte dann aber in eine totale Blockadestellung auf dieser Seite des Brettes ein. Bei Andi hatten sich beide Springerpaare getauscht, ohne dass jedoch schon ein Bauer vom Feld genommen wäre, wodurch die Stellung immer noch sehr ausgeglichen war. Sofie hatte sich leider einen Fehlgriff geleistet, indem sie in einer Abwicklung die falsche Figur zurückschlug und dadurch nach Abtausch aller Leichtfiguren einem ziemlich glatten Minusbauern hinterherlaufen musste.
Die erste Entscheidung fiel recht bald an meinem Brett. Mein Gegner hatte zwei Züge gewissermaßen verschwendet, bzw. ein oder zwei essenzielle Verteidigungszüge versäumt und so sah er sich meinem von ihm nicht rechtzeitig blockierten h-Bauern entgegen, der zum Sargnagel für den schwarzen König werden sollte. Denn nach einem weiteren unglücklichen Zug öffnete sich die h-Linie, sodass Schwarz bereits nach 20 Zügen unmittelbar vor dem Matt die Waffen streckte. Ein wichtiger Punkt, 1:1 Ausgleich!
Auch die zweite Partie endete zu unseren Gunsten. Die Stellung an Brett 3 wurde sehr schnell extrem schwer für Thomas´ Gegner zu spielen, bzw. der weiße Angriff spielte sich fast von allein. So kam es nicht überraschend, dass Schwarz im Angesicht eines Schwerfigureneinmarsches auf mindestens einer Linie direkt gegen den König nach keinen 30 Zügen aufgab. Eine sehr überzeugende Partie und die Führung für uns Schachfreunde, 2:1.
Diese wurde sogar noch ausgebaut, und wer hätte es anders sein können als Zarko. Wie so oft übernahm er, nachdem der Gegner die vielzitierte Spannung im Zentrum ohne Not aufgegeben hatte, die Kontrolle über das Spielgeschehen, sammelte einen Bauern ein, hatte dann die besseren Figuren sowie 2 Freibauern, und spätestens als auch noch die Damen getauscht wurden, war klar, dass hier gar nichts mehr anbrennen würde. Als schließlich jede Figur von Schwarz weit besser als ihr weißes Pendant stand, gab der Gegner auch völlig zurecht auf. Eine weitere Demonstration dafür, dass die Liga für Zarko wohl zu langweilig ist, saisonübergreifende 15 aus 15 sprechen eine deutliche Sprache.
Doch so überzeugend wie diese Partien auch waren, fast noch mehr musste einem angst und bange werden, wenn man die restlichen 4 Bretter betrachtete. Alex´ Stellung glich einer Ruine, er musste seine Dame für 2 Leichtfiguren abgeben und auch von Königssicherheit konnte noch keine Rede sein. Obwohl es ihm durch den Tausch des gegnerischen Springers kurz darauf gelang, diese erstmal halbwegs wiederherzustellen, stand er mit dem Materialnachteil natürlich weiterhin auf Verlust.
Arthurs Stellung hatte den Unterschied, dass er zwar kein Materialnachteil hatte, sein Läuferpaar allerdings tatenlos zusehen musste, wie Weiß in aller Ruhe den unvermeidlichen Durchbruch am Damenflügel vorbereitete, welchen Schwarz womöglich früher selbst hätte versuchen müssen, um nicht in diese positionell klar verlorene Stellung zu geraten.
Auch Andi hatte die Kontrolle über seine Stellung verloren, indem er einen wichtigen Zentrumsbauern eingebüßt hatte. Das entstandene Endspiel mit je beiden Läufern und einem Turm schien, als wäre es, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu halten. Am meisten Hoffnung machte tatsächlich die Stellung von Sofie, die mit Dame und Turm den mittlerweile rückständigen gegnerischen Mehrbauern sehr gut im Griff hatte. Es sah auch so aus, als würde sie der Gegner dabei nicht vor besonders große Probleme stellen, dennoch ist es immer sehr aufreibend in verflachten Stellungen lange mit Minusbauer zu spielen.
Trotz unserer Führung standen die Zeichen also in dieser sehr langen Phase tatsächlich eher auf Niederlage!
Der 5. Punkt wurde an Brett 6 vergeben. Arthur hatte mit seinem toten schwarzfeldrigen Läufer einfach keine Verteidigung gegen die Invasion auf der a- und b-Linie. Sein Gegner spielte die Stellung dabei auch souverän aus, sodass Arthur am Ende einer ziemlich frustrierenden Partie aufgeben musste, nur noch 2:3 aus Sicht der Münchener.
Bald darauf endete die Partie von Sofie. Ihr Gegner schien keinen nennenswerten Gewinnversuch zu machen und nachdem er schließlich beim Damentausch einen Bauern verlor, wurde im entstehenden Turmendspiel zurecht schon bald remis vereinbart. Sehr lange und stark gekämpft, solche Stellungen zu halten verdient ein Sonderlob! – 3,5:2,5 für uns.
Mittlerweile hatte sich unsere Situation an den beiden verbleibenden Brettern deutlich verbessert, leider stand es trotzdem noch nicht gut. Andi hatte die Türme und ein Läuferpaar abtauschen können und hatte sich, obwohl er noch einen ziemlich unbedeutenden Bauern verloren hatte, eine Art Festung aufbauen können, die ohne weiteres nicht einfach zu einzunehmen war.
Und Alex schien wieder einigermaßen im Spiel zu sein, die beiden gut koordinierten Springer zusammen mit dem aktiven Turm bereitetem dem Gegner einige Probleme. Auch wenn dieser objektiv immer noch auf Gewinn zeugte sein rauchender Kopf davon, dass er mittlerweile sehr konzentriert darauf war, das Spiel nicht noch komplett aus der Hand zu geben.
Unglücklicherweise aus unserer Sicht sollte es für Alex nicht ganz reichen. Der starke weiße Keilbauer war dafür verantwortlich, dass, nachdem die Dame auf die 8. Reihe gelangte und die Springer zum Rückzug zwang, einfach zu wenig Gegenspiel vorhanden war. Kurz nachdem auch der Turm in den Angriff manövriert werden konnte, musste der tapfer kämpfende Alex dann doch die Segel streichen.
An Brett 7 war jetzt also das alles entscheidende Spiel. Andis Gegner hatte mittlerweile einen Bauern zurückgeopfert, um im Gegenzug einen zweiten Freibauern zu erhalten. Auch die Bedenkzeit war inzwischen auf beiden Seiten nicht mehr allzu hoch, sodass Andi dem Druck standhalten musste.
Dies gelang ihm zum Glück auch, da er die gegnerischen Bauern mit seinem König blockieren konnte, wobei der Gegner für einen Zug lang glücklicherweise eine Gewinnfortsetzung verpasste, stattdessen aber einen weiteren Bauern abtauschte, sodass Andi nun wirklich einfach abwarten konnte und es keinen Gewinnversuch für den Gegner mehr gab. Folgerichtig wurde einige Züge später Remis vereinbart, Endstand 4:4.
Diese ehrlicherweise nicht eingeplante Punkteteilung ist zwar ärgerlich, allerdings haben wir immer noch alles in der eigenen Hand, siehe Ligamanager. Natürlich hatten wir in diesem Spiel den unglücklichen Umstand, zu siebt antreten zu müssen, hätten uns aber auch bei einer Niederlage nicht beschweren dürfen. Es bleibt aber dabei, dass wir in dieser Liga ohne Großmeister noch nicht gewinnen konnten. Auf jeden Fall sollten unsere Sinne jetzt zum Saisonfinale hin wieder geschärft sein, gerade die letzten beiden Spiele dürften am schwersten und wichtigsten werden.