Wettkampf mit Hindernissen
Eine äußerst seltene, wahrscheinlich sogar einzigartige Mischung aus einem neuen 2. Spielleiter der Schwäbischen Schachjugend, einer äußerst knapp bemessenen Zeitspanne zwischen dem Anmeldeschluss und meines sukzessiven Rückzugs aus der Verantwortlichkeit im Jugend- und Vorstandsbereich hatte dazu geführt, dass wir erstmals bis zum Turniertag nicht wussten, ob wir überhaupt einen Vierer aufbieten könnten.
Letztlich löste sich glücklicherweise alles in Wohlgefallen auf, auch weil Daniel vor dem Anschauen des Tyson-Comebacks seine E-Mails las und so von seiner Nominierung erfuhr. Alexandra, Raphael und Theo ergänzten das Team, fuhren heute nach Kempten und durften dank der gütigen Unterstützung der Gegner einen Sieg einfahren, der sie einen großen Schritt in Richtung Meisterschaft machen ließ. Passt schon. 😉
Wie eingangs erwähnt, ging es bei uns dieses Mal regelrecht chaotisch zu, sodass neben der Ungewissheit der Vollständigkeit einer Mannschaft auch die Frage der Logistik und vor allem des Beginn des Wettkampfs zu klären war.
Während für die Fahrt meine Wenigkeit kurzentschlossen einsprang, erfuhren wir erst gegen 22.00 Uhr des Vorabendes – Meinen herzlichen Dank an Peter Przybylski, der selbst auf einen Anruf zu unchristlicher Zeit nicht unwirsch, sondern mit großem Verständnis reagierte. -, wann wir uns im Spiellokal einzufinden hatten.
Es hieß also, um spätestens 10.00 Uhr in der Allgäuer Metrople zu sein, weshalb das Einsammeln bereits um 8.15 Uhr geplant war. Doch leider schon der Start von der Eichenhofstraße weg gestaltete sich schwierig, mussten ausgerechnet am Turniertag die Scheiben des Autos eisfrei gekratzt werden.
Damit nicht genug, gab es aufgrund der besonderen Umstände keinen zentralen Treffpunkt, sodass die Fahrt nach Kempten von der Innenstadt (Daniel, Raphael), über Friedberg (Alexandra) und Königsbrunn (Theo) führte und durch gleisendes Sonnenlicht und Raphaels Rot-Grün-Schwäche erschwert wurde.
Ferner verloren wir wertvolle Zeit mit der Diskussion darüber, ob es der Konzentration zuträglicher sei drei, fünf, neun Stunden oder eventuell überhaupt nicht zu schlafen und warum bestimmte Schlafperioden unbedingt zu vermeiden seien. Man hat als Autofahrer nichts geleistet, wenn das nicht wenigstens einmal mitgemacht hat.
Als abzusehen war, dass wir es nicht rechtzeitig schaffen würden, kontaktierten wir die Allgäuer mit einem dieser modernen Kommunikationsmittel, ernteten großes Entgegenkommen und trafen mit einer etwa zwanzigminütigen Verspätung ein.
Dann wurde aber unverzüglich Schach gespielt und das, was sich meinen alten, trüben Augen bot, ließ mir innerlich die Tränen in selbige schießen. Raphael, der es am Spitzenbrett mit dem aufstrebenden Tobias Schöll zu bekommen hatte, demonstrierte eindrucksvoll, dass er den geschlossenen Sizilianer nicht besser als sein Gegner verstanden hatte, Theo wandelte gegen den Königsindischen Angriff auf Spuren irgendwelcher verstorbener Caféhausspieler und Alexandra hatte im Vorfeld auf den Wettkampf offenbar derart viel Spannung erlebt, dass sie sich förmlich weigerte, selbige in ihrer Stellung zu halten und damit dem Gegner reichlich Entwicklung und Angriffsfläche bot. Lediglich Daniel, fest verankert in seinem Drei-Stunden-Schlaf-Modus, schien seine Theorie bestätigen zu wollen, agierte zielstrebig und ließ keinerlei Zweifel aufkommen, wer der Herr an seinem Brett ist.
Dann galt es einige bange Augenblicke zu überstehen, denn Alexandra drohte schon in der Eröffnung die Katastrophe, die der Gegner zweifelsohne herbeigeführt hätte, wenn er sich auch nur etwas mehr Zeit genommen hätte. Statt also frühzeitig für die Führung der Südschwaben zu sorgen, beschritt der junge Mann einen äußerst zweifelhaften Weg, gab zwei Leichtfiguren für einen Turm ab und beschritt damit zielsicher die Verliererstraße.
Dies gepaart mit Daniels Souveränität, der sich selbst durch des Gegners Psychospielchen nicht aus der Ruhe bringen ließ, stimmte mich nun doch optimistisch, dass wir die Heimreise als Sieger antreten werden.
Zwar stand Theo mittlerweile auf Bruch, aber Raphael hielt wenigstens noch seinen Laden zusammen, wobei die an den Tag gelegte Planlosigkeit zwangsläufig gewisse Befürchtungen bei Schreiber dieser Zeilen aufkommen ließ.
Angesichts eines möglichen Ausbleibens eines Mannschaftserfolges für uns Schachfreunde griff die Schachgöttin persönlich ins Geschehen ein, strafte Theos Gegner mit einem DWZ-Wahn, der in irriger Annahme, Theo hätte eine Wertungszahl weit jenseits der 1800, veranlasste, Remis anzubieten. Überrascht von dieser glücklichen Fügung nahm unser großer Spieler sofort an und legte damit den Grundstein zum Sieg – 0,5:0,5.
Quasi um sich zu revanchieren, wickelte Alexandra zielstrebig in ein technisch remislichen Turmunendspiel ab, in dem dem Gegner verschiedene Wege zum Erreichen des Remishafens zur Verfügung standen. Er entschloss sich jedoch für den wohl einzigen, der den halben Punkt verlor, sodass erstmals die Führung vermerkt werden konnte 0,5:1,5 aus der Sicht der Allgäuer.
Das war ungemein wichtig, denn über Raphaels Stellung türmten sich dunkelste Gewitterwolken auf, wobei der Minusbauer noch das geringste Problem darstellte. In dieser verzweifelten Situation entschloss sich Raphael das zu tun, was er am besten kann, nämlich die Stellung taktisch zu verwickeln. Natürlich änderte dies nichts an der Bewertung der Position, doch die praktischen Chancen stiegen deutlich.
Und während Raphaels Gegner noch nach dem Gewinnweg suchte, marschierte Daniels Bauern unwiderstehlich zur gegnerischen Grundreihe. Als sie dann unmittelbar vor dem Zieleinlauf standen, hatte der Gegner endlich ein Einsehen und streckte die Waffen – 0,5:2,5 aus der Sicht des SC Kempten.
Der Kampf war entschieden, was jetzt nicht zwangsläufig zur Folge hatte, dass am Spitzenbrett die Friedenspfeife geraucht wurde. Im Gegenteil! In einem taktischen Feuerwerk gelang es Raphael, der zwischenzeitlich gar einen ganzen Turm weniger hatte, ein Dauerschach zu erzwingen und sich damit für den an den Tag gelegten Mut selbst zu belohnen – 1:3 aus Sicht der Südschwaben.
Fazit:
Eine keineswegs überzeugende Leistung unserer U20-Mannschaft führte zum ersten Saisonsieg, der auf Glück und Unvermögen der Gegner fußte. Um sich den Titel auf schwäbischer Ebene zu sichern bedarf es einer deutlichen Steigerung.
Glücklicherweise steht die zweite und letzte Runde erst im Februar an, sodass noch ausreichend Zeit besteht, Baustellen zu bearbeiten, damit es kein böses Erwachen gegen die Friedberger geben wird.
Selbstredend gibt es wieder eine Tabelle zu bewundern und natürlich auch eine Sichtweise der Gegner zu lesen. Viel Spaß dabei. 🙂