Nichts Halbes und nichts Ganzes
Ausgangssituation: Seit wir in der 1. Runde mit einem 4:4 gestartet sind, ist die Tabellenspitze erst mal weg gewesen Das Aufschließen in der 2. Runde brachte uns in ihre Nähe. Nun in der 3. Runde gegen den 2. der Tabelle, Kissing II, hatten wir die Chance uns weiter nach oben zu kämpfen. Klar, daß unsere Gegner etwas dagegen hatten.
Die Voraussetzungen auf einen Erfolg schienen günstig, denn wir konnten in Stammbesetzung antreten. Alle waren da. Allerdings auch der erkältete Erik, der es sich nicht nehmen ließ, trotz Rotznase und Schlappheit unter Zuhilfenahme moderner Arzneien pünktlich zum Spiel zu erscheinen. Ich muß aber zugeben, daß mich seine Antwort auf meine Frage, ob er fit genug sei, nicht wirklich überzeugte. Von dieser Schwächung mal abgesehen konnten wir zuversichtlich in diese 3. Runde gehen. Es zeigte sich, daß unsere Gäste, die erst kurz vor Spielbeginn ankamen, nicht mit allen Stammspielern spielen würden. Traten sie doch mit einigen „Ersatzspielern“ an, aber insgesamt doch eine starke Mannschaft.
Nach ca. 1 Stunde zeichnete sich folgendes Bild ab: An Brett 1 stand ich etwas unter Druck und mußte meinen bedrohten König in Sicherheit rochieren, zentralisierte aber meine Dame. Alex jedoch meinte nach dem Spieltag nur trocken zu mir . „Nach Df5 war es um“. Das sahen aber sowohl mein Gegner als auch ich am Brett glücklicherweise anders. Außer an Brett 4 (Erik stand mit einer Minusfigur da), war an den anderen Brettern noch nicht viel los. Hier ein Mehrbauer, da ein Läuferpaar, als plötzlich an Jakobs Brett Unruhe aufkam. Offenbar hatte er seine Partie gerade gewonnen. In einem sauber gespielten Franzosen, konnte Jakob seinen Gegner von Anfang an unter Druck setzen und alles fügte sich harmonisch bis nach 23 schnellen (aber guten) Zügen sein Gegner genug hatte und anerkennend aufgab. Die Besonderheit dieser Partie war, daß zwischen den beiden Spielern, wie sie selber feststellten, doch tatsächlich 80 (!) Jahre Unterschied lag. Eine tolle Symbolik und ein Beweis dafür, daß das Schachspiel ein Spiel für’s ganze Leben sein kann.
1 : 0
Nun ging es Schlag auf Schlag. Das 4. Brett war leer, offenbar war die Partie vorbei. Nachfragen ergab, daß hier Erik schnell verloren hatte. Das war sicher seinem Zustand geschuldet. Er wollte auch schnell nach Hause. Erik ist eigentlich an seinem Brett eine sichere Bank, aber an diesem Tag hat er sich zu viel zugemutet und zahlte dafür mit dem Punkt. Kurz darauf war auch Brett 3 verwaist, diesmal meldete aber Alex (S.) einen Sieg. In einem Sizilianer, den beide offenbar gut kannten ging nach Ende der Buchzüge die Initiative schnell auf Alex über, der seinen Gegner immer mehr einzwängte und schließlich die weiße Stellung zum Kollabieren brachte. Das ging recht schnell und überzeugend.
2 : 1
Dann passierte einige Zeit wenig, bis ich meine „umme“ Stellung durch einen Angriff auf seinen Läufer und gleichzeitige 2-zügige Mattdrohung verbesserte. Allerdings ging dem ein Fehler meines Gegners voraus, der einen „natürlichen“ Damenzug machte und die offene e- Linie in Besitz nahm, jedoch meine Antwort völlig unterschätzte. Da ich kurz vorher meinen Läufer an den Brettrand gezogen hatte, passierte der Klassiker. Er übersah die etwas „versteckte“ Mattdrohung und deckte dafür seine Figur. Mit den Worten „es tut mir leid“, bot ich mit meiner Dame Schach und sofort kam die Hand zur Aufgabe. Sicher hatte er es vorher gesehen, aber beim anschließenden Rechnen verlor sich wohl der Faden wieder und er deckte eben den offensichtlicher angegriffenen Läufer. Schade,denn die Partie hätte noch leicht weitergespielt werden können.Trotzdem: Punkt für Jörg.
3 : 1
Erich spielte an Brett 6 eine gute Parte, die aber jäh kippte, als er einfach so eine Figur einstellte. Danach war es natürlich vorbei. Hier ließ eben kurz die Konzentration nach. Tja, kann auch mal passieren.
3 : 2
An Brett 8 hat uns Mehran mit seinem Spiel zum Schwitzen gebracht. Im Endspiel fieberten alle Kiebitze mit, wie diese Partie wohl ausgehen würde. Alles war drin. Mehran stand nicht so gut, aber sein Gegner machte den Sack nicht zu, Mehran fing sich wieder, hielt dem Druck stand und brachte die Partie doch noch nach Hause. Fast schon abgebrüht wie ein alter Hase behielt er die Nerven und schlug zu, als es ihm möglich war. Was haben wir gezittert, aber nun war der Punkt da. Gut gemacht !
4 : 2
Alex (R.) mußte mitbekommen haben, wie es steht, denn auf seinem Brett passierte eigentlich… nichts. Sowohl er als auch sein Gegner ließen es dabei bewenden, einfach nur Züge zu machen. Weder Alex noch sein Gegner schienen spielen zu wollen. Jedenfalls griff niemand an oder verfolgte einen (mir erkennbaren) Plan. Alex spuckte dann unnötigerweise einen Bauern, geriet dann immer mehr in leichten Nachteil, aber es wurde nicht ausgenutzt. Sah eigentlich nach einem Remis aus. Aber plötzlich ließ er einen Einschlag auf f2 zu und es war auf einmal aus. So rächte sich sein wenig ambitioniertes Spielen. Da hat einfach mehr Energie und der Wille zum Sieg gefehlt. So wurde eine Plätscherpartie leider doch noch mit einem Donnerschlag beendet und in den Gesichtern der Kissinger Spieler sah man freudige Erregung.
4 : 3
Natürlich versammelte sich nun alle, die da waren um das letzte Brett, schien doch nun das Unwahrscheinliche möglich. Werner verteidigte eine verlorene Stellung gegen 2 Freibauern mit dem Mut der Verzweiflung und gab seinem Gegenüber immer neue Probleme zu lösen. Am Ende setzten sich aber die Freibauern durch, die Werner leider vorher zugelassen hat. Da half auch kein noch so cleveres Manövrieren mit der Dame und dem Läufer. Am Schluß wäre es nur noch durch einen Patzer des Weißen zu halten gewesen. Der zeigte zwar deutliche Anzeichen der Anspannung, aber patzte nicht, sondern konnte letztlich einen Freibauern durchbringen und erspielte so das finale Unentschieden.
4 : 4
Fazit: Dieses Ergebnis hilft eigentlich niemandem weiter (eben nichs Halbes und nichts Ganzes), aber an diesem Abend war eben nicht mehr drin. Krankheit, Patzer, Einsteller, Fehler auf beiden Seiten, dieser Spieltag hatte alles zu bieten. Daher lohnt es nicht, zurückzuschauen und über verpaßte Chancen nachzugrübeln. Wir bleiben Dritter, Kissing bleibt vor uns. Nur die SG konnte den Vorsprung ausbauen. Das Verfolgerfeld bleibt sehr dicht beieinander und so wird es weiterhin spannende Verfolgerkämpfe geben.