Deutsche Jugendmeisterschaft 2015 (U14); 6. Runde

Ein Wechselbad der Gefühle

 

 

Ein Blick in die Datenbank hatte genügt, um festzustellen, dass auch ich mir wieder etwas mehr Schlaf gönnen durfte, denn die Eröffnungen der Gegner waren schon deutlich vor der Deutschen abgearbeitet worden. Am Morgen hieß es dann nur noch, allem den letzten Schliff zu verpassen, gemütlich zu frühstücken und anschließend relativ frisch, bedingt ausgeruht und mit berechtigter Zuversicht ans Brett zu gehen.

 

Uli; 6. Runde (Brett 6); „Preis der Bequemlichkeit“:

 

Während der Abschlussbesprechung vergegenwärtigte ich Uli noch den einen oder anderen eher selten anzutreffenden Plan, ohne auf die Hauptpläne weiter einzugehen, war ich mir doch absolut sicher, dass Uli diese zum einen noch kannte und außerdem im Rahmen seiner Hausaufgaben verinnerlicht hatte. Hätte ich doch nur nochmals nachgehakt!

 

Denn nachdem die Partie begonnen hatte, da sollte es nicht mehr lange dauern, bis ich in der Live-Übertragung voller Schrecken feststellen musste, dass Uli die gestellte Aufgabe bestenfalls oberflächlich bearbeitet hatte. Nicht nur, dass er sich anschickte, die falschen Pläne zu verfolgen, er vernachlässigte zudem jede Form des Verhinderns oder zumindest des Bremsens des gegnerischen Gegenspiels, weshalb er spätestens ab dem 14. Zug mit dem Rücken zur Wand stand.

 

Nur der Zögerlichkeit des Gegners gepaart mit Ulis beeindruckender Zähigkeit war es zu verdanken, dass die weiße Stellung nicht frühzeitig zusammenbrach. Viel mehr noch, Uli durfte sich in ein Turmendspiel mit Minusbauern retten, das zwar immer noch deutlich schlechter war, was vor allem an seinem abgeschnittenen König lag, in Anbetracht des bisherigen Partieverlaufs aber Anlass zur Hoffnung auf einen halben Punkt bot.

 

Doch leider hat es nicht sollen sein und der Gegner fand nach mehreren Anläufen den richtigen Weg und gewann einen weiteren Bauern, wonach Uli postwendend kapitulierte – 3,5/6. Sehr bedauerlich, weil eigentlich unnötig. 🙁

 

Zarko; 6. Runde (Brett 16); „Das Durchschreiten der Talsohle“:

 

Wenn sich jemand in der „Sturm und Drang“-Zeit befindet, dann kommt er nicht umhin, auch das „Morra Gambit“ auszuprobieren. Daran ist ja grundsätzlich nichts auszusetzen, doch sofern das Gambit die einzige Möglichkeit im Repertoire ist, um den Sizilianer zu bekämpfen, dann wird es wiederum problematisch. Einem solchen Gegner saß Zarko am Brett gegenüber und er freute sich sichtlich auf die Partie.

 

Sein Optimismus sollte sich bestätigt sehen, denn nach dem Absolvieren der ersten Züge offenbarte Weiß nicht nur das Fehlen eines unbedingten Angriffswillens, sondern auch gewisser Defizite im Verständnis dieser wilden Eröffnung. Deswegen durfte sich Zarko frühzeitig über einen gesunden Mehrbauern freuen, den er nach einigen kleineren Umwegen, welche angesichts zweier Niederlagen in Folge psychologisch verständlich sind, geschickt einsetzte und deswegen die Partie in einem Angriff zu gewinnen vermochte – 3/6. Geht doch! 🙂

 

Kommentar des Trainers:

 

Unabhängig davon, dass mich Ulis erste Niederlage vor dem Hintergrund der Vorgeschichte deutlich geärgert hatte – Es war in dieser Form wirklich vollkommen unnötig! -, versuchte ich dem Tag dahingehend etwas Positives abzugewinnen, dass wenigstens Zarko wieder etwas durchschnaufen konnte. Aber die Tasache, dass ein Doppelsieg durchaus im Rahmen des Möglichen gewesen wäre, nagte an diesem Tag an mir.

 

Und so kam es, dass während sich die Jungs entspannten, ich auf dem Crosstrainer im hoteleigenen Fitness-Studio einen neuen persönlichen Rekord aufstellte, ohne die Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen, mir Gedanken über die nächsten Gegner zu machen. Denn wie heißt es doch so schön: „Nach der Partie ist vor der Partie!“ 🙂

 

Apropos Partien, diese kann man hier nachspielen und die dazugehörige Tabelle nach der sechsten Runde kann man gleichfalls sehen.

 

 

 

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