Eine reine Nervensache
Das Jahr 1951 war für die Schachwelt besonders erfreulich, denn damals wurden nicht nur der spätere Weltmeister Anatolij Karpov und so ausgesprochen starke Großmeister wie beispielsweise Ulf Andersson, Zoltan Ribli oder Rafael Vaganian geboren, auch unser Hannes erblickte zu jener Zeit im hiesigen Augsburg das Licht der Welt. Und eben dieser Hannes des „goldenen Jahrgangs“ fehlte uns ausgerechnet im Spitzenkampf gegen Mering II, weshalb wir mit einer nicht gerade ausgeprägten Zuversicht nach Mering fuhren. Dort trennten wir uns nach einem insgesamt spannenden Kampf mit einem Unentschieden, was angesichts der Umstände als ein gefühlter Sieg bewertet werden darf.
Wenigstens ein wenig war uns das Glück treu geblieben, denn uns stand wieder unser unverwüstlicher Jorge zur Verfügung und mit Alexander Sch. verstärkte jener Ersatzspieler unser achtes Brett, der sich momentan in einer hervorragenden Form befindet. Um diese beiden Spieler ergänzt trafen wir – Alexander B., Andreas, Hermann, Martin, Zarko und ich – so rechtzeitig in der Meringer Schlossmühle ein, dass der Wettkampf pünktlich beginnen konnte. Das heißt, für uns Spieler begann die sportliche Herausforderung, während sich unsere mitgereiste Schlachtenbummlerin Simone auf den Weg machte, um alle mit Getränken zu versorgen, wofür ich ihr an dieser Stelle herzlich danken möchte! 🙂
Im Verlauf der 22 Jahre, die ich nunmehr in Augsburg wohne, habe ich dermaßen viele Partien gegen meinen Gegner Winfried gespielt, die allesamt 1. e4 e5 zum Thema hatten, dass ich mich im Vorfeld entschlossen hatte, ihn mit etwas Neuem zu überraschen. So staunte er nicht schlecht, als plötzlich 1. d4 auf dem Brett stand! Nach nur wenigen Zügen stellte ich zufrieden fest, dass mein kleines Experiment geglückt war, denn durch diverse Zugumstellungen fanden wir uns beide in einem Sizilianer wieder, in dem zwar meine Figuren etwas unkoordiniert standen, ich dafür aber genau wusste was zu tun ist, während mein Gegner ob des ihm unbekannten Stellungstyps etwas unbeholfen wirkte.
Zeitgleich baute sich Zarko zunächst ruhig gegen des Gegners „Katalanen“ auf, Hermann packte den scharfen Panow-Angriff aus und schien den Gegner sofort überrennen zu wollen, wohingegen Martin und die beiden Alexanders mit Schwarz zunächst den sicheren Ausgleich suchten und Andreas schien an diesem Tag besonders kämpferisch aufgelegt zu sein, sodass sich schon früh später folgende Angriffe abzuzeichnen begannen. Eine besondere Erwähnung verdient Jorge, der des Gegners Gambit nicht nur angenommen hatte, sondern auch die Züge nur so abfeuerte, als wenn die Entscheidung binnen weniger Minuten fallen müsse und werde.
Diese Entscheidung sollte auch tatsächlich recht bald erfolgen, denn in komplizierter Stellung gönnte Jorge sich und seiner Stellung nicht die dringend benötigte Zeit, um alle Probleme zu erfassen, geschweige denn zu lösen, was sein Gegner dazu nutzte, die Meringer in Führung zu bringen – 0:1-Rückstand.
Auch unsere nächste Weißpartie sollte uns keine große Freude bereiten, denn nach einem zu forsch vorgetragen Angriff sah sich Hermann plötzlich mit einem starken Gegenangriff konfrontiert, dem er angesichts der weißen Felderschwächen und des im Zentrum unsicher stehenden Königs nicht mehr beizukommen wusste und die Waffen streckte – 0:2-Rückstand.
Von hier an sah die Zukunft düster aus, denn zum einen hatten wir noch nie einem 0:2-Rückstand hinterherlaufen müssen und zum anderen sahen die Stellungen auf den restlichen sechs Brettern nicht vielversprechend aus. Zwar hatte ich vermocht, meinem psychologischen Vorteil einen kleinen Stellungsvorteil hinzuzufügen und Andreas stand recht druckvoll, aber bei Zarko, Martin und Alexander Sch. war von Vorteil keine Spur und unser Jüngster hatte ein wohl verlorenes Springerendspiel mit Minusbauern auf dem Brett.
Dann war es Martin vergönnt, den ersten halben Punkt für uns beizusteuern, der aber nicht nennenswert zur Steigerung der Moral beitrug, durfte man doch schon mit dem Remis rechnen und außerdem brachte man damit die Meringer dem Mannschaftssieg wieder ein Stückchen näher – 0,5:2,5-Rückstand.
In dieser Situation entschloss sich Andreas, nachdem er mehrere ausgezeichnete Möglichkeiten ungenutzt hatte verstreichen lassen, zu einem Figurenopfer für drei Freibauern. Doch kaum dass er mit der Umsetzung seines Vorhabens begonnen hatte, da stellte er fest, dass seine Kombination ein großes Loch aufwies und bot, ehe sich die Rauchschwaden verziehen sollten, Remis an, was der Gegner freudestrahlend annahm, ehe ihm gewahr wurde, dass er damit einen halben Punkt verschenkt hatte!
Diese Entwicklung bei Andreas und das nahezu zeitgleich vereinbarte Remis am sechsten Brett, Alexander B. hatte mit seiner Zähigkeit seinen erfahrenen Gegner zermürbt, weshalb dieser weitere Gewinnversuche eingestellt hatte, gaben den restlichen drei Schachfreunden trotz des nunmehr 1,5:3,5-Rückstandes einen regelrechten Auftrieb!
Alexander Sch. sorgte in des Gegners Zeitnot für ein taktisches Wirrwarr, aus dem er mit einer Mehrfigur zu gehen drohte, hatte sich doch des Gegners verbliebener Springer ziemlich verlaufen und drohte abgeholt zu werden, Zarko zündete nun das Brett an und ich wickelte in ein deutlich vorteilhaftes Endspiel ab.
Plötzlich, zugegebenermaßen unverdient, sah es so aus, als wenn sich das Blatt zu unseren Gunsten gewendet hätte. Ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wurde, dass Zarkos und mein Gegner nahezu kampflos die Segel strichen und wir unvermittelt den 3,5:3,5-Ausgleich in den Spielberichtsbogen eintragen durften.
Doch soviel Gnade wollte uns Caissa dann doch nicht zuteil werden lassen und ausgerechnet unser Alexander Sch. sollte dies zu spüren bekommen. Denn gerade als Zarko und ich unsere vollen Punkte einfuhren, da wunderte er sich kurz über den letzten Damenzug seines Gegners, schrieb diesen dessen Zeitnot zu und schickte sich an, den verlaufenen Springer endlich abzuholen. Leider übersah er dabei, dass sein Turm ungedeckt war, weshalb anstatt eines Spielens mit einer Mehrfigur das Kämpfen mit einer Minusqualität auf dem Programm stand.
Hier stellte sich Alexander Sch. sehr geschickt an und mit fortlaufendem Spiel bzw. beim Gegner damit einhergehend anbahnender neuen Zeitnot wurde es dem Gegner zu bunt, weshalb er sich für den berühmten Spatz in der Hand entschied. Das Remis der beiden besiegelte zugleich das 4:4-Unentschieden, womit ein weiteres Mal eine Niederlage unserer Ersten vermieden werden konnte! 🙂
Fazit:
Mit diesem Unentschieden können wir gut leben, wenngleich nun wahrscheinlich ein Fernkampf zwischen uns und den Meringern entbrennen wird, sind wir doch auch nach drei Runden immer noch gleich an Mannschafts- und Brettpunkten. Allerdings müssen wir dieses Duell nicht unbedingt fürchten, denn die starken Meringer müssen nicht nur noch gegen die gleichfalls starken Kissinger bzw. Mannen vom SK Keres antreten, sie müssen auch noch dafür Sorge tragen, dass der direkte Wiederaufstieg der Ersten in die Regionalliga nicht gefährdet wird. Insgesamt eine große Belastung.
Und was uns betrifft, wir sollten in den nächsten Kämpfen möglichst konzentriert und vollzählig antreten, um jede Gelegenheit zu nutzen, uns von den Meringern abzusetzen. Zunächst heißt es jedoch gegen Kriegshabers Dritte, die sich überraschend im Abstiegskampf befindet und daher recht gefährlich ist, zu siegen. Ob uns das gelingen wird oder ob uns die lauernden Spieler aus Gersthofen oder von Keres noch einholen werden, das wird sich nach dem vierten Spieltag zeigen.
Hier geht es zum Ligamanager, wo Ihr alle Einzelergebnisse ersehen könnt. Viel Spaß! 🙂