Ein wahrlich starker Auftritt
Die zweite Etappe unseres Abenteuers „U20-Landesliga“ führte uns ins fränkische Allersberg, wo es unsere Recken – Zarko, Erik, Mehran und Paul – mit den starken Teams aus Stetten und Nürnberg zu tun bekommen sollten. Zwar blieben die erhofften Punkte aus, denn man verlor beide Kämpfe denkbar knapp, womit unsere Mannschaft in den Abstiegsstrudel geraten ist, aber ob der gezeigten Moral und Leistung können die Jungs stolz auf sich sein. Der Trainer zumindest ist es! 🙂
Zugegeben, die Reise begann nicht gerade vielversprechend, denn schon der Fahrkartenkauf, der ausnahmsweise in Eigenregie hatte vorgenommen werden müssen, bereitete wesentlich mehr Schwierigkeiten als man allgemein hätte erwarten können. Doch nachdem wir diese überraschende Hürde genommen hatten, da bestiegen wir den entsprechenden Zug und entspannten uns, war es doch erst 7.17 Uhr.
Diese Entspanntheit, man konnte sogar beinahe von Gelassenheit sprechen, hielt auch dann noch an, als sich herausstellte, dass der Allersberger Bahnhof ein gutes Stück von der Ortschaft entfernt war, sodass uns ein längerer Fußmarsch bevorstand. Und auch wenn dieser im Stile eines Stechschritts vorgenommen worden war, konnten wir es doch nicht vermeiden, erst kurz nach dem offiziellen Turnierbeginn im Spielsaal einzutreffen, wo die Gegner bereits an den Brettern saßen.
2. Runde: Spvgg Stetten – Schachfreunde Augsburg 2,5 : 1,5
Ohne eine letzte Besprechung nahmen unsere Jungs am jeweiligen Brett Platz und legten gleich los. Am Spitzenbrett bekam es Zarko zwar nicht wie erwartet mit Stettens Spitzenspielerin Jana Schneider zu tun, aber ihm wurde dennoch eine „Schachamazone“ vorgesetzt, die mit der Französischen Verteidigung unseren Topspieler zu neutralisieren versuchte. Auch Mehran am dritten Brett wurde der „Franzose“ vorgesetzt, sodass hier ein Thematurnier drohte. Nicht anders erging es Erik und Paul, die gegen zwei Brüder anzutreten hatten. Allerdings stellte sich hier die Situation verschärfter dar, denn bei beiden stand das Damengambit auf dem Brett, in dem sie an der gleichen Stelle offenbarten, dass sie die Verteidigungsidee nicht ganz verstanden und bis zum 13. Zug eine identische Stellung auf dem Brett hatten.
Während sich Paul aber zur „Schablone“ hinreißen ließ, womit seine ohnehin schwierige Stellung nahezu unhaltbar wurde, nahm Erik eine Auszeit und wartete danach mit einer interessanten Blockadeidee auf – wahrscheinlich das beste in dieser Konstellation. Von da an entwickelten sich die Partien vollkommen unterschiedlich, indem bei Erik ein spannender Kampf entfachte und bei Paul schon bald die Niederlage feststand – 0:1-Rückstand.
Schon bald sollte jedoch der Ausgleich folgen, hatte doch Zarko zwischenzeitlich einen Stellungsvorteil erzielt, diesen in einen materiellen Vorteil umgemünzt und schickte sich nun an, den etwas schutzlosen König der Gegnerin ins Visier zu nehmen. Um dies schneller umsetzen zu können, entschloss er sich, einen Teil seines Vorteils herzugeben, wofür er tatsächlich mit einem raschen Sieg belohnt wurde – 1:1-Ausgleich.
Genau zu diesem Zeitpunkt blickte ich zuversichtlich in die Zukunft, denn Erik hatte sich klaren Vorteil erarbeitet und sein Gegner steuerte auf eine Zeitnot zu. Auch Mehran war weiterhin derart am Drücker, dass sich sein Gegner für ein Remis hätte deutlich strecken müssen. Doch leider währte diese Einschätzung nur kurz, denn unmittelbar danach stellte Mehran unvermittelt eine Qualität ein, was wiederum nicht gar so schlimm gewesen wäre, wenn danach nicht ein großangelegter Abtausch unvermeidbar gewesen wäre. Doch nur ein 2:2?
Alles deutete darauf hin, zumal Eriks Gegner nicht nur einen Minusbauern hatte, sondern in Zeitnot auch zahlreiche Probleme lösen musste. Als er dann einen Turm berührte, da schien Eriks Sieg eine ausgemachte Sache zu sein, denn jeder Turmzug sollte bald zum Verlust führen. Dies schien der Gegner in diesem Moment gleichfalls erkannt zu haben, stellte den Turm zurück und ließ weitere wertvolle Minuten verstreichen, bevor er, der drohenden Niederlage durch Zeitüberschreitung trotzend, mit einer anderen Figur zog. Hätte Erik jetzt auf Einhaltung der „Berührt-geführt-Regel“ bestanden, hätte man dem Mannschaftskonto bald einen weiteren Punkt hinzufügen können, doch leider war unser Recke derart nervös, dass er die vorhergehende Handlung vergaß, weiterspielte und leider zielsicher in ein remisliches Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern abwickelte, das nach der Zeitnot auch bald zum Remis erklärt wurde – 1,5:1,5. Das war bitter!
Kurz danach kapitulierte Mehran, der zwar seinem Gegner erbitterten Widerstand geleistet hatte, sich aber letztlich doch hatte beugen müssen, womit die unnötige 2,5:1,5-Niederlage feststand. 🙁
Mittagspause:
Die anschließende Mittagspause wurde in erster Linie dazu genutzt, dem Körper die verbrauchte Energie wieder zuzuführen, wozu die von den Allersbergern gereichten Eintopf und Kuchen bestens geeignet waren, bei einem Spaziergang Luft zu schnappen und wieder runterzukommen. Aber auch eine kurze Vorbereitung stand auf dem Programm, um nach Möglichkeit frühzeitig in Vorteil zu kommen.
3. Runde: Schachfreunde Augsburg – SC Noris-Tarrasch Nürnberg 1,5 : 2,5
Beim Ausfüllen der Spielberichtskarte wurden wir von den Gegnern dahingehend überrascht, dass die Bretter eins bis drei um je eins nach hinten rutschten, während das ursprüngliche vierte Brett sogar eine Auszeit bekam. Was war geschehen? Nun, der Nürnberger Betreuer hatte ob des starken Auftritts unseres Vierers die Nähe Allersbergs zu Nürnberg genutzt und das reguläre Spitzenbrett anrücken lassen!
Davon unbeeindruckt gingen unsere Jungs engagiert zu Werke und legten einen verheißungsvollen Start hin! Zarkos Stellung schmiegte sich förmlich an des Gegners Katalanen an, Erik durfte sein Gegenüber anspringen, Mehran drohte weit und breit keine Gefahr und Paul ließ sich von der Rotation der gegnerischen Mannschaft nicht verwirren, sondern baute sich ambitioniert gegen die Philidor Verteidigung auf.
Leider sollte schon bald eine Eintrübung folgen, denn Erik war die genaue Zugfolge nicht mehr geläufig, was in scharfen Varianten nie gut ist, geriet alsbald ins Hintertreffen und verlor – 0:1-Rückstand.
Trotzdem blieben die zuletzt in diesen Situationen üblichen Sorgenfalten des Trainers aus, suhlte sich Paul förmlich in seiner heißgeliebten Taktik – Es war wirklich beeindruckend, was er in dieser Phase ablieferte! -, Mehran verfügte über einen gesunden Mehrbauern und Zarko ließ seine Figuren in des Gegners Stellung derart tänzeln, dass sich dieser veranlasst sah, frühzeitig ums Remis zu winseln. Es roch förmlich nach einem Sieg!
Es sollte sich jedoch bald jenes Problem offenbaren, welches der Mannschaft bisher noch größere Erfolge vorenthalten hat, nämlich die fehlende Turnierhärte, ist doch das Team nicht daran gewöhnt, dass sich die Gegner auch in schlechten Stellungen zäh und dauerhaft wehren. So hatte Paul zwar zwischenzeitlich eine Qualität gewonnen, doch aufgrund einiger Ungenauigkeiten nicht nur wieder verloren, sondern auch noch ein schlechteres Endpiel zu meistern. Um dies erfolgreich gestalten zu können, fehlte ihm schlichtweg die Erfahrung und er musste seine Niederlage quittieren – 0:2-Rückstand.
Angesichts dieses Zwischenstandes konnte man Zarkos Verzweiflung förmlich greifen, denn er versuchte alles, aber auch wirklich alles, um den Widerstand des Gegners zu brechen, aber irgendwie schien alles wie durch ein Wunder zusammengehalten zu werden. Als er dann auch noch die Brechstange auspackte, da wäre um ein Haar der Schuss nach hinten losgegangen, aber schließlich umschiffte er die neu entstandenen Probleme und willigte in ein Remis ein, womit die Niederlage perfekt war. 🙁
Apropos perfekt, Mehran hatte sein Guthaben auf nunmehr zwei Mehrbauern erhöht und zelebrierte förmlich sein Turmendspiel. Sei es, dass der Gegner es nicht gesehen oder er Mehran das Gewinnen nicht zugetraut hatte, quälte er unseren Mehran noch so lange, bis eine Umwandlung bevorstand. Dann gab er auf und wir konnten die Heimreise antreten.
Anmerkung des Trainers:
Sicher ist es bedauerlich, dass man nicht nur zwei äußerst knappe Niederlagen hat hinnehmen müssen, sondern auch einige Möglichkeiten ungenutzt verstreichen ließ. Aber man konnte es auch deutlich sehen, wieviel Potential in dieser Mannschaft steckt und dass es richtig war, jetzt schon in dieser Altersstufe ein Team zu melden, damit man die nötige Härte gewinnt, bringt es einen doch nicht wirklich weiter, sich in anderen Wettbewerben gegen schwächere Gegnerschaft mit hohen Siegen durchzusetzen. Sollte die Klasse gehalten werden, wovon man in Anbetracht der gezeigten Leistung ausgehen darf, so wird unser Nachwuchs in der nächsten Spielzeit sicher ganz oben mitspielen.
Hier geht es zum Ligamanager und einem Bericht der Gastgeber aus Allersberg, die sich im vereinseigenen Spiellokal wirklich rührend um alles gekümmert haben. Herzlichen Dank.