Deutsche Jugend-Meisterschaft 2013; 1. Teil

Freut Euch, wenn Ihr Schwaben seid!

 

Obwohl sich das Team bestehend aus zwei Kindern – Robert und Zarko –  und Papa bereits auf mehreren Turnieren bewährt hatte, beschlossen wir, bei der diesjährigen Deutschen versuchsweise eine noch größere Männer-WG zu bilden, indem wir mit unseren Freunden aus Buchloe, Uli und Olaf Weller, ein gemeinsames Appartement in Oberhof bezogen. Dieser Versuch erwies sich für alle Beteiligten als dermaßen gut, dass nicht nur die Kinder je einen grandiosen Erfolg feiern konnten, auch die Väter genossen diese Zeit und erlebten trotz aller Anstrengungen ein äußerst entspanntes Turnier, weshalb diese Konstellation auch für weitere Meisterschaften geplant ist! 🙂

 

Die Aufgabenverteilung war denkbar einfach, denn Olaf und ich sollten für die körperliche bzw. geistige Fitness sorgen, das Freizeitprogramm organisieren, immer wieder etwas Leckeres auf den Tisch bringen, eine gute Vorbereitung auf den jeweils nächsten Gegner gewährleisten, im Bedarfsfall Trost spenden und notfalls die Aufrechterhaltung der Diszplin durchsetzen, während unsere Kinder nebem dem vorrangigen Schachspielen nur noch für das Holen frischer Backwaren eingespannt wurden. Mit dieser gerechten Aufgabenverteilung hofften wir, den Kindern zum größtmöglichen Erfolg zu verhelfen, was ja auch letztlich eintrat, auch wenn es anfangs nicht unbedingt danach ausgesehen hatte.

 

1. Tag der ODEM U 25 B bzw. der U 12:

 

Robert:

 

Die Zielsetzung für Robert lautete, endlich jene Ruhe am Brett zu finden, die unbedingt nötig ist, um nicht nur gutes Turnierschach zu spielen, sondern die ihm vor allen Dingen dazu verhelfen sollte, sein Potential abrufen zu können. Da kam es ihm entgegen, dass ihm sein Gegner der ersten Runde in seinen Italiener reinlief. Es dauerte auch nicht lange und Robert erhielt tatsächlich eine Traumstellung, die er allerdings durch zu schnelles Spiel in kürzester Zeit verdarb und letztlich sehr schnell verlor. Angesichts der Vorgabe und der dargebotenen Leistung war meine Stimmung entsprechend.

 

Doch schon in der zweiten Partie des Tages setzte eine abrupte Kehrtwende in Roberts Verhalten ein, indem er sich plötzlich genau jene Zeit nahm, die er offensichtlich benötigt, lieferte eine tolle Partie gegen einen anderen Vertreter aus Bayern ab, auch wenn er sich am Ende der Partie mit nur einem Zug um die Früchte seiner Arbeit brachte und abermals verlor. Doch das war definitiv der richtige Weg, weshalb er zurecht mit Lob überhäuft wurde – 0/2.

 

Uli:

 

Bei seiner ersten nationalen Meisterschaft sollte Uli zunächst einmal alles ruhig auf sich zukommen lassen und einfach die Stärke der neuen Gegnerschaft ausloten. Da kam der spätere Deutsche Meister Julian Martin gerade recht und es schien lange Zeit so, als würde sich dieser an Ulis „Maginot-Linie“ der Französischen Verteidigung aufreiben, obwohl Uli zwischendurch etwas den Faden verloren hatte. Doch dem permanten Druck Tribut zollend, ließ die Aufmerksamkeit des Verteidigers nach, wonach Weiß eine klare Gewinnstellung erlangte. Aber  Ulis Zähigkeit und dem ungenauen Spiel des Gegners war es zu verdanken, dass Schwarz noch in die Partie fand, die aber unnötigerweise im Bauernendspiel verloren ging.

 

Quasi als Entschädigung für diese kräfteraubende Partie durfte Uli am Nachmittag gegen einen Spieler aus dem Saarland antreten, der sich, nachdem die auswendig gelernten Züge ausgegangen waren, innerhalb von nur 14 Zügen Matt setzen ließ. Das nutzte Uli ausgiebig zum Kibitzen und sich mental auf unser privates Freizeitprogramm vorzubereiten – 1/2!  🙂

 

Zarko:

 

Trotz seiner Erfahrung auf nationaler Ebene und seiner auf der Bayerischen demonstrierten reifen Spielanlage sollte auch Zarko die ganze Sache locker angehen. Da kam es ihm natürlich entgegen, dass er in der 1. Runde nicht nur als Spieler der oberen Hälfte gelost worden war, seine Gegnerin tat ihm auch den Gefallen, ihm geradewegs in die Variante zu laufen, was zur Folge hatte, dass er nach bereits 14 Zügen eine klare Gewinnstellung auf dem Brett hatte, die er sauber verwandelte.

 

Der wohl allzu leicht errungene Sieg in der 1. Runde trug vielleicht die Schuld daran, dass Zarko ungewohnt leichtsinnig in die zweite Partie ging. Dies hatte zur Folge, dass er durch schnelles Ziehen zwei Varianten miteinander verwechselte und bereits nach weniger als zehn Zügen eine schwierige Stellung erhielt. Und nachdem der Gegner den Druck immer mehr erhöht hatte und Zarkos Rechenkraft sich einfach nicht einstellen wollte, wurde sein König noch vor dem 30. Zug kurzerhand erlegt – 1/2. Da war eigentlich mehr drin.

 

Das Betreuerteam:

 

Olaf und ich litten richtigehend mit, auch wenn wir wegen der ganzen Eingewöhnung nicht die Zeit fanden, zu kibitzen. Dafür kredenzten wir den Jungs nach dem Frühstück noch zwei weitere leckere Mahlzeiten und während ich mir Gedanken um die Gegner der nächsten Runde machen sollte, ging Olaf selbstbewusst allein gegen die Jungs Fußball spielen. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte, denn die jungen Hupfer ließen ihn erbarmungslos laufen, weshalb er völlig erschöpft, wenn auch mit einer ehrenvollen 2:3-Niederlage im Rücken, zurückkehrte.

 

2. Tag der ODEM U 25 B bzw. der U 12:

 

Robert:

 

Kaum war eine Nacht vergangen, schon schien Robert alles vergessen zu haben! Denn kaum dass er am Brett war,  da legte er schon los wie die Feuerwehr und ich wandte mit Grausen ab. Es dauerte auch tatsächlich nicht lange und der kleine Mann verkündete mir strahlend seinen Sieg. Als er jedoch meine kühle Gratulation wahrnahm, da versprach er mir, von nun an wirklich nur noch langsam und überlegt zu spielen, was ich wiederum zum Anlass nahm, ihn, quasi in Vorleistung, mit einigen Flipperrunden zu bedenken, etwas, was er sichtlich genoss.

 

Wie ernst es ihm mit seinem Versprechen war, das erkannte ich erst, als ich am Nachmittag nach Erledigung der häuslichen Pflichten bei ihm vorbeischaute. Ob des großen Bedenkzeitverbrauchs meines „Tals in der Westentasche“ vollkommen irritiert, suchte ich Olaf auf und erfragte, ob denn Robert zu spät zur Runde erschienen sei, was dieser entschieden verneinte. So kam es, dass Robert durch konzentriertes Spiel, die Dame der Gegnerin zu fangen vermochte, und auch wenn er dann im Anschluss einige ungenaue Züge einstreute, so gewann er doch die Partie letztlich hochverdient – 2/4! Sehr schön!

 

Uli:

 

Nach einer kurzen Wiederholung am Morgen, wir hatten ja alles vor der Meisterschaft akribisch vorbereitet, feierte Ulis Holländische Verteidigung Premiere! Der Gegner wurde davon ganz offensichtlich überrascht, denn er brachte keine vorbereitete Zugfolge aufs Brett, sondern bekämpfte Ulis System recht bieder, sodass Weiß keinen Vorteil aus der Eröffnung herauszuholen vermochte. Es war also eine Stellung ganz nach unserem Geschmack, in der man gefahrlos auf Gewinn spielen konnte, was Uli dann auch tat. Der Lohn seiner Bemühungen war nicht nur ein schöner Sieg, sondern vor allen Dingen ein noch besseres Verständnis für diesen Stellungstyp. Toll!

 

Die zweite Partie des Tages bescherte ihm den Kampf gegen Caro-Kann, den er gelassen aufnahm. Er spielte umsichtig und trickreich und in einem Moment, als die Aufmerksamkeit des Gegners nicht ganz auf der Höhe war, da gewann er einen Bauern, wickelte zielstrebig in ein gewonnens Endspiel ab, machte dort bis kurz vor Schluss alles richtig und betrog sich dann selber um den wohlverdienten Sieg. Das war damit schon die zweite Partie des Turniers, in der Uli im Endspiel einen halben Punkt verschenkte, weshalb wir künftig unser Augenmerk verstärkt darauf werden richten müssen – 2,5/4. Trotzdem ein erfolgreicher Tag für den jungen Buchloer Meisterspieler!

 

Zarko:

 

Als Zarko erneut ein Mädchen zugelost bekam, da rümpfte Uli schon etwas die Nase, waren sie doch aus Bayern ausgezogen, um die Jungs der anderen Landesverbände das Fürchten zu lehren. Nun, Zarko war das in diesem Moment egal. Er holte sich nach nur zehn Zügen seinen ersten Mehrbauern, wobei er eine Stellung erreichte, die seinem „Anaconda-Stil“ vollumfänglich entsprach. Weitere zwölf Züge später heimste er den zweiten Bauern ein und wiederum zwölf Züge später gab die Gegnerin frustriert auf. Eine wirklich nette Partie.

 

Am Nachmittag traf er dann mit Sebastian Reimann auf einen alten Bekannten, was eine spannende Partie versprach. Zarko griff nach seinem Desaster in der zweiten Partie auf den altbewährten Franzosen zurück, wobei er eine kleine aber feine Zugumstellung einbaute. Dies führte dazu, dass er genau jene Stellung erhielt, die wir beim Training bereits mehrfach auf dem Brett gehabt hatten, womit er einen kleinen psychologischen Sieg aus der Eröffnung davontrug. Allerdings zog Weiß schnell die Notbremse, baute sich fest auf und bot so Zarko die Möglichkeit, einen Fehler zu machen, den dieser in seinem Vorwärtsdrang auch prompt beging. Danach stand er schlechter, brachte einige kleine Tricks an, die aber ziemlich wirkungslos blieben. D.h. beinahe wirkungslos blieben, denn sie schienen zur Folge zu haben, dass Sebastian in besserer Stellung nicht mehr an den Sieg glaubte, einige zu ruhige Züge einstreute und man sich letztlich auf ein Remis einigte – 2,5/4. Das ging ja noch einmal glimpflich aus.

 

Das Betreuerteam:

 

Während sich die Jungs beim Schach vergnügten, bereiteten wir Väter alles vor und besprachen unsere Taktik für den Abend, wenn es wieder auf den Bolzplatz gehen sollte. Im Prinzip war alles klar und lediglich die Höhe unseres zu erwartenden Sieges bedurfte noch der Klärung. Doch als wir das Feld der Ehre betraten, da trainierte gerade ein älterer Herr mit einem achtjährigen Jungen, die wir beide ganz spontan einluden, bei uns mitzuspielen. Nachdem der Fußballer gehört hatte, dass wir Schachspieler seien, da trat er äußerst selbstbewusst auf, teilte die Mannschaften „gerecht“ ein und das Debakel konnte beginnen. Denn nach wenigen Minuten wurde er regelmäßig von Robert, Uli oder Zarko, Olaf hielt sich glücklicherweise etwas zurück, überrannt und wir lagen hoffnungslos hinten. Er wunderte sich sehr darüber, erkannte aber alsbald, dass alle drei Gegenspieler Mitglied in einem Fußballverein sein mussten und zollte ihnen Respekt. Als unsere Mannschaft dann um Olaf verstärkt wurde, da kam zwar wesentlich mehr Spiel auf, aber unser Sorgenkind blieb ausgerechnet unser Fußballer, sodass letzten Endes die Jugend einen weiteren Sieg davontrug!

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