Leise rieselt der Schnee
Eigentlich hätten die besinnliche Adventszeit und vor allem die Aussicht auf die bevorstehende Winterpause mit der damit einhergehenden Erholung Garanten dafür sein müssen, dass auch die vierte Runde der Regionalliga vollkommen entspannt über die Bühne geht. Dies umso mehr, da wir mit dem SK Rochade Augsburg auf einen Nachbarn aus unserer schönen Fuggerstadt trafen.
Doch dem war leider nicht so, vielmehr sollte der Wettkampf in einer überaus eisigen Atmosphäre vonstatten gehen, worin sich das Ausbleiben jedweder Punkteteilung trefflich fügte. Am Ende durften wir uns über einen knappen Erfolg freuen, der wohl durchaus in Ordnung geht und uns überraschenderweise plötzlich ins Rennen um den Aufstieg katapultiert hat.
Beim letzten Durchsichten der gegnerischen Aufstellung fiel mir unvermittelt auf, dass in den Reihen des SK Rochade Augsburg ein sehbehinderter Spieler geführt wurde, der möglicherweise gegen uns zeingesetzt hätte werden können.
Da mir jedoch bekannt war, dass die Mehrheit der Teamkollegen, die gegen ihn hätten kommen können, mit der Situation als Spieler und Assistent in Personalunion überfordert gewesen wären, wandte ich mich als Mannschaftsführer an mein Pendant von Rochade und löste damit eine wahre Flut an Nachrichten aus.
Nachdem viele Ansichten und Argumente ausgetauscht worden waren, entschied der Spielleiter, dass wir bei bestehendem Wunsch nach einem Assistenten selber für einen sorgen müssten.
Zwar erschloss sich mir die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung nicht, konnten wir doch nicht wissen, ob der betreffende Spieler überhaupt eingesetzt werden würde, fügte mich und so kam es, dass wir mit Alexander B., Andreas, Hermann, Marianne, Misa, Robert, Uli, Zarko und mir erstmals zu neunt zu einem Wettkampf fuhren.
Im Pferseer Bürgerhaus sahen wir uns mit der eingangs erwähnten kühlen Herzlichkeit konfrontiert, welche nach gewissen Äußerungen eines Rochadespielers fließend ins Frostige überging.
Glücklicherweise wurden alsbald die Bretter freigegeben, sodass die Hitze des Gefechts in der jeweiligen Partie einen auf andere Gedanken brachte.
Allerdings sollte es bis zur vollen Entfaltung der Glut zunächst noch etwas dauern, denn an den meisten Brettern fand zunächst ein Abtasten statt. Misa prüfte die positionellen Fertigkeiten im Caro-Kann seines sich in der Vergangenheit bestens vorbereitenden Gegners, Zarko baute sich irgendwie gegen die moderne Verteidigung auf, Uli beanspruchte mit Schwarz frühzeitig das Zentrum für sich, bei Hermanns Aufbau dauert es ohnehin stets länger, bis etwas passiert, Robert durfte sich mit Schwarz gleichfalls am Zentrum schadlos halten und Andreas, von der Eröffnungswahl seines Gegners überrascht, zog mit der Abtauschvariante die vermeintliche Notbremse.
Lediglich bei Alexander ging es schnell zur Sache, wobei sich sowohl er als auch sein Gegner nicht als unbedingt sattelfest in der Theorie zeigten. Bei mir war der Verlauf etwas gediegener, doch hatte mein Gegner den Kampf der Vorbereitung gewonnen, sodass es zumindest von meiner Warte aus brannte.
Und während ich bereits in meinen fünften Zug reichlich an Bedenkzeit investierte, um die Strategie für den weiteren Verlauf festzulegen, entwickelte sich das Geschehen anderenorts wesentlich schneller.
Insbesondere der Partieverlauf bei Zarko sollte rasant voranschreiten. Dessen Gegner hatte nämlich zunächst alles richtig gemacht, die Stellung ruhig gehalten und sich so mindestens Ausgleich gesichert. Dann jedoch wollte er es taktisch werden lassen, wobei er hier hübsch von Zarko ausgekontert wurde – 0:1 aus der Sicht der Pferseer.
Leider durften wir uns nicht allzu lange an der Führung erfreuen, denn Andreasens Stellung nahm, obwohl ohne Damen und einem getauschten Turmpaar, beängstigende Züge an. Dies gipfelte in einem sehenswerten Figurengewinn durch den Gegner, woraufhin Andreas sofort aufgab – 1:1.
Zu diesem Zeitpunkt bestand jedoch kein Grund zur Sorge, denn Misa strafte eine Eröffnungsidee seines Gegners gnadenlos ab, weshalb am Ausgang dieser Partie keine Zweifel bestanden. Unser Großer, in Franks und Hannesens Abwesenheit, sprich Uli, stand positionell gut und Hermann setzte gerade seine Truppen in Richtung des gegnerischen Monarchen in Bewegung.
Auch Alexander hatte seinen Gegner mittlerweile gekonnt eingeschnürt, weshalb es also nichts ausmachte, dass Robert eine anrüchige Stellung verwaltete und mein Gegner über ein Mehr an Bedenkzeit von etwa sechzig Minuten verfügte.
Zu diesem Zeitnachteil war es gekommen, weil ich die Besonderheiten der Stellung zu erfassen versucht hatte, während meinem Gegner offensichtlich alles klar zu sein schien, wobei er konsequent den Abtausch betrieb.
Bei einem Versuch zwei weitere Figuren vom Brett verschwinden zu lassen, unterlief ihm jedoch ein Fehler, der ihn in der Folge einen Bauern kosteten sollte, was an sich bei einem reinen Schwerfigurenendspiel nicht unbedingt ins Gewicht gefallen wäre, wenn ich nicht mit den aktiveren Figuren und sein König relativ schutzlos verblieben wäre.
Noch bevor ich die Aufgabe meines Gegners entgegennehmen konnte, hatte Misa bereits für unsere erneute Führung gesorgt. Mit einem Figurenopfer und anschließend positioneller Behandlung bei Wahrung aller taktischer Optionen hatte er eine wahrlich schöne Partie fabriziert – 1:3 aus der Sicht des SK Rochade.
Obwohl der Vorsprung nun deutlich war, kamen Zweifel auf, ob wir tatsächlich beide Punkte aus dem Pfersee würden entführen können. Zweifelsohne entwickelte sich Hermanns Angriff zunehmend zu einem Tsunami, doch Robert stand auf Bruch, Uli, der in glänzender Stellung ein Remisgebot des Gegners abgelehnt hatte, wurde gerade taktisch zerlegt und bei Alexander wogte das Schlachtenglück hin und her.
Prompt erzielten die Hausherren den Anschluss, indem Uli in hoffnungsloser Lage die Waffen streckte. Sein routinierter Gegner hatte nichts mehr anbrennen lassen und souverän seinen Vorteil umgemünzt – 2:3 aus der Sicht der Gastgeber.
Just zu jenem Zeitpunkt setzte bei uns Schachfreunden jedoch eine Entspannung ein, denn nicht nur dass Hermann seinen Angriff gekonnt zu Ende geführt hatte, auch bei Alexander verzog sich so langsam der Pulverdampf und es wurde gewahr, dass er über eine „AEG-Stellung“ verfügte. Diese war gar so gut, dass kurz nach Hermanns Sieg jener unseres Jungmeisters folgte – 2:5 aus der Sicht der Pferseer.
Mit der Entscheidung im Mannschaftskampf stellte Robert seine Bemühungen ein, die unhaltbare Stellung doch noch retten zu wollen, womit unser Sieg mit 5:3 feststand.
Fazit:
Nach dem „Fall der Zitadelle“ haben wir die passende Antwort gefunden und sind nun völlig unerwartet der ärgste Verfolger des aktuellen Tabellenführers. Da wir gegen selbigen bereits gespielt und gewonnen haben, läuft aktuell alles auf einen Fernkampf hinaus, trennt uns doch gerade einmal ein kleiner Brettpunkt.
Ob es uns letztlich gelingen wird, dieses hohe Tempo weiterzugehen, immerhin stehen noch fünf Kämpfe aus, das wird die Zukunft zeigen. Momentan genießen wir jedoch, dass wir den Klassenerhalt wohl frühzeitig erreicht haben. Und alles was jetzt kommt, das betrachten wir einfach als Bonus. 🙂
Viel Spaß beim Schmökern im Ligamanager und beim Nachspielen der ein oder anderen Partie.
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