Kreisliga II: 6. Runde; Schachfreunde Augsburg I – SK Friedberg II 5:3

Auferstanden aus Ruinen

 

Als junger Ausbildungsverein ohnehin nicht mit einem großen Kader gesegnet, stellte der 14. Februar eine besondere Herausforderung für uns dar. Denn zu den Blitzmeisterschaften der Jugend am Vormittag und dem Doppelkampf in den Kreisligen II und III am Abend, gesellten sich auch noch einige krankheitsbedingte Ausfälle. Damit nicht genug, mussten wir sogar noch am Abend unmittelbar vor Beginn der Kämpfe einen äußerst kurzfristigen Ausfall irgendwie verkraften, wobei bei der Aufstellung des Notplans die Zweite aufgrund der aktuellen Tabellensituation eindeutig den Vorrang genoss. Dass es uns unter diesen Umständen nicht nur gelungen war, mit beiden Mannschaften vollzählig anzutreten, sondern auch noch die starken Friedberger zu bezwingen, war wahrlich eine besondere Leistung!

 

Kaum dass die Bretter aufgebaut worden waren, da trat Jörg an mich heran und meinte: „Alex, wir haben ein Problem!“ Ohne Umschweife erklärte er mir, dass er aktuell nur sieben Spieler habe, Artur, der sich gerade beim Einkaufen befinde, erreicht wurde und dass Artur hoffe, noch rechtzeitig zum Mannschaftskampf kommen zu können.

 

Da die Erste einen bequemen Vorsprung von satten vier Mannschaftspunkten hatte, die Zweite aber unbedingt gegen Kriegshaber V gewinnen musste, um wenigstens die Chance auf den Aufstieg zu wahren, wurde Gunter unvermittelt als Ersatzspieler „umgewidmet“. Für diesen war das recht interessant, denn „Von-ein-wenig-Erfahrung-sammeln“ in der Ersten musste er auf „Punkten“ in der Zweiten umstellen. Und das alles in seiner ersten Turnierpartie!

 

Unmittelbar danach trafen auch schon die Friedberger ein und bei Anblick ihrer Spieler wurde klar, dass sie nicht nur vorne dagegenhalten, sondern auch unsere Schwäche hinten deutlich nutzen wollten, wurden doch die renommierten Spieler A. Lutz und Th. Kemmerling ins Team beordert, die leicht auch an einem der ersten Bretter hätten spielen können.

 

Als die Uhren angedrückt wurden, da merkte man gleich, dass bei uns nichts so war wie wir es sonst gewohnt waren. Unser achtes Brett war verwaist und bei allen spürte man eine gewisse Unruhe. Das begann schon bei mir, der sich ursprünglich für diesen Kampf abgemeldet hatte und nur nach Hans, der schlechten Gesundheit geschuldeten, unerwarteter Absage wieder in die Mannschaft gerutscht war, verspürte ich doch nach dem schachlastigen Wochenende keine Lust zu spielen. Eine Unlust, die sich nach 1. e4 c5 2. f4 meines Gegners förmlich potenzierte. Zarko zog für seine Verhältnisse erstaunlich schnell, etwas, was auch Martin tat, wobei letzterer nur einer guten Variante im Drachen folgte. Selbst Andreas, unser berühmt-berüchtigter Zeitnotspieler kam irgendwie nicht zur Ruhe und verbrauchte entsprechend weitaus weniger Zeit als sonst. Gut, Jorge hatte dieses Problem nicht, vermag man doch kaum noch schneller zu ziehen und aufzuschreiben, allerdings fehlte auch hier irgendwie die sonst vorhandene klare Linie. Bei Robert konnte man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass er gedanklich immer noch bei der Blitzmeisterschaft war, denn er schien Jorges Geschwindigkeit toppen zu wollen. Theo, in seinem ersten Mannschaftskampf ohnehin nervös, ließ sich offenbar von der Stimmung in der Mannschaft anstecken und zog ebenfalls schnell gegen seinen erfahrenen Gegner.

 

Dass dies nicht folgenlos bleiben konnte, das war mir vollkommen klar und so bot sich dem Zuschauer nach bereits dreißig Minuten folgendes Bild. Nach nur zehn Zügen hatte ich mir mit Schwarz leichte Vorteile erarbeitet, Zarko stand fest, aber leider auch nicht mehr, Martin hatte die Gier gepackt und so hatte er zwar eine Traumstellung, die allerdings einem Alptraum entsprungen war, Andreas stand richtig gut, obwohl eine Zeitnot weit und breit nicht in Sicht war, Jorges Gegner hatte sich von Jorges Zugtempo nicht irritieren lassen und stand plötzlich auf Gewinn, Robert hatte gegen seinen erfahrenen Gegner frühzeitig eine strategisch klar bessere bis gewonnene Stellung, Theo stand kurz vorm Zusammenbruch und Artur hatte sich gerade ans Brett gesetzt, den ersten Zug ausgeführt und schickte sich an, den Zeitnachteil auszugleichen.

 

Und dann war es passiert, die Friedberger gingen mit 1:0 in Führung, weil Theo, mittlerweile unmittelbar vor dem Matt stehend, die Waffen gestreckt hatte – 0:1. Allerdings sollte das für die nächste Stunde die einzig entschiedene Partie bleiben, bevor es dann zu einer kleinen Flut an entschiedenen Partien kam.

 

Den Anfang machte Jorge, der zur allgemeinen Überraschung gewann. Lange Zeit hatte sich sein Gegner Zeit genommen und gezielt nach der besten Fortsetzung gesucht, eine Einstellung, die er nur zwei Mal durchbrechen sollte. Beim ersten Mal hatte er seinen gesunden Mehrbauern, der zudem auch noch der Sargnagel in Jorges Stellung war, eingestellt und der nächste, zugleich auch letzte, schnelle Zug war in einer besseren Stellung in einem Doppelturmendspiel geschehen, als er einen indirekt gedeckten Bauern geschlagen hatte, der ihn nach einem Zwischenschach einen Turm kostete – 1:1.

 

Kurz danach kapitulierte Robert. Trotz seiner strategisch ausgezeichneten Stellung hatte er weiter „gezockt“ und bei dieser Gelegenheit an einer Stelle eine Figur eingestellt. Den anschließenden Verzweiflungsangriff unseres Jungmeisters hatte der Routinier gekonnt zu blockieren gewusst, sodass mit dem Einleiten der Gegenoffensive Roberts Stellung wie ein Kartenhaus zusammengefallen war – 1:2.

 

Meine Wenigkeit hatte zu diesem Zeitpunkt zwei gesunde Mehrbauern und ich suchte gerade nach der richtigen Strategie, um in meinem Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern den Widerstand des Gegners zu brechen, als dieser unvermittelt aufgab, wollte er sich nach eigenen Angaben in dieser Stellung nicht weiter quälen – 2:2.

 

Bei Zarko zeichnete sich eine höchst interessante Partie ab. Sein Gegner hatte seinen guten Läufer im Franzosen nach b6 beordert, von wo aus er zwar d4 angriff, aber auch die Diagonale a3 – f8 merklich geschwächt hatte, was bei einem unrochierten König unangenehm werden könnte. Diese Diagonale war zwar noch mit den weißen Bauern auf a3 und b4 vermeintlich „gesichert“, aber Zarko setzte zu einem Hasardeurangriff an, in dem er einen Bauern und eine Qualität opferte, nur um den schwarzen Monarchen weiterhin an der Rochade zu hindern.

Mit einer äußerst genauen Verteidigung hätte sich Schwarz noch ins Remis retten können, aber von dieser jugendlichen Ungestümtheit überrascht, wählte der Gegner nicht immer den besten Zug, sodass er plötzlich mitansehen musste, wie sein König auf e4 von einem Läufer und einer Dame Matt gesetzt wurde – 3:2-Führung! Eine wirklich starke Partie!

 

Dramaturgisch hätte man es nicht besser inszinieren können, denn als wenn er den Druck auf die restlichen Friedberger hatte erhöhen wollen, holte Andreas seinen Punkt, der nie zur Debatte gestanden hatte und sicherte uns damit nicht nur das Unetschieden, sondern auch die Meisterschaft – 4:2! 🙂

 

Nun spielten nur noch Artur und Martin, die in Zusammenarbeit mit ihren Gegnern für ein Wechselbad der Gefühle bei den Zuschauern sorgten. Artur hatte nämlich zwischenzeitlich nicht nur die fehlende Bedenkzeit wieder eingeholt, er hatte auch einen phantastischen Springer, der quasi das ganze Brett dominiert hatte und war blendend aufgelegt gewesen. Doch als dann unsere 4:2-Führung feststand, da wollte er mit einem Dauerschach den Mannschaftssieg erzwingen, hatte dabei etwas übersehen und gerade den Stolz seiner Stellung eingebüßt. Allerdings offenbarte sein Gegner bei zunehmend knapper Zeit eine verständliche Nervosität, sodass sich beide auf Remis durch Dauerschach einigten, obwohl dieses nicht wirklich Bestand hatte – 4,5:2,5-Sieg!

 

Angesichts der gefallenen Entscheidung und der Tatsache, dass nach etlichen Irrungen und Wirrungen das Gros der Figuren vom Brett verschwunden waren und die Schlussstellung tatsächlich sehr stark zum Remis tendierte, schloss man auch an Martins Brett Frieden, womit das Endergebnis feststand!

 

Mit diesem äußerst glücklichen Sieg sind wir innerhalb von nur drei Jahren im schachlichen Olymp des Kreisverbandes angekommen. Um aber auch dort nicht nur bestehen, sondern gleichfalls um den Aufstieg mitreden zu können, werden wir uns deutlich steigern müssen. Denn eine solche Schieflage der Mannschaft wird in der Kreisliga I regelmäßig abgestraft.

Doch bis zur ersten Begegnung unserer Ersten in der höchsten Liga des Kreisverbandes wird noch viel Zeit vergehen und bis dahin heißt es mit unserer Zweiten mitzufiebern und zu hoffen, dass auch sie das Saisonziel „Aufstieg“ erreicht.

 

Apropos Aufstieg, wer uns in die Kreisliga I begleiten wird, das ist angesichts der aktuellen Konstellation nicht ganz so klar, hat es doch Steppach in der letzten Runde mit den starken Friedbergern zu tun, während sich die Aichacher am Tabellenletzten aus Lechhausen werden schadlos halten können. Am 28. Februar werden wir Bescheid wissen.

 

 

 

 

 

 


Kommentare

3 Antworten zu „Kreisliga II: 6. Runde; Schachfreunde Augsburg I – SK Friedberg II 5:3“

  1. Glückwünsche an unsere 1. Mannschaft zur Meisterschaft und zum Aufstieg in die Kreisliga 1.
    Gut gemacht !
    Drückt uns die Daumen, daß wir von der 2. euch das wieder nachmachen können.

  2. Avatar von Andreas Lutz
    Andreas Lutz

    Hallo Schachfreunde,

    Gratulation zur verlustpunktfreien Meisterschaft und gleichzeitig zu dieser tollen Webseite. Nach unserem unerwarteten Aufstieg sehen wir uns in der Kreisklasse 1 wieder.

    Euer Nachwuchsspieler Robert hat mich schwer ins Grübeln gebracht, aber schon vor dem Einsteller hatte ich mit einem Mehrbauern und dem Läuferpaar wohl mindestens Ausgleich.

    Sportliche Grüße

    Andreas Lutz (Friedberg II)

    1. Hallo Herr Lutz,

      zunächst einmal danke ich Ihnen für die Glückwünsche, die ich nur allzu gerne erwidere und Ihnen und Ihrer Mannschaft zum geglückten direkten Wiederaufstieg in die Kreisliga I gratuliere. Auch freut es mich, dass Ihnen unsere Homepage gefällt, geben wir uns alle doch recht viel Mühe, diese interessant zu gestalten.

      Was Ihre Anmerkung zur Partie gegen Robert betrifft, so steht Ihre Einschätzung der Stellung nicht im Widerspruch zu meiner, gehen wir doch offensichtlich von unterschiedlichen Zeitpunkten aus. Die Stellung, die mir vorschwebt entstand nach den Zügen neun und zehn, die nicht nur von der Theorie für Schwarz als äußerst zweifelhaft angesehen wird, sondern auch eine Runde zuvor von Robert eindrucksvoll behandelt wurde. Auch im Training auf den Plan angesprochen, skizzierte Robert alles fehlerfrei, nachdem er sich Zeit genommen hatte. Da er aber, vielleicht aufgrund des vorangegangenen Blitzturniers, gegen Sie zu schnell agierte – „zockte“ – ließ er sich nicht nur den klaren Vorteil entgehen, er büßte auch noch Material ein. Von da an dürften unsere Meinungen deckungsgleich sein.

      Sollten Sie noch Fragen zu Ihrer gespielten Variante haben, so helfe ich Ihnen gerne weiter.

      Viele schöne Grüße,
      Aleksandar Vuckovic

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