Schwabenliga II (Nord): 2. Runde; TSV Haunstetten II – Schachfreunde Augsburg I

Ein echter Spitzenkampf

 


Es war von Anfang an klar, dass ein Aufstieg in dieser Liga nur dann gelingen kann, wenn man die starken Haunstetter am Schachbrett bezwingt, weshalb wir uns am zweiten Spieltag gen Süden aufmachten, um genau das zu bewerkstelligen. Obwohl wir nominell an den meisten Brettern teilweise überdeutlich unterlegen waren, von der Erfahrung ganz zu schweigen, lieferten wir ihnen einen Kampf auf Augenhöhe, bekamen unsere Chancen und erblickten schon den Sieg am Horizont, als unvermittelt die Zähigkeit in Kombination mit Abgeklärtheit der Südstädter erbarmungslos zuschlug und unserer Ersten die erste Niederlage seit der Vereinsgründung 2012 bescherte!

 

Schon die Vorzeichen waren nicht gut, denn nur wenige Tage vor dem Kampf musste Hermann absagen, sodass wir nicht nur einen wichtigen Spieler zu ersetzen hatten, sondern auch die Vorbereitung einer ganzen Woche für die Mehrzahl der Bretter den Bach runterging. Schnell war uns klar, dass ein Offenlassen eines Brettes zugunsten der Vorbereitung nicht in Betracht komme, zumal uns mit Robert ein hervorragender Schwarzspieler zur Verfügung stand.

 

Als Alexander B.,Andreas, Hannes, Jakob, Martin, Robert, Zarko und ich das Spiellokal der Gastgeber betraten, da konnte man eine deutliche Überraschung in den Gesichtern unserer Gegner ablesen, hatten sie doch offensichtlich nicht mit dieser Zusammensetzung gerechnet. Und wir hatten auch vollstes Verständnis für diese Reaktion, ist doch der Anblick von zwei Zwölfjährigen, einem Vierzehnjährigen und einem Fünfzehnjährigen in der Schwabenliga, auch wenn es nur die Schwabenliga II ist, keineswegs alltäglich.

 

Nach einer kurzen Begrüßung ging es auch schon los und man konnte die knisternde Spannung förmlich greifen, wofür sich in erster Linie unsere Jugendlichen verantwortlich zeichneten. Zarko erwiderte jeden Zug seines Gegners à tempo und zeigte mit der Wahl der Variante an, dass ihm an einer messerscharf geführten Partie gelegen ist, wohingegen Alexander am Nebenbrett mit Schwarz Altmeister Rubke zunächst einmal kommen ließ. Unser Pärchen am siebten und achten Brett, Jakob und Robert, bot einen interessanten Anblick, denn während Jakob gegen des Gegners „Franzosen“ vorging, vertraute Robert genau auf diesen.

 

Wir älteren Semester agierten etwas vorsichtiger, was unterschiedliche Motive hatte. Hannes war nämlich erkältet und rührte mit Schwarz daher Zement an, Martins Aufbau, ohnehin nicht gerade bekannt dafür, die schnelle Entscheidung zu suchen, war am Werden, Andreas versuchte sich an die richtige Zugfolge zu erinnern und ich hatte mir aus Respekt vor den insbesondere taktischen Fähigkeiten meines Gegners eine Zugumstellung zurechtgelegt, um meinen Gegner in unbekannte Stellungsbilder zu manövrieren.

 

Es sollte nicht lange dauern, da begann ich mir ausgerechnet um Zarkos Stellung ernsthafte Sorgen zu machen, denn nicht nur, dass er nach wie vor im Stile eines Schnellfeuergewehres zog, wovon 14 Züge in zwei Minuten ein beredtes Zeugnis ablegen, er hatte dabei auch zwei Varianten verwechselt bzw. bei der Vorbereitung ein kleines „nicht“ überhört, sodass sich ein furchtbarer Angriff auf seinen König abzeichnete. Doch ansonsten standen wir gut, denn an allen anderen Brettern standen wir mindestens ausgeglichen. Robert stand sogar so gut, dass der Gegner frühzeitig nach einer Möglichkeit hatte suchen müssen, eine vermeintliche Festung zu bauen und ich war tatsächlich wunschgemäß in einem „Rubinstein-Franzosen“ gelandet, in dem ich nur einen geringen Vorteil vorweisen konnte, mich aber als moralischer Sieger fühlte.

 

Kurze Zeit später folgte mit dem Remisschluss am zweiten Brett das erste Ergebnis, das richtig gut für uns war. Denn nicht nur, dass Hannes den halben Punkt mit Schwarz erzielt hatte, er konnte sich auch gleich aufmachen, sich auszukurieren – 0,5:0,5.

 

Quasi im Anschluss steuerte auch Jakob einen halben Punkt bei. Er hatte im Vorfeld alles versucht und hatte sich eine dauerhafte Initiative gesichert, doch als es darum ging, mit der richtigen Figur zu tauschen, da hatte er sich für den falschen Spielstein entschieden, wonach die Partie merklich abflachte. Jakobs Gespür war klasse und es ist nur allzu verständlich, dass er mit seinen 12 Jahren nicht unbedingt erkennt, wann man sich von seinem starken Läufer trennen sollte -1:1.

 

An Zarkos Brett trug sich nahezu zeitgleich ein echtes Drama zu. Sich gefühlt permanent am Zug befindend, hatte Zarkos Gegner zwar einen starken Königsangriff aufgezogen, doch dabei eine Unmenge Zeit verbraucht. Und je näher die Zeitkontrolle heranrückte, desto ungenauer wurde der Angriff vorgetragen, sodass sich Zarko die seltene Gelegenheit einer Evakuierung des Königs geboten hatte. Als dann der Gegner nur noch eine Minute für die verbliebenen 20 Züge in hochtaktischer Stellung zur Verfügung hatte, da übersah unser Zarko ein Matt. Äußerst ungewöhnlich, kann aber passieren -1:2.

 

Passend dazu strich Martin unvermittelt die Segel! Er wurde frühzeitig seines wichtigen weißfeldrigen Läufers beraubt, lauerte aber dessen ungeachtet auf seine Chance, einen Königsangriff zu initiieren und wurde tatsächlich für seine Geduld belohnt. Doch als es dann darum ging, mittels Dauerschach das Remis zu forcieren, da leitete er den Angriff falsch ein, büßte dabei Material und umgehend den Punkt ein – 1:3.

 

Apropos Remis, Roberts Stellung hatte sich mittlerweile so gut entwickelt, dass sich dessen Gegner bemüßigt sah, Remis zu bieten. Das an sich ist ja nichts Verwerfliches, aber der Gegner schien sich dermaßen unwohl zu fühlen, dass er binnen weniger Züge gleich dreimal auf das taktische Mittel der Störung zurückgriff, indem er Remisgebot um Remisgebot folgen ließ. Schade. Ob es nun daran gelegen hat oder aber Robert schlichtweg einen kurzen Augenblick einen Aussetzer gehabt hatte, das ist irrelevant, denn er stellte einen wichtigen Bauern ein, opferte eine Qualität hinterher, nur um festzustellen, dass alles vergebens ist – 1:4.

 

Just in dieser Phase kam der große Auftritt von „Schweinfurts starken Bürgerwehren“ in Form unseres Alexanders. Der hatte sich zwischenzeitlich in einer komplizierten Stellung eine Auszeit gegönnt und nach dem richtigen Weg gesucht, die ambitionierten Pläne seines Gegners zu durchkreuzen. Hierfür investierte er nicht nur seinen Zeitvorsprung, er legte noch etwas drauf und entkorkte einen phantastischen Plan, der eine tiefgründige Umgruppierung zur Folge hatte. Ein wahrer Quantensprung, der deutlich aufzeigt, welches Potential in dem zwölfjährigen Jungen schlummert. In der Folge zerlegte er des Gegners Stellung, holte sich zwei gesunde Mehrbauern und stationierte seinen Turm auf des Gegners dritten Reihe, wo dessen verbliebene Bauern zur Abholung bereitstanden. Jetzt hätten einige wenige Sicherungszüge den eigenen Monarchen betreffend wahre Wunder bewirkt, doch leider verließ Alexander ausgerechnet jetzt die Geduld, er schnappte sich einen weiteren Bauern und hätte dadurch sogar um ein Haar verloren, wenn der Gegner anstatt des Dauerschachs den Gewinn vorgezogen hätte. – 1,5:4,5.

 

Damit war der Wettkampf endgültig entschieden, weshalb Andreas in seiner ausgeglichenen Stellung keinen Grund mehr sah, sich und seinen Gegner weiter zu quälen. Das von ihm ausgesprochene Remisgebot wurde umgehend angenommen, sodass es nicht nur 2:5 stand, es lief nur noch meine Partie.

 

Mittlerweile waren etliche Stunden verstrichen, Stunden, in denen ich mir kleinste Vorteile angesammelt hatte, die aber nicht auszureichen schienen, um den Widerstand des Gegners zu brechen. Deswegen entschloss ich mich, das Risiko deutlich hochzuschrauben, was in einer Inkaufnahme einer „Hackphase“ nach beinahe sechs Stunden beinhaltete, obwohl mein Gegner selber ein starker Blitzer ist.

 

In einer Mischung aus Anspannung, erlahmender Rechenkraft und Schnelligkeit gelang es mir dann wirklich, in einem Springerendspiel die Oberhand zu behalten, den einzigen vollen Punkt des Tages für uns Schachfreunde zu erzielen und den 3:5-Endstand herzustellen. Ein schwacher Trost.

 

Fazit:

 

Angesichts des Verlaufs und vor allem des Potentials kann von einer übertriebenen Traurigkeit in unseren Reihen keine Rede sein. Sollte es in diesem Jahr mit dem Aufstieg nicht klappen, wovon nun objektiv betrachtet ausgegangen werden kann, so wird unsere Mannschaft in der nächsten Saison gestärkt voll angreifen, ist doch in Anbetracht der großen Anzahl unserer Talente die Zeit unser Verbündeter.

 

Den Haunstettern möchte ich an dieser Stelle zum insgesamt verdienten Sieg gratulieren und allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Studieren der Aufstellungen und Ergebnisse, die es hier gibt.

 

 

 

 

 

 

 

 


Kommentare

Eine Antwort zu „Schwabenliga II (Nord): 2. Runde; TSV Haunstetten II – Schachfreunde Augsburg I“

  1. Ein wirklich spannender Wettkampf, der auch anders hätte ausgehen können. Gratuliere zu dem Kampfgeist und dem Nachwuchs. Eine super Jugendtruppe, die in wenigen Jahren sehr stark unter den Augsburger Spitzenspieler mitmischen wird!
    Großartige Jugendarbeit.

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