Viel solides Handwerk und nur wenig Kunst
Nur allzu gerne hätte ich an dieser Stelle früher berichtet, dass der Umzug von Dinkelscherben nach Violau eine klare Verbesserung für die Teilnehmer der Schwäbischen Jugendmeisterschaft beinhaltet habe, dass die Schlafräume angenehmer, das Essen besser und der Turniersaal ansprechender gewesen seien, sodass sich die Kinder und Jugendlichen davon angetan, in knisternder Atmosphäre spannende Partien geliefert haben. Da aber leider der Informationsfluss dieses Jahr jenem zu Zeiten des „Eisernen Vorhangs“ entsprach, musste man alle erforderlichen Informationen erst umständlich recherchieren.
Während die Unterkunft und Verpflegung wohl tatsächlich überwiegend als angenehmer im Vergleich zum Dr.-Wiesenthal-Haus empfunden wurden, über eine größere Sporthalle hätte sich unser Schachnachwuchs sehr gefreut, empfand man die Abschottung als befremdlich und vor allem den jüngeren Teilnehmern fehlte der vertraute Kontakt zu den vereinseigenen Betreuern, Trainern und natürlich den Eltern. Übrigens ein Empfinden, das von den betroffenen Erwachsenen vollumfänglich geteilt wurde. Sollte man also gedenken, die Meisterschaft wieder in Violau stattfinden zu lassen, dann möge man doch bitte für eine Auflösung der Isolation sorgen.
Doch auch unter diesen Bedingungen wurde Schach gespielt, wobei es dieses Mal für unsere Schachjugend, mit Behzad, Erik, Jakob, Katarina, Mehran, Paul, Robert und Sergej gingen sieben Kinder und ein Jugendlicher an den Start, nicht gar so gut lief. Aber nach der rasanten positiven Entwicklung sei ihnen auch einmal eine kurze Auszeit gegönnt.
U10; „Ein einsamer Kämpfer“:
Obwohl Sergej erst als Nachrücker einen Teilnehmerplatz erhalten hatte, hatte er bereits beim Rapid-Turnier in Haunstetten bewiesen, dass er durchaus auf eine Bezirksmeisterschaft gehört. Entsprechend motiviert trat er auch an, wenngleich just am ersten Turniertag sein 10. Geburtstag war, zu dem er sich mit einem Erstrundensieg selber beschenkte. Leider verlor er die zweite Begegnung des Tages, sodass sein persönlicher Ehrentag eine kleine Eintrübung erhielt, die aber bei der anschließenden kleinen Feier im Kreise seiner Vereinskameraden schnell wieder verflog.
Als er am zweiten Turniertag nur 0,5/3 zu holen vermochte, da hätte er der Unterstüzung eines Trainer bedurft und auch das Wiedersehen mit den Eltern, er war zum ersten Mal von Zuhause weg, hätte in dieser Situation sicher gut getan. Doch beides war aus den oben geschilderten Gründen nicht möglich. Deshalb versuchten es die jungen Schachfreunde, ihn wieder aufzubauen, was aber leider nur bedingt gelang.
Das beste daraus machend ging Sergej in die nachfolgenden Partien, holte dort noch 1/4 und beendete das Turnier mit 2,5/9 auf dem 7. Platz. Wirklich schade, wäre da doch unter anderen Voraussetzungen sicher mehr drin gewesen.
U12; „Minimalziele erreicht“:
Mit Jakob und Katarina schickten wir in dieser Altersgruppe zwei Schwergewichte ins Rennen, die die Qualifikation zur Landesmeisterschaft fest im Blick hatten, die um Behzad, der seit Monaten seiner Form hinterherlief, ergänzt wurden. Während Jakob sein letztes Jahr in der U12 mit der Meisterschaft hatte krönen wollen und Katarina den Ehrgeiz gehabt hatte, es den starken Mädchen der letzten Meisterschaft gleichzutun und sich eine Startberechtigung für die Bayerische Meisterschaft der Jungs zu erkämpfen, hieß es bei Behzad, eine Wende einzuleiten. Den erstgenannten sollte letztlich die Verwirklichung der selbgesteckten Ziele zwar nicht gelingen, sie werden aber Schwaben in den Osterferien auf bayerischer Ebene vertreten. Bei Behzad dagegen war ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen, der hoffentlich anhalten wird, sodass hier von einem klaren Erfolg gesprochen werden kann.
Trotz seiner Formkrise und des damit einhergehenden geringeren Selbstvertrauens zauberte Behzad einen Start von 2/3 hin, bevor er in den Runden vier bis sechs mit großer Mühe eine lange Rochade verhindern konnte und plötzlich mit 2,5/6 dastand. Hier erwies es sich als glückliche Fügung, dass er das Freilos zugelost bekam, was ihm jene Ruhe brachte, um sich mit einem weiteren Sieg und 4,5/8 in der Schlussrunde am Spitzenbrett wiederzufinden.
Hier bekam er es ausgerechnet mit seinem Vereinskameraden Jakob zu tun, der ihm vom Training bestens vertraut ist. In dieser Begegnung vermochte er die vereinsinterne Nr. 1 zwar nicht zu gefährden, hielt aber lange Zeit voll dagegen, bevor er in einem Augenblick die Deckung außer Acht gelassen hatte, was Jakob in seiner unnachahmlichen Art sofort konsequent auszunutzen verstand. Insgesamt betrachtet sind Behzads 4,5/9 als ein Erfolg zu werten, scheint er nun endlich die Talsohle durchschritten zu haben.
Im Gegensatz zu Sergej genoss Jakob seine neuen Freiheiten, mit denen er aber leider nur bedingt umzugehen wusste. Und während an dieser Stelle hinsichtlich seines Verhaltens der Mantel des Schweigens gelegt werden soll, so verdient seine sportliche Leistung eine nähere Betrachtung.
Aufgrund seiner überragenden Erfolge in jüngster Vergangenheit, hatte sich Jakob bemüßigt gefühlt, in Eigenregie sein Repertoire umzustellen, ohne dabei die Motive und Pläne seiner neuen „Eröffnungen“ zu kennen. Infolgedessen stand er gleich in den ersten beiden Runden glasklar auf Verlust und nur ein übertriebener Respekt der Gegner bewahrte ihn vor einer Katastrophe, sodass er mit 1,5/2 loslegen durfte.
Doch ehern hielt er an seiner Marschroute fest, stand später wiederholt anrüchig bis schlecht und durfte sich nur aufgrund seiner Zähigkeit und vor allen Dingen seines überragenden taktischen Geschicks ständig in der Spitzengruppe aufhalten. Am Ende belegte er mit 7,5/9 doch sehr glücklich den 2. Platz und wird sich hoffentlich bis zur Bayerischen wieder rückbesinnen. An dieser Stelle meinen Glückwunsch zur Vizemeisterschaft!
Ein gänzlich anderes Turnier absolvierte Katarina, die mit 3/3 nicht nur einen souveränen Traumstart hinlegte, sondern sich auch in den Runden vier und fünf gegen den späteren Meister Anto Crnov (SG Donauwörth) – frischer Wind für die U12 durch den unlängst aus Kroatien eingereisten jungen Mann – und unseren Jakob schlug, ja in einer Partie sogar die Möglichkeit eines Sieges hatte. Aber schlussendlich erwiesen sich die Jungs als noch zu stark und so setzte es zwei Niederlagen.
Sich ihrer bis dato ausgezeichneten Leistung bewusst, trat sie zur 6. Runde an und ließ gleich wieder einen Sieg folgen, wonach dann aber das Pulver irgendwie verschossen war. Denn es folgte neben eines quasi Aussetzens auch noch eine gänzlich unnötige Niederlage in erdrückend besserer Stellung, sodass das Freilos in der Schlussrunde ausgesprochen willkommen geheißen wurde. In der Endabrechnung standen 5/9 und ein 5. Platz zu Buche, worüber sich Katarina nicht so recht zu freuen wusste, auch wenn sie als bestes Mädchen zur Bayerischen fahren darf. Herzlichen Glückwunsch zur Mädchen-Meisterschaft.
U14; „Im Schatten der Titanen“:
Diese Altersgruppe war in diesem Jahr ausgesprochen stark besetzt, weil sich die ansonsten für die Bayerische regelmäßig vorqualifizierten Spieler Sebastian Reimann (SK Göggingen) und Uli Weller (SK Buchloe) in die Niederungen des Bezirks hatten begeben müssen. Angesichts dieser Konkurrenz blieb für alle anderen nur die Hoffnung, dass wenigstens einer der beiden eine schwache Woche erwischt, wenn man sich qualifizieren wollte. Aber diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, vielmehr machten die beiden mit je 5,5/6 die Meisterschaft mit großem Abstand unter sich aus, sodass es letztlich nur um eine gute Platzierung und stark geführte Partien ging.
Noch in der vergangenen Spielzeit hatte Mehran die Qualifikation zur Schwäbischen deutlich verpasst und dennoch machte er sich Hoffnungen, gleich bei seiner ersten Teilnahme einen der begehrten Treppchenplätze zu ergattern. Und das war auch vollkommen berechtigt, hatte er doch bis dato eine blendende Entwicklung durchgemacht, was man aufgrund toller Ergebnisse bei Einzel- und Mannschaftsturnieren ersehen kann.
Entsprechend selbstbewusst ging er an den Start und legte gleich mit 2,5/3 los, um in der vierten Runde auf Robert zu treffen. Diese Neuauflage einer Paarung, die in der Vergangenheit Robert trotz schlechter Stellungen stets erfolgreich vom Brett hatte gehen sehen, wurde zwar von beiden fehlerhaft geführt, aber dieses Mal wurde Mehran für all die unnötigen Niederlagen entschädigt, indem er schlicht den vorletzten Fehler machte. Damit stand er plötzlich mit 3,5/4 punktemäßig auf Augenhöhe mit Sebastian und Uli. Letzteren hatte es auch bedurft, Mehrans Siegeszug zu stoppen, was aber deswegen nicht so furchtbar schlimm war, weil diese Niederlage Mehrans Vorhaben nicht wirklich gefährdete.
In der Schlussrunde hieß es dann mit Schwarz gegen einen direkten Konkurrenten zu gewinnen, wozu sich Mehran auch anschickte. Als dann die anderen Mitbewerber um den 3. Platz ihre Niederlagen gegen Sebastian bzw. Uli unterzeichnen mussten, da steigerte Mehran seine Bemühungen, konnte aber des Gegners Widerstand nicht brechen und belegte am Ende mit 4/6 den 5. Platz. Eine gute Vorstellung.
Auch Pauls Entwicklung lässt nicht viel zu wünschen übrig, wenn es da nur dieses „Schnell-schießen“ nicht gäbe, was ihm regelmäßig bessere Ergebnisse verbaut. Daran wollte er bei dieser Meisterschaft in erster Linie arbeiten und bei sich bietender Gelegenheit auch einmal nach oben schauen. Und gerade diese Gelegenheit ließ lange auf sich warten, aber nach der siegreichen 5. Runde war sie plötzlich da, denn er durfte in der Schlussrunde gegen Uli spielen. Hier musste er die Stärke des Buchloers anerkennen, weshalb er letztlich mit 3,5/6 auf dem 9. Platz landete. Irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da auch mehr drin war.
Mittlerweile durfte Robert seinen fünften Anlauf in Folge unternehmen, um bei der Schwäbischen ein richtig gutes Turnier zu spielen, was ihm bisher einfach nicht gelingen wollte oder gar konnte, war er doch stets mit zunehmender Dauer der Versanstaltung immer müder gewesen.
Es fing recht vielversprechend an, denn er legte zunächst zwei Siege hin und musste sich in der 3. Runde Sebastian geschlagen geben. Was dann allerdings folgte, das lässt sich wirklich nur mit Schlafmangel erklären. Denn drei erschütternd vorgetragene Partien, aus denen Robert sogar einen schmeichelhaften Punkt hatte holen dürfen, ließen ihn auf 3/6 und dem 10. Platz verharren. Das ist mehr als bedauerlich und so bleibt die Hoffnung, dass es wenigstens im sechsten Anlauf anders laufen wird.
U16; „Verpasste Chancen“:
Erik hatte die Hoffnung gehegt, nicht nur seine wackelige Qualifikation aus der Augsburger vergessen zu machen, sondern auch durch gutes und konzentriertes Spiel sich eventuell doch eine Teilnahme an der Landesmeisterschaft zu sichern. Dies vor Augen habend, verzichtete er auf seine sporadisch auftretenden Unsicherheiten, bezwang die ersten beiden Gegner überzeugend und saß in der 3. Runde unvermittelt einem Konkurrenten, nämlich Maximiliamn Kling (SK Kriegshaber) gegenüber. Hier hatte er eigentlich auch wieder alles richtig gemacht, aber in einem Moment der Unaufmerksamkeit stellte er einfach zwei Bauern ein, was Maximilian eine tolle Gelegenheit bot, die er sich nicht mehr nehmen ließ.
Von dieser Niederlage unbeeindruckt setzte er in der Runde darauf den nominellen Favoriten und späteren Meister Christoph Blösch (SG Kötz/Ichenhausen) arg zu. Man könnte sogar sagen, dass er auf Gewinn gestanden hatte, bevor er sich selber um die Früchte seiner Arbeit brachte und die Partie sogar noch verlor. Es sind eben diese Aussetzer, die ihm leider so manch unnötige Niederlage bescheren und an denen gearbeitet werden muss.
Doch wieder bewies Erik erstaunliche Nehmerqualitäten, ließ auf diese beiden Niederlagen nicht nur einen Sieg folgen, sondern versuchte in der Schlussrunde gegen den späteren Vizemeister Evander Hammer (SG Augsburg) alles, um mit einem Sieg doch noch die Fahrkarte zur Bayerischen lösen zu können und stand wieder überwältigend, musste sich aber letztlich mit einem Remis begnügen. 3,5/6 und der 5. Platz waren kein adäquater Lohn für diese insgesamt gute Leistung.
Schlusswort:
Die Jugendherberge in Violau scheint tatsächlich eine echte Alternative zu Dinkelscherben zu sein, sofern man den Ausschluss der Öffentlichkeit aufhebt. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum gelegentliche Besuche oder schlichtes Kiebitzen dem Erfolg der Veranstaltung abträglich sein sollen. An dieser Stelle möchte ich mich als Vater bei David Schury bedanken, der es mir wenigstens zwei Mal ermöglicht hat, mit meinen Kindern zu sprechen.
Hier sind alle Paarungen,Ergebnisse und Tabellen einzusehen. Viel Spaß! 🙂
Allen Meistern und Qualifikanten gratuliere ich an dieser Stelle herzlich und wünsche Euch auf der Bayerischen viel Erfolg.
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