U20-Bayernliga: 6. und 7. Runde

Meister der Herzen

 

 

Ursprünglich war die Mannschaft als klarer Abstiegskandidat gehandelt worden und nun machten sich Alexander B., Erik, Jakob, Mehran, Paul und Zarko nach Regensburg auf, um nach den Sternen zu greifen. Sicher waren die Voraussetzungen als Tabellenfünfter alles andere als optimal, aber nur ein Punkt Rückstand auf die Spitze und viel Herzblut sollten alle Widrigkeiten wettmachen können.

 

Am Ende eines langen Tages voller Kampf, Dramatik und Emotionen sollte es für unsere Jungs letztlich nicht reichen und sie belegten den vierten Platz. Aber allein der Einsatz, der Umstand, dass die ersten vier Teams die Tabelle mit jeweils 10:4 Mannschaftspunkten zieren, und die Gewissheit, dass man für etwa eine Stunde Bayerns beste U20-Mannschaft war, verdient größte Anerkennung!

 

Wieder vor die Wahl zwischen Pünktlichkeit und Schlaf gestellt, hatte sich die Waagschale zugunsten der Erholung geneigt, sodass unser Sechser mit einer leichten Verspätung eintraf, was aber keineswegs schlimm war, denn sowohl die Ansprache war noch nicht beendet, als auch von den Erlangern war weit und breit nichts zu sehen. Und so kam es, dass nach anschließendem Andrücken der Uhren unsere Jungs noch etwa eine weitere Viertelstunde warten mussten, bevor sie ins Geschehen eingreifen konnten.

 

6. Runde: SC Erlangen – Schachfreunde Augsburg

 

Gegen die starken Mittelfranken galt es, deren gefürchtete Vorbereitung zu umgehen und so für halbwegs gleiche Bedingungen zu sorgen. Aus diesem Grund sollten Mehran und Paul vom Sizilianer auf den Franzosen umschwenken, während die anderen die vorgegebene Marschroute einhalten sollten.

 

Als die Gegner dann den Kampf aufnahmen, da bot sich dem Publikum folgendes Bild:

Am Spitzenbrett mühte sich Zarko mit Weiß alsbald mit seinem geschlossenen Sizilianer und auch Jakob hatte gegen Franzosen schon besser, viel besser gespielt. Den Vogel schoss jedoch Erik ab, der sich vollkommen unbedarft gegen den „Drachen“ traute, ohne dabei hinsichtlich der Theorie beschlagen zu sein, wofür er mit dem frühzeitigen Abgeben der Initative belohnt wurde. Irgendwie lief hier an den Weißbrettern wieder etwas schief! 🙁

 

Wenigstens boten unsere Schwarzbretter Grund zur Freude, denn Alexander bot sich schon frühzeitig eine gute Gelegenheit gegen seinen etwas oberflächlich agierenden Gegner und unsere „Franzosen“ hatten nicht nur bequemen Ausgleich, Mehran schien in der Abtauschvariante einfach besser zu wissen, was zu tun ist.

 

Mit diesen Stellungen im Hinterkopf verließ ich den Turniersaal, begab mich in den Nebenraum und harrte der Dinge, wobei mir das Korrigieren diverser „Stufenhefte“ die Zeit vertreiben sollte. Und so ging ich relativ lange meiner Tätigkeit nach, bis auf einmal ein freudestrahlender Mehran vor mir stand. Dessen Gegner hatte es mit heterogenen Rochaden zwar krachen lassen wollen, doch als es dann tatsächlich zu taktischen Verwicklungen gekommen war, da verlor der Gegner den Überblick und den Punkt – 1:0-Führung.

 

Kurz danach betrat auch Paul den Raum und vermeldete einen Sieg. Er und sein Gegner hatten zwar etliche Züge gemacht, waren aber dabei wohl davon ausgegangen, dass die Schachuhr am Brettrand eher zur Zierde dient, sodass sie gemessen an der Zugzahl entschieden zu schnell gewesen waren. Doch da Paul das bessere Ende für sich hatte sichern können, wusste er wohl besser damit umzugehen – 2:0-Führung.

 

Das Trio vervollständigte Alexander, der zwar eine äußerst starke Fortsetzung ausgelassen hatte, sich in der Folge dennoch leichten Vorteil zu sichern vermochte, der aber leider nicht zum vollen, sondern nur zu einem halben Punkt reichte – 2,5:0,5-Führung.

 

Wenn man an drei Schwarzbrettern nahezu 100% holt und einem nur noch Weißpartien bleiben, dann pflegen die meisten Trainer zu frohlocken. Mir war das jedoch nicht vergönnt, denn dunkle Wolken zogen am Horizont auf. Daher war es nicht verwunderlich, dass in kurzer Abfolge Erik und Jakob die Waffen streckten, womit die Erlanger unvermittelt, aber hochverdient, den Ausgleich erzielten.

 

Glücklicherweise kämpfte noch unser „Stahlkinn“ Zarko, der in der Partie so manche Klippe zu umschiffen gewusst hatte und nun, gerade als der Gegner glauben musste, den Sieg zum Greifen nahe zu haben, war er doch in Zarkos Stellung eingedrungen, zum Mattangriff ansetzte, den er gekonnt zu Ende führte und damit der Mannschaft den Sieg bescherte – 3,5:2,5-Sieg!

 

Da sich zeitgleich Regensburg und Forchheim unentschieden trennten und München Südost gar überraschend gegen Nürnberg verlor, waren unsere Jungs plötzlich Tabellenzweiter und hatten es in der Hand, mit einem Sieg in der Schlussrunde gegen den Tabellenführer aus Forchheim, die Meisterschaft nach Augsburg zu holen. Einfach unglaublich!

 

 

7. Runde: Schachfreunde Augsburg – SC Forchheim

 

Die kurze Mittagspause bot entschieden zu wenig Zeit, um die Schützlinge auf die Gegner bzw. die neue Situation einzustellen, weshalb ausschließlich Erholung, Nahrungsaufnahme und das Motto „Auf sie mit mit Kalkül!“ auf der Agenda standen.

 

Dieses Motto schien Paul etwas falsch verstanden zu haben – Kalkül und Gebrüll klingen aber auch sehr ähnlich! -, denn kaum dass die Uhren angedrückt worden waren, da sprang er seinen Gegner mit Weiß dermaßen forsch an, dass dieser Haus und Hof verlor. In der Folge ging die Partie zwar noch etwas weiter, aber alles war bereits entschieden. Mit dem Matt setzte Paul einen schönen Schlusspunkt und brachte das Team in Führung – 1:0.

 

Im Anschluss daran blieben für eine längere Zeit Ergebnismeldungen aus, sodass man versucht war, einen Blick zu riskieren. Hätte ich es doch nur nicht getan, denn unsere verbliebenen Weißbretter, Alexander und Mehran, boten beste Gründe zur Sorge. An dieser Trainerpein wollten sich offensichtlich auch Jakob und Erik beteiligen, wobei sich Erik nur auf eine gedrückte Stellung beschränkte, während unser Jakob gleich einen Zentrumsbauern zu verschenken beliebte. Lediglich Zarko stand mit seinem Sizilianer fest und schickte sich sogar an, keckerweise die Initiative zu ergreifen.

 

Bevor sich jedoch an Zarkos Brett ein greifbarer Vorteil abzeichnen konnte, wurde Alexander für die fehlerhafte Umsetzung der weißen Pläne derart geschickt abgestraft, dass hier für die nächsten Wochen einiges an Arbeit zu verrichten ist. Wie dem auch sei, plötzlich stand es 1:1, wenngleich ein sanfter Schimmer von einer Möglichkeit, den Kampf drehen zu können, am Horizont zu flackern begann, hatte Mehran doch trotz Minusqualität die Partie gedreht und Erik hatte sich zu befreien vermocht. Hinzu kam, dass Jakob zwar immer noch einen Minusbauern hatte, sich aber in einem Schwerfigurenendspiel befand, das zu halten ich ihm durchaus zutraute.

 

Von hier an ging es relativ flott zum Höhepunkt des Dramas, was mit Zarkos beeindruckendem Sieg eingeleitet wurde. Auch ließ Eriks voller Punkt nicht lange auf sich warten, sodass es auf einmal 3:1 für uns Fuggerstädter stand. Nur noch ein Remis aus zwei Partien und die Mannschaft hätte sich über den größten Erfolg der Vereinsgeschichte freuen können.

 

Allerdings war das leichter gesagt, in meinem Fall gedacht, als getan. So erkannte Jakob nicht, aber wer will es ihm mit seinen dreizehn Jahren verdenken, dass er das mittlerweile entstandene Turmendspiel passiv hätte weiterspielen müssen, weshalb er nach Aktivität strebte und damit schnurstracks der Niederlage entgegensteuerte, die er bald besiegeln musste – 3:2.

 

Blieb damit nur noch Mehran. Der junge Mann hatte sich nicht nur herausgekämpft, er hatte sich auch die Qualität zurückgeholt und stand richtig gut. Leider hatte die Buße für vorangegangene Sünden eine Unmenge an Zeit verschlungen, die ihm mit fortschreitender Dauer immer mehr fehlte. Deshalb entschloss er sich, um jeden Preis zu tauschen, verschlechterte dadurch seine Stellung zusehends und landete nur mit größtem Geschick in ein remisliches Turmendspiel. Dieses hätte er bei entsprechender Bedenkzeit zweifelsohne gehalten, doch so brachte er sich in horrender Zeitnot um die Belohnung seines Kampfgeistes und er verlor – 3:3!

 

Fazit:

 

Sicher waren die Jungs, insbesondere Mehran, am Ende zunächst enttäuscht, aber sie trugen es mit Fassung. Als sie dann auch noch zu hören bekamen, dass sie stolz auf ihre insgesamt gezeigte Leistung sein dürften, zumindest ich als Trainer finde die komplette Mannschaft klasse, und sich diesem jungen Team, das noch mindestens vier Jahre in dieser Zusammensetzung wird spielen können, weitere Gelegenheiten bieten werden, da verbesserte sich die Laune merklich.

 

Es ist wirklich stark, was geleistet wurde. Bedenkt man, dass die Mannschaft in der vergangenen Spielzeit eine Liga darunter den fünften Platz belegt hatte, da wurde übrigens nur an vier Brettern gespielt, durch einen Stichkampf – 3:3 und bessere Wertung – in die Bayernliga gekommen war, als gehandelter Abstiegskandidat die Kämpfe bestritten hatte und dann erst mit den letzten Zügen die Hände vom Pott hatten nehmen müssen, dann verlangt es einem den größten Respekt ab. Glückwunsch zu dieser starken Saison!!

 

Apropos Glückwunsch, diesen möchte ich in herzlichster Form an das Team von Bavaria Regensburg entrichten, das insgesamt betrachtet vollkommen verdient Meister geworden ist. Viel Glück auf den Deutschen und sandelt ja nicht rum. 😉

 

Abschließend noch der übliche Verweis an den Ligamanager, wo neben den üblichen Daten auch alle Partien nachgespielet werden können. Viel Spaß. 🙂

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert