Endstation Regensburg
Als sich Jakob, Mehran, Robert und Zarko mit mir nach Regensburg aufmachten, da herrschte eitel Sonnenschein. Man freute sich sehr auf das Wochenende der Endrunde, war sich der eigenen Stärke bewusst und träumte von einer Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften.
Was am besagten Wochenende folgen sollte, das war dann auch wirklich traumhaft. Nur leider war es ein Alptraum für Spieler und Trainer, denn unsere U14-er belegten nach drei Niederlagen in diesem elitären Viererfeld den letzten Platz! Und selbst wenn man beschönigend anführen möchte, dass unser Vierer immerhin den 4. Platz in Bayern belegt hat, so ändert es nichts daran, dass unsere Jungs in Regensburg ein perfektes Debakel erlebt haben! 🙁
Dabei hatte im Vorfeld nichts darauf hingedeutet, dass es auch nur ansatzweise so schlecht laufen könnte. Bis auf Robert, der erst so langsam seine Form wiederzufinden schien, aber doch noch recht weit von dieser entfernt war, befanden sich die anderen drei in guter bis ausgezeichneter Form. Auch das Abschlusstraining war außerordentlich gut verlaufen, wobei man die Vorbereitung schnell zu verinnerlichen schien. Alles gut.
1. Runde: SC Erlangen – Schachfreunde Augsburg 2,5:1,5
Es kam uns gelegen, gleich zu Beginn auf die starken Mittlelfranken zu treffen, die in meinen Augen zu den ärgsten Mitkonkurrenten zählten. Mit einem Sieg hätte man nicht nur ein deutliches Zeichen setzen können, man hätte auch die Erlanger in Zugzwang gebracht. Soweit der Plan. Doch alle Pläne haben bekanntlich nur solange Gültigkeit, bis sie von der Realität eingeholt werden!
Mit dem Andrücken der Uhren setzte zwar noch nicht der Kampf mit offenem Visier ein, aber man konnte deutlich sehen, dass beide Teams eine Entscheidung herbeizuführen gewillt waren. Hierbei machte ich mir keine Sorgen um unsere Weißbretter Mehran und Zarko, sondern um unsere mit Schwarz angetretenen Spieler Jakob und Robert.
Gerade letzterer behandelte die Eröffnung ausgesprochen seltsam, beließ wieder einmal den König im Zentrum und wurde dafür alsbald mit einem Minusbauern und einer Verluststellung abgestraft. Dass Robert sich in ein verlorenes Doppelturmendspiel hatte „retten“ dürfen, das dann Dank der großzügigen Mithilfe des Gegners Remis ausging, das war pures Glück. Ein wahrlich glücklich herausgespielter halber Punkt – 0,5:0,5.
Offenbar wollte es Jakob seinem Freund gleichtun, denn obwohl er mit seinem Franzosen frühzeitig fest und stabil stand, verzichtete auch er auf eine Rochade und ließ sich zu überhasteten Aktionen im Zentrum hinreißen. Die Folgen waren dementsprechend, denn Jakob büßte zunächst eine Figur ein und dann musste er mitansehen, wie der Gegner die technisch gewonnene Stellung sauber zu einem vollen Punkt umwandelte – 0,5:1,5-Rückstand.
Trotzdem machte ich mir zu diesem Zeitpunkt keine Sorgen, denn Mehran hatte zwischenzeitlich den Sizilianer des Gegners zerpflückt und Zarko hatte sich einen gesunden Mehrbauern erspielt, den zu verwerten er sich nun anschickte.
Dann stellte Mehrans Gegner in schwieriger Stellung die Dame ein und nach einigen leicht dramatisch anmutenden Zügen streckte er die Waffen, womit der Gleichstand wiederhergestellt war – 1,5:1,5.
Unmittelbar danach kam auch schon Zarko aus dem Turniersaal. Doch anstatt strahlend seinen Sieg zu verkünden, meinte er sichtlich erschüttert nur, dass er etwas übersehen und die Partie sogar verloren habe. Damit war die Niederlage in Stein gemeiselt. Eine Niederlage mit schlimmen Folgen! 🙁
2. Runde: Spvgg Stetten – Schachfreunde Augsburg 3,5:0,5
Wenngleich ich mich während der Mittagspause redlich bemüht hatte, die Jungs die unnötige Niederlage vergessen zu machen und auf den neuen Kampf einzustimmen, so musste ich nach nur wenigen Zügen feststellen, dass ich kläglich gescheitert war!
Zwar begann Mehran nach leichten anfänglichen Schwierigkeiten gegen einen weiteren Sizilianer wieder zu zaubern, doch dafür musste ich feststellen, dass Zarko merklich angeschlagen war. Denn er traute sich nicht, seine übliche Eröffnung zu spielen, der er schon so viele schöne Siege zu verdanken hatte, und griff ausgerechnet gegen eines der stärksten Mädchen Deutschlands zum Italiener, ausgerechnet jener Eröffnung, mit der die junge Dame auf Mädchenmeisterschaften am häufigsten konfrontiert wird. Auch Jakob und Robert schienen völlig unbeeindruckt von meinen Ausführengen zu sein, denn sie spielten in dem Stile weiter, der ihnen in der Vorrunde ein glückliches Remis beschert hatte. So dauerte es auch nicht lange und Jakob durfte seine Niederlage quittieren – 0:1. 🙁
Dann geschah überraschenderweise längere Zeit nichts mehr, denn die anderen drei kämpften wacker weiter, wobei sich über Roberts Stellung merklich dunkle Wolken zusammenzogen. Allerdings gelang es ihm irgendwie in einem Turmendspiel zu landen, das zwar immer noch schlecht für ihn war, aber man konnte es wenigstens noch spielen. Das tat er denn auch, fand im richtigen Moment die Rettung und sicherte sich zum wiederholten Male ein Remis – ein erneuter 0,5:1,5-Rückstand! 🙁
Alles deutete aus eine weitere knappe Niederlage und damit ein Ausscheiden aus dem Wettbewerb. Denn während Mehran mittlerweile über zwei gesunde Mehrbauern verfügte, wurde Zarkos Stellung gekonnt zerlegt. Mit einem Bauernopfer hoffte Zarko sich zu befreien, vermochte aber damit seine Not nicht zu lindern.
Wenig später stand die Niederlage unseres Teams mit 0,5:3,5 fest. Was war geschehen? Nun, Zarkos Stellung fiel nach einigen geschickten Manövern seiner Gegnerin förmlich in sich zusammen und Mehran hatte ein Matt übersehen! 🙁
3. Runde: Schachfreunde – Augsburg – TV Tegernsee 1:3
In der Hoffnung eine Trendwende einzuleiten, machte ich den Jungs unmissverständlich klar, dass man nun, da man die Fahrkarte zur Deutschen nicht mehr lösen könne, die Möglichkeit nutzen sollte, befreit aufzuspielen. Doch leider fruchtete auch das nicht, zu sehr war man ob des bisherigen Abschneidens enttäuscht. Lediglich Robert nutzte die Gunst der Stunde, spielte voll auf Angriff und brachte seine Mannschaft mit einem schönen Sieg mit 1:0 in Front. Ach, würde er doch nur öfter so spielen.
Das sollte aber auch der einzige Lichtblick sein, denn nicht nur Jakob, sondern zu meiner Verwunderung auch Mehran waren komplett von der Rolle und gingen recht deutlich unter – 1:2! 🙁
In dieser Situation staunte ich nicht schlecht, als Zarko in einem stark remislichen Turmendspiel nicht nur mehrere Remisgebote seines Gegners abgelehnt hatte, sondern offensichtlich fieberhaft nach einem Sieg suchte, den es aber in dieser Stellung schlichtweg nicht gab. Trotzdem glaubte Zarko den richtigen Weg gefunden zu haben, opferte Bauern und verlor sang- und klanglos – 1:3! 🙁
Darauf von mir angesprochen, was denn seine Beweggründe für dieses Vorgehen gewesen seien, da meinte er, dass er den letzten Platz der Mannschaft, der selbst bei einem 2:2 unvermeidlich gewesen wäre, zu vermeiden versucht hatte. Meinen Einwand, das dies nichts mit einer Stellungsbeurteilung zu habe und in Anbetracht der Tabelle unnötig war, stimmte er zu und gelobte, solchen Irrtümern künftig nicht mehr zu folgen.
Kommentar des Trainers:
Natürlich ist das Resultat unseres U14-Teams äußerst bitter und dennoch kann ich dem etwas Positives abgewinnen, haben sich nach diesem Wochenende doch alle geläutert gezeigt und werden an der Verbesserung ihres Spiels verstärkt arbeiten, um sich solche Katastrophen künftig zu ersparen. Sollte das letztlich umgesetzt werden, dann könnte diese Mannschaft gestärkt aus diesem Debakel hervorgehen. Wir werden sehen.
Der Truppe aus Erlangen gratuliere ich herzlich zur Meisterschaft und wünsche ihr, ebenso wie der Mannschaft von der Spvgg Stetten viel Spaß und Erfolg auf den Deutschen!
Nachfolgend der mittlerweile traditionelle Link zur Turnierseite, wo man die nackten Zahlen sehen kann. Viel Spaß.
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